In letzter Zeit hatte sich Wolf Maahn ziemlich rar gemacht. Kaum etwas war vom „deutschen Springsteen“ zu vernehmen. Vor 20 Jahren hatte der 1955 in Berlin geborene Wahlkölner mit „Irgendwo in Deutschland“ eine kongeniale deutsche Antwort auf Springsteens Meisterwerk „Born in the U.S.A.“ vorgelegt. Auf diesem Meilenstein einheimischer Rockmusik, der zugleich auch sein kommerziell erfolgreichstes LP-Werk darstellt, karikierte Wolf Maahn in einem Dutzend kraftvoller Songs die damalige bundesdeutsche Wirklichkeit zwischen Großstadtblues, technokratischer Kälte, Jugendperspektivlosigkeit, Kleinbürgerträumen und Yuppiehedonismus. Eine gewisse lyrische Nähe zum lakonischen Wortwitz eines Ray Davies von den Kinks ließ sich nicht verleugnen; musikalisch hielt sich Maahn dicht beim „Boss“ auf. „Rosen im Asphalt“ oder „Fieber“ sind noch heute Klassiker. Daraufhin avancierte der einstige Kunststudent für ein paar Jahre zum Liebling der Feuilletonisten. Damit war es aber spätestens 1993/94 vorbei, als sich das Phänomen „Deutschrock“ überlebt hatte. Maahn irrlichterte ziellos durch eine sich immer schneller drehende Popszene; mit seinem letzten Studioalbum „Soul Maahn“ (1999) konnte er kaum mehr punkten. Folge: Der Vertrag mit EMI war perdu; bei Koch/Universal gab’s außer einer (lieblos zusammengestellten) Best-of-Kollektion nichts Neues von Wolf Maahn zu hören. Eine nicht unumstrittene Teilnahme am deutschen Vorentscheid zum Grand Prix Eurovision vor drei Jahren verlief im Sande; Maahns musikalische Unterstützung der SPD im letzten nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf war nur noch peinlich. Beinahe hatte man den im R’n’B verwurzelten Soul-Romantiker mit der sozialkritischen Ader vergessen. Doch nach Jahren der kreativen Dürre meldet sich Wolf Maahn nun wieder zurück. Dieser Tage erschien „Zauberstraßen“ (Motor Music/Universal): ein Album, das – wenn auch erst nach mehrmaligem Hören – tatsächlich nahezu die gleiche Intensität aufweist wie der erwähnte Meilenstein aus dem Herbst 1984. Die elf neuen Lieder klingen jedoch deutlich weniger aggressiv und agitativ – ohne auch nur einen Funken ihrer tiefgründigen Eindringlichkeit einzubüßen. Der Eile, Rast- und Atemlosigkeit des heutigen gesellschaftlichen Lebens setzt Maahn „Grüße vom Mond“ entgegen. Zu relaxten, jazzigen Gitarrenklängen und leichten Hip-Hop-Beats verabschiedet sich Maahn von all den „Superstars“, „Wonderbras“, dem „Klingeltöne-Download-Streß“ und betont nicht ohne Stolz, beim „Zielgruppentest“ durchs Netz gefallen zu sein. Für den „Funexpreß“ der Jetztzeit hat Maahn nur noch Hohn und Spott übrig. Die „Kathedralen von Zahlen“ (so ein weiterer Titel) hat er längst hinter sich gelassen, ihn kümmert es nicht, „wenn die Börsenglocke schlägt“ und die „Priester vom schnellen Geld“ sich feiern. Zusammen mit Volker Vaessen , Oliver Jäger und Christoph Kähler, dem ehemaligen Schlagzeuger der Fantastischen Vier, der die traditionellen Rock/Pop-Kompositionen in unaufdringlicher Manier mit modernen Rhythmen unterlegt, glückt Maahn auf „Zauberstraßen“ eine Synthese aus hymnischen Melodien, intelligenten Texten und zeitlosen Arrangements. Mal funky, mal mit leichten Reggae-Einsprengseln verziert; dazu ein Schuß Britpop und interessante, nicht übertriebene Gitarrensoli. „Zauberstraßen“ ist ein ausgeglichener musikalischer Schatz voller Seele und Glücksgefühle. Tourneedaten von W. Maahn im März: Bielefeld (13.03.), Berlin (16.), Leipzig (17.), Nürnberg (18.), Gotha (19.), Bensheim (20.), Aschaffenburg (23.), Koblenz (24.), Köln (25.), Castorp-Rauxel (26.), Hannover (30.), Bremen (31.) Im April geht die Tournee weiter.