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Gewaltiges Kunstwerk

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Da nun die Stunde des Herrn gekommen war, rang er mit dem Tode, und ein kalter Schweiß drang aus seinen Gliedern. Johannes stand an dem Kreuz und trocknete Jesu Füße mit seinem Schweißtuch. Magdalena lehnte, ganz von Schmerz zermalmt, an der Rückseite des Kreuzes. Die heilige Jungfrau stand zwischen Jesu und des guten Schächers Kreuz, von den Armen der Maria Kleophä und der Salome unterstützt, und sah zu ihrem sterbenden Sohn hinauf. Da sprach Jesus: ‚Es ist vollbracht‘ und richtete das Haupt empor und rief mit lauter Stimme: ‚Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist!‘ Es war ein süßer, lauter Schrei, der Himmel und Erde durchdrang; dann senkte er sein Haupt und gab seinen Geist auf. Johannes und die heiligen Frauen sanken zur Erde auf ihr Antlitz nieder.“ Clemens von Brentano, der Dichter der Romantik, schrieb diese Zeilen „nach den Betrachtungen der gottseligen Anna Katharina Emmerich“, Augustinerin des Klosters Agnetenberg zu Dülmen. Neben den Evangelien waren die Visionen dieser begnadeten Nonne eine Hauptquelle für Mel Gibsons heftig umstrittenen Film „The Passion“ über die Leidensgeschichte Christi. Sehr früh, der Film war noch gar nicht fertiggestellt, ertönten die ersten Antisemitismus-Vorwürfe der jüdischen Anti-Defamation-League, die offenbar auf dubiose Weise in den Besitz einer Kopie des Drehbuchs gelangt war. Eine „Expertenkommission“ katholischer und jüdischer Theologen prüfte daraufhin das Skript. In der New Republic bestätigte die Theologin Paula Frederiksen dann die Vorwürfe, ihre Argumente waren jedoch derart dürftig, daß die US-Bischofskonferenz sich prompt bei Gibsons Anwälten für ihre vorschnelle Kritik entschuldigte. Im Zentrum des Streits geht es um den Vorwurf, „The Passion“ laste den Juden den Tod Christi an, während die Römer exkulpiert würden. In den biblischen Texten liest man dazu über die starken Bedenken des Pontius Pilatus, der noch dazu von seiner Frau Claudia bedrängt wurde, Jesu Kreuzigung nicht zuzulassen. Pilatus‘ Opportunismus überwog schließlich, und er überließ Jesus den Hohepriestern und dem aufgewiegelten Volk. Ted Haggard, der Vorsitzende der einflußreichen konservativ-protestantischen National Association of Evangelicals, bestätigte bereits, daß Gibsons „wunderbare Darstellung der letzten zwölf Stunden im Leben Jesu Christi“ mit den Überlieferungen der Apostel völlig übereinstimme. Er halte sich an die Fakten und habe ein „unglaubliches Kunstwerk“ geschaffen. Die liberale New York Times schoß hingegen aus allen Rohren auf das Engagement des Schauspielers und Regisseurs in einer traditionalistisch-katholischen Gemeinde in Los Angeles, die die Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils ablehnt und die Messe im alten lateinischen Ritus zelebriert. Tatsächlich steht hinter alldem auch die notorische Feindschaft zwischen den Liberalen auf der einen und den Christlich-Konservativen auf der anderen Seite. Gibson selbst bestreitet, daß sein Film antisemitisch sei. „The Passion“ halte sich an die Botschaft des Neuen Testaments und handle von „Glauben, Hoffnung Liebe und Vergebung“. William Peter Blatty, Autor von „Der Exorzist“, nennt den Film gar eine „gewaltige Darstellung des Bösen“, und für Jack Valenti, den Chef der Motion Picture Association of America, ist er ein „eindringliches Kunstwerk“. Dennoch hat Gibson jetzt offenbar in einigen Punkten nachgegeben. So soll unter anderem auf die Aussage „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“ aus dem Matthäus-Evangelium 27,25 verzichtet werden. An der Darstellung der Darbringung des Opfers Christi am Kreuz, dem zweitausend Jahre alten Kern des Kanons christlichen Glaubens, ändert dies jedoch nichts. Fotos: James Carviezel als Jesus in „The Passion“: Dem Film wurde Antisemitismus vorgeworfen, weil er Christi Tod den Juden anlaste

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