Die Grünen haben in dieser Woche ihrem Ruf als Verbotspartei mal wieder alle Ehre gemacht. Bundesernährungsminister Cem Özdemir will es zukünftig untersagen, Werbung für sogenanntes Junkfood zu machen. Mit „Abfallessen“ sind natürlich nicht die insektenreichen Lebensmittel gemeint, die uns die EU gerade als die Ernährung der Zukunft schmackhaft machen will, sondern vor allem Süßigkeiten, Fast-Food und alles mit „zu hohem Salzgehalt“.
Insbesondere Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren sollen mit einem neuen Gesetz vor negativer Beeinflussung geschützt und zwischen sechs und 23 Uhr nicht mehr in Fernsehen, Radio und Internet als Kunden umworben werden dürfen. Merkwürdigerweise sehr zur Freude vieler Journalisten und Medienmacher, die offenbar zu glauben scheinen, daß das Geld, das ihnen ihre Arbeitgeber jeden Monat auf ihr Konto überweisen, irgendwo auf den Bäumen oder im Fernsehgarten wachsen würde.
Daß die politische Ernährungserziehung vor allem in linksgrünen Kreisen auf so hohe Zustimmung stößt, ist auch deshalb verwunderlich, weil dort eigentlich gerne von Begriffen wie „Fat Shaming“ die Rede ist, wenn es darum geht, darauf hinzuweisen, daß Übergewicht nicht gerade besonders förderlich für die Gesundheit ist. Ein Widerspruch, der auch vielen Nutzern auf Twitter aufgefallen ist, die seit Tagen mit bildhaften Beiträgen darauf hinweisen, was von der linksliberalen „Body Positivity“-Fraktion sonst immer wieder als erstrebenswert und „healthy“ propagiert wird.
Liebs. Aber warum reiten die Grünen auf dicken Kindern rum? pic.twitter.com/qY0GsbhWNQ
— Liberal Mut (@LiberalMut) March 1, 2023
Schuß in den Ofen
Auch Gas- und Ölheizungen wollen die Grünen so schnell wie möglich den Gar ausmachen. So hatte Robert Habeck dieser Tage angekündigt, daß diese in einem ersten Schritt bereits im kommenden Jahr verboten werden sollen. Nach massiver Kritik an seinem Schnellschuß in den Ofen hat der Wirtschaftsminister immerhin klargestellt, daß seine Verordnung für klimafreundliches Heizen erst einmal nur für neue Anlagen gelten soll.
Alte Heizungen, die noch funktionieren oder repariert werden können, dürfen „drinbleiben“, verkündete der Regierungspolitiker in all seiner Gnade. Die Bürger würden mit der von der Politik gewünschten Umstellung nicht allein gelassen, versicherte der Minister. Ein Versprechen, das bei allen freiheitsliebenden Deutschen wohl mehr Angst als Beruhigung auslösen dürfte.
Koalitionszoff um Umweltstudie
Wenn es darum geht, ihre Verbotsorgien zu rechtfertigen, scheinen die Grünen weniger zimperlich zu sein. Diese Vermutung legte zuletzt zumindest die Debatte um eine insgesamt 435.000 Euro teure Studie nahe, die sich die Partei möglicherweise unter anderem auch schreiben lassen hat, um ihren schon seit langem gehegten Wunsch nach einem Tempolimit ein bisschen mehr Schubkraft zu verleihen.
Sehr zum Ärger ihrer Ampel-Koalitionspartner von der FDP. Die Liberalen gaben daraufhin ein eigenes Gutachten in Auftrag. Dieses zeige, wie der verkehrspolitische Sprecher der FDP Bernd Reuther sagte, daß die Studie aus dem Umweltbundesamt (UBA) „unwissenschaftlich und irreführend ist“. Befürworter des Tempolimits warfen den von den Freien Demokraten beauftragten Wissenschaftlern daraufhin indirekt eine geistige Nähe zu vermeintlichen Klimaleugnern vor.
Journalisten wie der ehemalige taz-Redakteur Malte Kreutzfeldt kritisierten, daß die beiden Wissenschaftler, „die für die FDP die Tempolimit-Berechnungen des Umweltbundesamt widerlegen sollten“, in den vergangenen Jahren den „menschengemachten Klimawandel relativiert und das 2-Grad-Ziel als naturwissenschaftlich unbegründet bezeichnet“ hätten.
Ah ja: Die beiden Wissenschaftler, die für die @fdpbt die Tempolimit-Berechnungen des @Umweltbundesamt widerlegen sollten, haben noch 2016 den menschengemachten Klimawandel relativiert und das 2-Grad-Ziel als naturwissenschaftlich unbegründet bezeichnet. https://t.co/9yymDoueNF
— Malte Kreutzfeldt (@MKreutzfeldt) February 27, 2023
„Rechtspopulistischen Blog“
Auch daß mit dem Ökonom Alexander Eisenkopf ein Autor an der „FDP-Kurzstudie“ beteiligt war, der in der Vergangenheit Gastbeiträge für den „rechtspopulistischen Blog“ Die Achse des Guten (Achgut) geschrieben hat, stößt einigen grünennahen Journalisten sauer auf. Nun bin ich – als jemand der selbst schon viele Beiträge für die besagte „rechtspopulistische“ Seite geschrieben hat – naturgemäß ein wenig befangen. Wenn auch vermutlich nicht befangener als Wissenschaftler, die im Auftrag von Behörden und Parteien Untersuchungen durchführen, bei denen sie schon vor dem ersten Studienschritt ganz genau wissen, welches Ergebnis sich ihre Geldgeber am Ende wünschen.
Hier dürfte im übrigen auch der Hase im Pfeffer begraben liegen, wie man so schön sagt. Bevor Politiker und Journalisten weiter über die Relevanz einzelner wissenschaftlichen Studien streiten, sollten sie zunächst einmal eine übergeordnete und allgemeine Debatte darüber anstreben, wie unabhängig Wissenschaft heute überhaupt noch ist oder sein kann. Fragt sich nur, ob sie das wollen.