Während Europa im Jahr 1805 durch die Kriegszüge Napoleon I. erschüttert wird, liegt die Fregatte HMS „Surprise“ vor der brasilianischen Küste, 28 Kanonen und 197 Seelen an Bord. Ihr Kampfauftrag lautet: Abfangen der französischen Fregatte „Acheron“, bevor diese englische Walfänger angreifen kann. Doch ehe die Fregatte ihre Aufgabe durchführen kann, taucht die „Acheron“ im Morgennebel wie ein Phantom auf und eröffnet das Feuer. Nur durch nautisches Geschick gelingt es den Engländern, dem technisch überlegenen französischen Schiff zu entkommen. Eine Hetzjagd vor der Küste Brasiliens beginnt. Regisseur Peter Weir steht für außergewöhnliche Qualität der Bilder. In Klassikern wie „Picknick am Valentinstag“ (1975), „Die letzte Flut“ (1979), „Fearless“ (1993) und „Die Truman Show“ (1998) hat der Australier sein Können beweisen können. Nun wagte er sich an einen Historienfilm. „Master and Commander“ beruht auf einer alten Abenteuergeschichte. 1969 veröffentlichte Patrick O’Brian die Geschichte „Master and Commander“ als ersten Band seiner Reihe von Seefahrergeschichten um den Kapitän Jack Aubrey und den Schiffsarzt Stephen Maturin. Insgesamt 20 Bände erschienen in den folgenden 30 Jahren. O’Brian, der unter anderem als Übersetzer Jean-Paul Sartres in Erscheinung trat, arbeitete im Zweiten Weltkrieg für den britischen Geheimdienst. Seine dort gesammelten Erfahrungen ließ er in seine Seemannsgeschichten, die in den Jahren 1800 bis 1815 spielen, einfließen. Im Jahr 2000 starb der Autor im Alter von 84 Jahren. Regisseur Peter Weir, ein Fan der Geschichten O’Brians, entschied sich für eine Verfilmung des zehnten Bandes (dt: „Manöver um Feuerland“) der Buchreihe, um das fast in Vergessenheit geratene Genre des Seefahrerfilms wieder in Erinnerung zu rufen. Die Geschichte ist zentriert um zwei Hauptfiguren, den charismatischen Kapitän Aubrey, selbst- und verantwortungsbewußt führend, gespielt von Oscar-Preisträger Russell Crowe, und Schiffsarzt Maturin (Paul Bettany), einen fein- und eigensinngen, dennoch mutigen Naturforscher. Aubrey und Maturin verkörpern charakterliche Gegensätze, in stetem Spannungsverhältnis lebend und dennoch freundschaftlich verbunden, wenn sie in zahlreichen Nächten gemeinsam musizieren. Die Geschichte dieses Films krankt etwas an ihrer Herkunft aus dem Abenteuer-Bereich. Dies verleiht der Handlung einen plakativen, bisweilen vorhersehbaren Spannungsbogen. Interessant ist „Master and Commander“ hingegen als geschichtswissenschaftliches Erlebnis. Der Kinogang gleicht einer Zeitreise, denn bis ins Detail wurde das Seefahrerleben vor 200 Jahren nachgestellt. Die Produktionsfirma erstand einen Klipper, eine dreimastige Holz-Fregatte, eine im 20. Jahrhundert nachgebaute Kopie eines Schiffs der Royal Navy aus dem 18. Jahrhundert. Man besorgte sich detaillierte Konstruktionspläne, so daß schließlich jeder Zentimeter des Schiffs bis hin zur Positionierung der Vertäuung auf ausgiebigen Nachforschungen beruht. So wird der Zuschauer optisch in eine fremde Welt entführt: alte Kanonen im Zwischendeck, die teils künstlich gealterte Kleidung der Matrosen und Offiziere (die Stoffe unter anderem vom ehrwürdigen britischen Textilhersteller Abimelech Hainsworth angeliefert), die Einrichtung des Speisezimmers, die nautischen Geräte, die ärztliche Versorgung, die Abhängigkeit von den Wetterumständen. Obwohl „Master and Commander“ fast ausschließlich auf hoher See spielt, beeindruckt besonders ein Landgang auf den urzeitlich wirkenden Galapagos-Inseln. Weir wird die zweifelhafte Ehre zuteil, als erster Spielfilmregisseur auf dem zu Ecuador gehörenden Archipel gedreht zu haben, das für seine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt bekannt ist und zu 90 Prozent unter Naturschutz steht. All dies schafft ein atmosphärisch so ungemein dichtes Bild, daß der Kinogang zu einer Augenfreude für jeden historisch Interessierten werden dürfte.