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Vom Rechtsstaat vergewaltigt

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Es ist eine laue Sommernacht in Berlin. Eine junge Frau – der Tagesspiegel nennt sie Juliane K. – kommt zurück von einem Freund. Sie ist angetrunken, müde und will nach Hause. Doch am U-Bahnhof Hermannstraße wird sie von drei jungen Männern angesprochen. Als sie weiter geht, laufen die Männer mit. Es wird gescherzt und gelacht. Aber schon bald kippt die Stimmung, denn sie will kein Sex.

Ein Nein verstehen die drei türkisch- und arabischstämmigen Jugendlichen nicht und bedrängen die junge Frau auf einem Spielplatz. Es folgt ein Kampf: Sie wehrt sich heftig, doch die Männer sind stärker. Sie ziehen Juliane K. die Kleider gewaltsam vom Leib, halten sie fest und vergewaltigen sie mehrfach. Die Tat ist so brutal, daß Juliane K. danach traumatisiert ist. Eine Passantin findet sie später weinend und stammelnd auf der Straße. Erst Wochen später kann die damals Zwanzigjährige überhaupt über das Geschehene sprechen.

Gruppenvergewaltigung ohne Konsequenzen

Am vergangenen Montag wurden die Männer, die Juliane K. das angetan hatten, vom Moabiter Kriminalgericht in Berlin verurteilt – zu Bewährungsstrafen. Damit sind die heute 17-19jährigen trotz einer gewaltsamen Gruppenvergewaltigung quasi ohne Konsequenzen davongekommen. Der offizielle Grund für die Milde: Die Täter haben ein Geständnis abgelegt und damit dem Opfer „quälende Befragungen“ erspart. Außerdem wurden sie nach Jugendstrafrecht verurteilt – was meistens eh einem Freispruch gleichkommt.

Interessant ist, daß die drei Männer nicht wegen Vergewaltigung, sondern wegen Mißbrauchs einer widerstandsunfähigen Person verurteilt wurden. Für Laien schwingt damit sofort eine Eigenverantwortung des Opfers mit: Schließlich hätte sich Juliane K. ja besser wehren können, wenn sie nur nicht so viel getrunken hätte. Denn wer sich nicht genügend wehrt, wurde auch nicht wirklich vergewaltigt. Sie wurde höchstens ausgenutzt, was zumindest für Nicht-Juristen deutlich undramatischer klingt. Außerdem stand sie wohl auch noch unter Einfluß von Extasy – da geschah es ihr ganz Recht, vergewaltigt zu werden. So was kommt von so was.

Wer verteidigt die Ehre von Juliane K.?    

In der Berichterstattung wird die Herkunft von Juliane K. nicht erwähnt, aber es ist davon auszugehen, daß sie zumindest keine Türkin oder Araberin ist. Wäre sie das, sehe es für die Täter heute sicher etwas anders aus: Wenn sie überhaupt noch am Leben wären, hätten sie vermutlich einen ganzen Klan auf den Fersen, der alles daran setzten würde, die Ehre der geschändeten Frau wieder herzustellen.

Doch im Fall von Juliane K.? Was ist mit ihrer Ehre? In einem Rechtsstaat wäre es die Aufgabe der Gerichte, Täter zu bestrafen und so ihren Opfern Gerechtigkeit zukommen zu lassen. Doch statt dessen wurde wieder einmal viel Entschuldigendes für die Täter und ihr Verbrechen angeführt, auf Kosten des Opfers.

Man darf gespannt sein, welche Lehre die drei Vergewaltiger aus ihrem Urteil ziehen. Beeindruckt haben dürfte es sie wohl kaum. Mit seiner Entscheidung hat ihnen das Gericht zu verstehen gegeben, daß die Vergewaltigung einer Frau in bestimmten Situationen vielleicht nicht erlaubt, aber zumindest so gut wie straffrei ist. Und das läuft letztlich auf das Gleiche hinaus. Für Juliane K. aber dürfte das Urteil einer erneuten Vergewaltigung gleichkommen.

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