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In Phrasengewittern

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Natürlich kann man sich auch heute noch trefflich über den Presse-Prügelknaben der bundesdeutschen Wohlfühlgesellschaft seit 45 Jahren aufregen. Muß man aber nicht, denn die Hetze – nicht allein, um für „westliche“ Kriege die Werbetrommel zu rühren – prasselt heute nun wirklich von allen medialen Seiten auf uns ein. Dabei ist es völlig egal, wie offiziös und elaboriert sich die jeweiligen volkspädagogischen Vehikel auch immer geben mögen.

Im Schmittschen „Glossarium“ steht schön geschrieben: „Die Presse verurteilt zum Tode und zur Schande und die staatliche Justiz vollstreckt das Urteil.“ Das wohlgemerkt unter einem Datum des Jahres 1948, als es nur wenige von den Besatzern lizenzierte und genauestens konzentrierte Medien gab! Heute erleben wir eine Bienenstock-Variante dieses Faktums, in dem sämtliche Presseorgane auf schon pornographische Art und Weise ihre Möglichkeiten zur (Vor-) Verurteilung und vorpolitischen Ziel-Setzung lustvoll auskosten. In einem regelrecht orgiastischen Taumel befindet sich schon seit etlichen Wochen etwa der Spiegel zum Thema Syrien: Die Titelgeschichten in Sinfonie mit dem Deckblatt mögen an dieser Stelle für sich sprechen. Von da ist es nicht einmal mehr ein ganzer Schritt hin zur Spucknapfprosa eines F. J. Wagner.

Viel schlimmer als alles andere ist aber immer noch Deutschland, und deswegen muß der kulturelle Kreuzzug selbstverständlich weitergehen. Im Print-Spiegel der vergangenen Woche erklärte uns ein Ullrich Fichtner, dem man seine Vergangenheit bei der nicht einmal für Altlinke mehr kaufenswerten Frankfurter Rundschau deutlich anmerkt, daß es beim Münchner Oktoberfest in Wahrheit um einen „deutsche[n] Irrsinn“ gehe, nämlich den „Siegeszug der Monarchie in aufgeklärten Zeiten“. Offenbar trägt man dem grundgesetzgemäßen Souverän das Wahlergebnis schwer nach, sonst müßte man Bayern wohl nicht als „barocke[n] Bundesstaat, dessen Bürger Politik nach Regeln der Monarchie mit absoluten Mehrheiten belohnen“ apostrophieren.

Im Stahlhagel der Worthülsen

Dabei dürfen dann natürlich auch die üblichen Parallelisierungen zu gewissen zwölf Jahren und dem „so lang verpönte[n] deutsche[n] Patriotismus“, der (bald?) wie ein Damoklesschwert über der Spiegel-Redaktion zu schweben scheint, nicht fehlen. Im Hochglanzmagazin des roten Randes – womit natürlich nur der Einband gemeint ist – ist die Sprache zwar geschulter und nicht ganz so obszön wie anderswo, aber die Perfidität ist dieselbe. Mittlerweile spielt sogar die alte Tante FAZ halbwegs virtuos auf dieser Klaviatur, nur hat man dort im Gegensatz etwa zur Zeit noch nicht gelernt, im Zweifelsfall lieber die Kommentarspalte dichtzumachen.

Den absoluten Vogel abgeschossen hat in Sachen ostentativen Bestmenschentums aber – man lese und staune! – die Internetseite der Tagesschau. Konnte dort doch tatsächlich ein solcher Kommentar erscheinen, in dem die Gelegenheit des skurrilen „Government Shutdown“ genutzt wird, um mal wieder herzhaft auf der bundesmedialen Piñata „Kaltblütige rechte Unmenschen mit Hang zum Weltbrand“ herumzuprügeln. Nun habe ich aber noch nie, wirklich noch nie einen so plump-lustlos hingeschnaubten Hetzartikel gelesen, in dem kein Absatz ohne geifernd ausgespienen sprachlichen Detritus wie „Extremisten“ oder „Radikale“ auskommt, damit der Leser auch ja nicht vergißt, was und wie er zu denken hat. Jeder Zehntkläßler hätte im Deutschunterricht seine helle Freude daran! Willkommen im Stahlhagel der Worthülsen, dem gut entlohnten Trommelfeuer des Geblubbers, mit dem die zaudernden Massen (für die das Internet kein „Neuland“ ist) sturmreif geschossen werden sollen. Mal ernsthaft – für so was zahlt man also eine „Demokratie-Abgabe“, Herr Schönenborn?!

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