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Ein Stiller

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Ferdinand Hardekopf hinterließ nur ein halbes Hundert Gedichte, ein paar wenige Prosastücke und Essays, aber mehr als 30 Bücher, meisterlich aus dem Französischen übersetzte Klassiker wie Anatole France, Balzac, Zola, Maupassant, Prevost oder Merimée und moderne Autoren wie Cocteau, Gide, Giono oder Malraux. „Er war einer der größten Übersetzer der deutschen Literatur, ein Anverwandter, Einverwandler, der die feinsten wie herbsten Köstlichkeiten dem fremden Idiom abschmeckte und die deutsche Sprache um Nuancen, präzis, bereicherte“, schrieb Heinz Schöffler in der Faksimile-Ausgabe des „Jüngsten Tages“. Mit Preisen und Auszeichnungen für seine glanzvollen Übersetzungen geehrt, war Hardekopf, was sein eigenes Publizieren anging, eher bedächtig und abwartend. Von seinem ganzen Naturell her war er ein zurückhaltender Mensch, der die Öffentlichkeit scheute und das hektische Treiben um ihn herum von der Warte des Beobachters genoß. Das Urteil seiner Freunde und Kollegen, wichtiger als Veröffentlichung sei ihm „Verheimlichung“, beschreibt diese Mentalität recht gut. Am 15. Dezember 1876 im niedersächsischen Varel geboren, besuchte er in Oldenburg das Gymnasium. Nach dem Abitur folgte eine kaufmännische Ausbildung, an die sich kurz darauf ein Umzug nach Berlin anschloß. Hardekopf bekam eine Anstellung als Stenograf im Reichstag und hörte nebenbei Vorlesungen an der Universität. Doch viel mehr faszinierte ihn die Berliner Boheme. Schon bald geriet er in den linksintellektuellen Kreis um Kurt Hiller und den „Neuen Club“, schrieb Gedichte und Theaterkritiken für die Schaubühne und für die 1911 von Franz Pfemfert als „Organ des ehrlichen Radikalismus“ gegründete Aktion. 1916 ging er in die neutrale Schweiz. Wie Pfemfert war auch Hardekopf ausgesprochen frankophil, pazifistisch und antinationalistisch. Nach Deutschland kehrte er erst 1921 zurück, um gemeinsam mit Rosa Valetti in Berlin das Cabaret „Größenwahn“ zu gründen. Doch dies war nicht war mehr sein Berlin, das er vor dem Krieg so geliebt und in dem er sich so wohlgefühlt hatte. Noch im gleichen Jahr veröffentlichte er in der Reihe „Der jüngste Tag“ des Kurt Wollf Verlages den Band „Privatgedichte“, den Kurt Tucholsky in der Weltbühne mit allerhöchstem Lob versah. Schon ein Jahr später verließ Hardekopf jedoch endgültig Berlin und ließ sich mit seiner Frau, der Schauspielerin Sita Staub, zunächst wieder im Tessin nieder. Später siedelte das Paar nach Paris um. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde der Dichter ausgebürgert. Auf Befehl der Gestapo wurde das Ehepaar nach der Besetzung Frankreichs festgenommen und in ein Internierungslager gebracht. Erst nachdem André Gide bei den deutschen Behörden zu seinen Gunsten intervenierte, durften Hardekopf und seine Frau das Lager verlassen und sich in einem südfranzösischen Dorf niederlassen, in dem sie bis zum Ende des Krieges unbehelligt lebten. Später ermöglichten ihm Malraux, Gide und ein paar Schweizer Freunde schließlich die Rückkehr in die Schweiz. Von schweren Depressionen geplagt, ohne finanzielle Mittel, begann Hardekopf wieder mit dem Übersetzen französischer Literatur. Bis weit in die fünfziger Jahre hinein arbeitete er unermüdlich und wurde von der Kritik als genialer Übersetzer gefeiert. Dennoch ist in den knapp 50 Gedichten und wenigen Büchern, die der eigenwillige, verschlossene und bescheidene Dichter zu seinen Lebzeiten veröffentlicht hat, eine ungemeine schöpferische Kraft spürbar. Am 24. März 1954 starb Ferdinand Hardekopf im Alter von 77 Jahren in Zürich. In der Stunde seines Todes soll er zu seinem Freund Carl Seelig gesagt haben: „Erlauben Sie, daß ich still bin.“

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