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Bernd Zimniok, Demografie, Massenmigration

Pankraz, G. Hasenhüttl und die umgekehrten Butterbrote

Pankraz, G. Hasenhüttl und die umgekehrten Butterbrote

Pankraz, G. Hasenhüttl und die umgekehrten Butterbrote

 

Pankraz, G. Hasenhüttl und die umgekehrten Butterbrote

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Unter Deutschlands Katholiken schwärt die Affäre Hasenhüttl wie eine offene Wunde vor sich hin. Der Priester und Theologie-Professor Gotthold Hasenhüttl hatte auf dem ökumenischen Kirchentag in Berlin während einer Eucharistiefeier nach römisch-katholischem Ritus auch protestantischen Teilnehmern das Abendmahl gespendet und war daraufhin von seinem Bischof auf päpstliches Geheiß vom Dienst suspendiert und seiner kirchlichen Lehrbefugnis für verlustig erklärt worden. Das schuf böses Blut. Die Diskussionen darüber wollen nicht verstummen.

Die Fronten sind klar, aber sie verlaufen mitten durch die Seele jedes einzelnen Katholiken. Da ist auf der einen Seite der offizielle Standpunkt der Kirche, vom Papst kürzlich durch eine Enzyklika eigens noch einmal bekräftigt, wonach am Abendmahl, da Gottes Sohn Jesus Christus leibhaftig anwesend sei und sich den Gläubigen leibhaftig mitteile, nur Mitglieder der Kirche teilhaben dürfen, die diesem Mysterium der Transsubstantiation ohne jeden Abstrich vertrauen und sich nicht mit "bloßer Symbolik" begnügen. Kein Katholik wird dieses Gebot auf die leichte Schulter nehmen, liegt hier doch in seiner Sicht der Kern der Lehre, der Macht Gottes und seiner geweihten Priesterschaft.

Aber da ist auf der anderen Seite der lawinenhaft anschwellende Drang der europäischen Christenheit, nach so vielen Jahrhunderten der reformatorischen Spaltung endlich wieder zusammenzukommen, um gemeinsam die Herausforderungen der Moderne bestehen zu können und das Überleben der Ökumene zu sichern.

"Haben wir denn", so wird gefragt, "angesichts von totaler Glaubenslosigkeit westlicher Massen einerseits, islamischer bzw. buddhistischer Macht- oder Glanzentfaltung andererseits, wirklich nichts Besseres zu tun, als die alten Streite aus Luthers und Zwinglis Tagen neu zu befeuern? Könnte nicht gerade das gemeinsame Abendmahl zum Fix- und Angelpunkt neu erwachter christlicher Gläubigkeit und Solidarität werden, statt daß sich die Theologen wieder einmal auf gelehrte Haarspaltereien einlassen?"

Pankraz wagt die Prognose, daß sich der Zug zur Gemeinsamkeit à la longue durchsetzen wird, allen durchaus guten und bedenkenswerten Argumenten der Eucharistie-Puristen zum Trotz. Es ist die pure Notwendigkeit. Allzu groß ist die Not der Gemeinden: die leeren Kirchen, der Mitgliederschwund, das Aufkommen von Sekten und diffuser "Nur-Gläubigkeit" allenthalben. Nicht nur Lutheraner und Reformierte von einiger Tradition, auch die Katholiken stenen in einem Abwehrkampf, der vielerorts bereits zu einem veritablen Rückzugsgefecht geworden ist, mit dauernden "Frontverkürzungen", wie zum Beispiel in Südamerika, wo die katholische Kirche immer öfter lokalen animistischen Ritualen und sogar Kulten Zugeständnisse macht.

Was ist denn christgemäßer: ein Abendmahl, bei dem die eine Hälfte der Teilnehmer, die Protestanten, die Transsubstantiation "mehr symbolisch" sieht, oder ein Abendmahl, bei dem viele Teilnehmer die Transsubstantation als eine Art halbkannibalisches Einverleiben des Gottes empfinden, den es zu essen gilt, um seiner Kräfte habhaft zu werden? Die symbolische Haltung ist jedenfalls die spirituellere. Sie erweist just dem die Ehre, was auch katholischen Glaubenswächtern teuer und wichtig ist: Daß das Mysterium mit Theologie umflankt sein muß, mit Glaubenssätzen, die nicht nur aus persönlichem Heil und Wohlergehen abgeleitet werden, sondern auch aus intellektuellen Einsichten.

Wägt man die Einsprachen der Hasenhüttl-Gegner, so merkt man schnell, daß sie gar nicht in erster Linie der (angeblichen) Entweihung des Mysteriums gelten als vielmehr der theologischen und liturgischen Verlotterung, die sie bei Zulassung von Krethi und Plethi zum Abendmahl fürchten. Sie wollen nicht, daß nun auch noch das Abendmahl in jene "moderne" Formlosigkeit und Beliebigkeit hineingezogen wird, wie sie nicht zuletzt auf Kirchentagen herrschen, ob nun ökumenisch oder nicht.

Gelebter Glaube, so sagen sie, erfordert Anstrengung, nämlich Unterwerfung unter Rituale und Glaubenssätze, sowohl geistig wie habituell. Es ist für die Seelen der Menschen und für ihr Handeln nicht damit getan, daß sie irgendetwas glauben und ansonsten ihrer Wege gehen, sondern sie müssen ihren Glauben bezeugen. Nur so werden sie über das, was sie glauben, wirklich informiert, nämlich in Form gesetzt.

Kein guter Protestant, der dem nicht zustimmen könnte und der nicht auch einzuräumen bereit wäre, daß die protestantischen Gemeinden (und ganze protestantische Landeskirchen) unterm Strich verlotterter, heruntergekommener sind als die katholischen. Die "Dialektik der Aufklärung" hat bei den Protestanten intensiver gewütet als bei den Katholiken, d.h. während sich die protestantisch inspirierte Theologie zu den luftigsten Höhen historisch-kritischer Forschung und "Entmythologisierung" aufschwang, griffen in den Gemeinden geistige Wurstigkeit und freiwillige Verblödung um sich, und sie fransten immer mehr in Richtung Beliebigkeit aus.

Heute nun bleibt Katholiken und Protestanten gar nichts anderes mehr übrig, als im Getümmel von Ungläubigen und Allzugläubigen zusammenzustehen und dabei gewisse historisch bedingte Differenzen tapfer zu ignorieren. Sie gleichen jenem Trapperpaar bei Karl May, genannt "die umgekehrten Butterbrote", das bei schweren Tomahawk- und Bowiemesser-Kämpfen erfolgreich operierte, indem es seine Kehrseiten eng aneinanderpreßte und sich, solcherart gegen Angriffe von hinten geschützt, optimal der andrängenden Komantschen erwehren konnte.

Später, nach beendetem Orlog, kann man sich wieder die Butterseiten zuwenden und in aller Ruhe über die schwierigsten Fragen der Theologie und Liturgie verhandeln. Vorerst gilt die Kampfposition.

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