Die katholischen Bischöfe Deutschlands zeigen sich ziemlich unbeeindruckt von den letzten Vorgängen in Frankreich hinsichtlich der Öffnung des Eherechtes für homosexuelle Paare. Der französische Präsident François Hollande (Sozialistische Partei) hatte dieses Vorhaben schon während des Wahlkampfes für die Präsidentschaftswahlen im Mai 2012 angekündigt, doch als er sich daran machte, aus den Worten Taten folgen zu lassen, formierte sich ein gewaltiger Widerstand im Volk. Hunderttausende gingen Mitte November 2012 auf die Straßen, um die Familie zu schützen. Die nächste Demonstration gegen die Ehe für Homosexuelle ist für den 13. Januar geplant. Man erwartet etwa 300.000 Teilnehmer, wodurch sie historische Ausmaße erreichen würde.
Nach einigem Zögern begannen auch die katholischen Bischöfe in Frankreich diese Proteste zu unterstützen. Sie wollten wohl nicht passiv am Rande stehen, wenn sich ihr eigenes Kirchenvolk derart energisch für Ehe und Familie und somit für die Interessen der Kirche einsetzt.
Der katholische Widerstand gegen die „Homo-Ehe“ beschränkt sich selbstverständlich nicht auf Frankreich. Am 2. Januar hat der katholische Erzbischof von London in einem Hirtenbrief zum Protest gegen die geplante Ehe für Homosexuelle in Großbritannien aufgerufen. In den Vereinigten Staaten mischen sich katholische Bischöfe, aber auch Würdenträger anderer Konfessionen, seit langem in der politischen Debatte um „Homo-Rechte“ ein.
Der Begriff der Ehe würde zwei völlig verschiedene Bedeutungen erhalten
In Deutschland dagegen vernimmt man von den Bischöfen praktisch nichts. Eigentlich erstaunlich. Hierzulande wird nämlich die Öffnung des Ehegesetzes für Homosexuelle von der SPD, von den Grünen und von den „Linken“ gefordert. Die Ehe für Homosexuelle soll die sogenannte Lebenspartnerschaft ersetzen und homosexuelle Paare völlig der wahren, der traditionellen und normalen Ehe gleichstellen. Sollte es nach der Bundestagswahl in diesem Jahr zu einem Machwechsel kommen, könnte rasch ein entsprechendes Gesetzesprojekt im Bundestag eingebracht werden.
Die deutschen Bischöfe sollten aber nicht bis dahin warten, um die christliche Basis dagegen zu mobilisieren, denn das Thema ist zu ernst. Es geht nämlich nicht nur um den Schutz der christlichen Auffassung von Familie, sondern um viel mehr.
Falls die Öffnung der Ehe für Homosexuelle durchgesetzt wird, würde das dazu führen, daß der Begriff Ehe zwei völlig unterschiedliche Dinge meint, je nachdem, ob man die zivile oder die kirchliche Bedeutung des Wortes nimmt. Es würde ein Druck auf die Kirchen entstehen, sich der zivilen Bedeutung anzupassen. Aufgrund der engen Verflechtung zwischen Staat und Kirche in Deutschland würde dies zu immer heftigeren Auseinandersetzungen führen.
Beck argumentiert wie Bismarck zur Zeit des Kulturkampfes
Die Öffnung der Ehe für Homosexuelle hätte die Änderung von Hunderten von Gesetzen zur Folge. Alle Gesetze, in denen die Ehe irgendeine Rolle spielt, würden automatisch eine völlig neue Bedeutung erhalten, wie etwa Adoptionsrecht, Krankenversicherung, Erziehungsrechte, Altersversorgung, Steuerrecht usw. Kirchliche Einrichtungen würden vor einem Dauerdilemma stehen. Christen, die ihrem Gewissen folgten, würden früher oder später eine regelrechte Religionsverfolgung erleiden.
Käme es zu juristischen Streitigkeiten, kann man sich leicht vorstellen, wie die Mehrheit der Medien hierzulande darüber berichten würde. Schon heute ist jede Stellungnahme von Papst Benedikt XVI. zu diesem Thema ein willkommener Anlaß für viele, gegen Papst und Kirche in einer haßerfüllten Art und Weise zu hetzen, die noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre. Kaum ein Bischof nimmt den Papst in Schutz vor diesen Anfeindungen, es sind meistens Laien, die sich dann zu Wort melden.
Bemerkenswerterweise argumentiert heute schon der grüne Bundestagsabgeordnete und bekennende Homosexuelle Volker Beck genauso wie Bismarck in den Zeiten des Kulturkampfes und wirft dem Papst Eimischung in deutsche Angelegenheiten vor: „Mit dem Anspruch, nicht nur religiöse Wahrheiten zu verkünden, beansprucht (Papst Benedikt XVI.) seine Sicht auf das Sein und die menschliche Gesellschaft auch allen, auch Anders- und Nichtgläubigen aufzunötigen, und zur Grundlage der allgemeinen Gesetzgebung zu machen. Er will die katholische Sexuallehre und Vorstellung von Ehe und Familie allen Andersdenkenden überstülpen. Dies ist eine ungeheuerliche Anmaßung, und der Papst verläßt damit die Grundlage der Menschenrechte und stellt sich damit auch gegen die grundgesetzliche Ordnung unseres Staates“ (Pressemeldung vom 15. Dezember 2012). Der Papst und mit ihm die Katholiken, die ihm folgen, werden praktisch zu Staatsfeinden erklärt. Mit ähnlichen Argumenten wurden so gut wie alle Christenverfolgungen initiiert.
Bischöfe fühlen sich wohl noch zu sicher
Möglicherweise fühlen sich die deutschen Oberhirten sicher aufgrund der vielen staatlich garantierten Sonderrechte, wie etwa das kirchliche Arbeitsrecht. Noch konnten die Kirche bislang ihre Sonderstellung in Deutschland verteidigen, so daß zum Beispiel Angestellte im kirchlichen Bereich besonderen Regelungen unterworfen sind. Doch die Offensive gegen diese Kirchenprivilegien wird immer stärker. Ihre (partielle) Abschaffung wird inzwischen von Grünen, Linken, FDP und vereinzelt auch von der SPD gefordert.
Abgesehen davon, schwindet bei den Menschen das Verständnis für diese Sonderstellung. Selbst bei unveränderten rechtlichen Bestimmungen würde es den Kirchen zunehmend schwerfallen, gesellschaftliche Akzeptanz zu finden. Ein „Einknicken“ vor dem Zeitgeist wäre vorstellbar, bedenkt man, wie säkularisiert die Kirchen hierzulande sind.
Die Oberhirten in Deutschland sollten deshalb nicht den Kopf in den Sand stecken und es darauf ankommen lassen. Vielmehr sollten sie bald ihre defensive und abwartende Haltung beenden, argumentativ in die Offensive gehen und die Mehrheit vom Irrsinn einer Ehe für Homosexuelle überzeugen.