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Das angeschlossene Heer

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Der Titel des Buches von Marcel Stein läßt Spezialliteratur vermuten. Aber das Buch bringt viel mehr – zumal sich dem Leser manche Parallelen aufdrängen, die 1990 bei der Übernahme von NVA-Offizieren in die Bundeswehr entstanden. Der erste Teil – allein 140 Seiten – vergleicht Herkommen, Ausbildung sowie Verwendung und Beförderung der österreichischen und reichsdeutschen Offiziere zwischen 1918 und 1938. Hier tragen die enzyklopädischen, wohl derzeit unübertrefflichen militärgeschichtlichen Kenntnisse des Verfassers reiche Frucht. Bemerkenswert ist der Nachweis, daß das österreichische Heer hochgradig (partei)-politisiert war, zum Schaden von Kameradschaft und innerem Zusammenhalt. Erst der zweite Teil der Studie befaßt sich mit den einzelnen Offizieren. Bei einigen der höchsten österreichischen Generale wurde vermutet, daß sie als „Legitimisten“ grundsätzlich gegen den Anschluß waren oder aber einen Anschluß unter dem Hakenkreuz ablehnten. Sie wurden 1938 nicht übernommen und mehreren wurde übel mitgespielt – bis hin zu Pensionskürzungen und Einweisung ins Konzentrationslager. Die Anwendung des Arierparagraphen brachte weiteren 238 Offizieren die Zwangspensionierung ein. Einige Offiziere verweigerten den Eid auf Hitler. Die weitaus meisten wurden jedoch übernommen. Im weiteren Verlauf unterschied das Personalamt nicht mehr zwischen ursprünglich deutschen oder österreichischen Offizieren. Ein dritter Abschnitt des Buches bringt zum Teil ausführliche Biographien der 25 wichtigsten österreichischen Offiziere (dabei die Generalobersten Löhr, Rendulic und Raus v. Glaise-Horstenau) – für die anderen Generale mindestens kurze biographische Notizen. Der Verfasser – ein aus Deutschland vertriebener heutiger Israeli – fühlt sich an die Vorgaben der politischen Korrektheit nicht gebunden. Den deutschen Generalstab und die Wehrmacht beurteilt er als „allen anderen Armeen weltweit überlegen“, der Anschluß 1938 entsprach dem Willen der Österreicher – der Verfasser hält eine Mehrheit von 99 Prozent nicht für unmöglich – die Luftangriffe auf Warschau und Belgrad waren keine Kriegsverbrechen – die Urteile gegen die deutschen sowie die japanischen Generale nach Kriegsende sind ihm „ein klassisches Beispiel einer Siegerjustiz“ und Beförderungen sowie Verwendungen der Offiziere geschahen bis 1945 fast gänzlich ohne Einfluß der Nazi-Partei. Die Veröffentlichungen von Walter Manoschek – einem herausragenden Mitarbeiter der „Wehrmachts-ausstellung“ – bezeichnet der Verfasser als „wertlos“. Bemerkenswert ist auch sein Urteil, nicht die Konzentrationslager, wohl aber die Vernichtungslager seien (erfolgreich) geheimgehalten worden. 1051 Fußnoten brauchen den Leser nicht zu schrecken. Im Gegenteil. Sie belegen das bewundernswerte Wissen sowie das unbestechliche Urteil des Verfassers und zeigen, daß seine Studie auf sorgfältiger Auswertung zahlreicher Nachlässe und Archive beruht. Rühmend ist zudem hervorzuheben, daß die Studie noch in der Sprache Goethes und Stifters, ohne modische Modernismen geschrieben ist. Sie dürfte das abschließende Werk zum Thema sein. Marcel Stein: Österreichs Generale im Deutschen Heer 1938-1945. Schwarz/ Gelb – Rot/Weiß/ Rot – Hakenkreuz. Biblio-Verlag, Bissendorf 2002, XI und 380 Seiten, gebunden, 32 Abbildungen, 38 Euro

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