Anzeige
Anzeige

So denkt man in Frankfurter Altbauwohnungen

So denkt man in Frankfurter Altbauwohnungen

So denkt man in Frankfurter Altbauwohnungen

 

So denkt man in Frankfurter Altbauwohnungen

Anzeige

Weihnachts-Abo, Weihnachtsbaum, Zeitungen

Ein Besuch bei einem Freund im letzten Jahr. Auf der Parkplatzsuche in Frankfurt wurde ich von einem vor mir haltenden Taxi gestoppt. Aus ihm stieg ein pummelig wirkender Mann in weiblicher Begleitung, lachend, sichtlich gut gelaunt. Der kommt mir doch bekannt vor, dachte ich. Dann kam ich drauf: Ach, Cohn-Bendit. „Ja, der hat hier um die Ecke eine Wohnung“, sagte später mein Freund.

Finanziell schlecht scheint es ihm nicht zu gehen. Gute Wohnlage mit Blick auf Alleebäume, frisch renovierter Gründerzeit-Altbau, Einrichtung vom feinsten, wenn man abends beim Vorbeigehen durch die Fenster sieht. Weiße Bücherregale, antike Deckenlampen, sichtlich gehobenes Ambiente, sehr schick, und das sei den Bewohnern auch keinesfalls mißgönnt. Doch, so dachte ich, von dort aus läßt es sich natürlich noch ein Weilchen gut „multikulturell“ reden und „subversiv“ träumen.

Nur durch die stete Unterstützung von Medienvertretern wurden dem Normalbürger aus feisten Politikern wie Joseph Fischer oder Daniel Cohn-Bendit drollige und ewig jugendbewegte Sympathiefiguren kreiert. Dabei verstecken sich hinter dem „Joschka“ oder dem roten „Dany“ durchaus machtbewußte und rhetorisch geschulte Entscheidungsträger. Cohn-Bendit gehört zu denjenigen, die rasch gemerkt und verinnerlicht haben, daß sich Macht am subtilsten über das schlechte Gewissen der zu beherrschenden ausüben läßt.

Spiel mit den Gewissensbissen deutscher Adressaten

Es ist dies somit ein häufig erkennbares Mittel „multikultureller“ Diskussionskultur, die gerne mit den Gewissensbissen ihrer deutschen Adressaten spielt. Pauschal durchgespielt: Verprügelt beispielsweise ein deutscher Schüler einen türkischen, sind bei diesen Leuten die Deutschen schuld. Denn sie haben vermutlich noch immer nicht genug Präventionsarbeit gegen Ausländerfeindlichkeit geleistet. Verprügelt ein türkischer Schüler einen deutschen, wird gemutmaßt, er könnte provoziert worden sein. Ist die persönliche Schuld des Türken indes nicht zu leugnen, so wird diese sogleich mit dem Hinweis auf irgendwelche strukturellen Überforderungen, zum Beispiel durch das zu harte deutsche Notensystem in den Schulen, relativiert.

Dann sind letztlich die Deutschen in toto schuld. Denn sie haben als Gesellschaft zu wenig soziales Engagement bei der Integration und Hilfestellung des Täters geleistet. Die Argumente sind dreh- und wandelbar, ganz wie man es möchte, stets liegen aber Verantwortung und Schuldkonto auf einer Seite. Der Einwanderer trägt demnach selten Verantwortung für irgendwas, nicht mal für eventuell marodierende Kinder, schon gar nicht für sein Leben, seine Sprachkenntnisse, seine Berufsqualifikation, sein Benehmen. Hat er aber sein Leben doch in die Hand genommen und dadurch gesellschaftlichen Erfolg geerntet, zum Beispiel ein gegründetes Unternehmen, so ist sein Tun – das ja für viele Deutsche ja eine völlig selbstverständliche Sache darstellt – auch gleich einen Medienbericht wert.

Das ist natürlich verkürzt dargestellt, und es sei klargestellt: für die hier beschriebenen „Schuld“-Zuweisungen und Einseitigkeiten in der öffentlichen Diskussion tragen hiesige Ausländer kaum Verantwortung. Es sind dies Argumentationsmuster, die primär von deutschen oder europäischen Einwanderungslobbyisten in die Welt gesetzt werden.

Stilles Schämen der Europäer?

Daniel Cohn-Bendit ist so einer, der stets auf der Klaviatur weißer Verunsicherung und Gewissensbisse spielt. Nun hat er sich in der Zeitschrift „Rolling Stone“ zum Umbruch in Libyen und der arabischen Welt zu Wort gemeldet. Wem er in dem Kommentar „Rebellendämmerung“ die Schuld an allem Übel zuweist, dürfte klar sein. Wenn schon nicht nur die Deutschen, dann stehen mit Sicherheit alle Europäer, alle Weißen in der Verantwortung, bis zur Selbstaufgabe.

Cohn-Bendit unterstellt der europäischen Politik, daß sie bereits von „stillem Schämen“ befallen sei, also ihre Schuld bereits ohnehin innerlich fühle. Worin diese Schuld liegt? Man habe die bisherigen Regierungen Nordafrikas, darunter den „Spinner von Tripolis“, finanziell unterstützt. Was daran negativ war? „Sie wurden umschmeichelt, auch um unerwünschte Flüchtlinge zurückführen zu können. (…) Schließlich galt es, die Festung Europa zu verteidigen – und den Wohlstand, der mit saudi-arabischem und libyschem Erdöl in den Westen floß.“

Diese Absicht schmeckt Cohn-Bendit bekanntlich nicht. So bestehe die vergangene Politik aus „gemachten Fehlern“, die nun korrigiert werden müßten. Man müsse „den Begriff Stabilität für Europa neu definieren“. „Wir“ müßten „akzeptieren, daß die Menschen südlich des Mittelmeeres einen Anspruch haben auf selbstbestimmte und lebenswerte Bedingungen“. Nun kann man sich zwar fragen, wer von „uns“ nicht „den Menschen südlich des Mittelmeeres“ ein lebenswertes Leben wünscht. Sie sollen glücklich leben, keiner mißgönnt ihnen das.

Beliebig drehbare Schuldargumentation

Doch Cohn-Bendit verwendet solche humanitär verbrämten Floskeln nur zur Vorbereitung für seine politischen Forderungen an die Europäer, finanziell wie hinsichtlich erleichterter Einwanderung. Die Schuldargumentation kann dabei beliebig gedreht und gewendet werden: Wurde mit den einstigen Machthabern der arabischen Welt gehandelt und diplomatisch kommuniziert, ihnen also „geholfen“, so hätten die Europäer damit nun also Schuld auf sich geladen. Liegen diese Länder nun in Trümmern, sind wiederum faktisch die Europäer schuld, weil sie nun nicht genug Hilfe leisten.

Führen die Umbrüche zu einer Islamisierung, werden erneut die Europäer als schuldig benannt werden, weil sie nicht genug geholfen haben (sonst wäre das ja nicht passiert). Werden sie sich dann anschwellenden Flüchtlingsströmen entgegen stellen, laden sie wieder Schuld auf sich. Die armen Menschen kann man doch nicht in ihre (angeblich befreiten) Heimatländer zurückschicken, zumal dort dann doch vielleicht unmenschliche, islamistische Lebensbedingungen auf sie warten würden. Läßt man sie einwandern, haben die Europäer wieder Schuld, weil die unausgebildeten Leute vielleicht keine Arbeit bekommen und unter schlechteren sozialen Verhältnissen als die Einheimischen leben. Das harte deutsche Notensystem. Und so weiter bis zum Ende.

Man kann darüber diskutieren, was bei Cohn-Bendit der stärkere Antrieb ist, seine Schuldszenarien auszubreiten: Ein (bewußter oder unbewußter) innerer Haß gegenüber der weißen, europäischen Welt? Oder die alte Sehnsucht nach einer kulturell, ethnisch und sozial egalitären sowie rein dem Materialismus verpflichteten Weltgesellschaft? Vielleicht beides.

Hoffnung auf einen universellen linksliberal-westlichen Lebensstil

Cohn-Bendit persönliches „Ende der Geschichte“ liegt jedenfalls in der Transformation auch der arabischen Welt hin auf einen universellen linksliberal-westlichen Lebensstil. Diesen Weg unterstellt er – islamistische Wahlsiege ignorierend – einfach auch mal „den Menschen“ der arabischen „Facebook“-Revolutionen:

„Auch Muslime, ob mehr oder weniger gläubig, tragen die Sehnsucht nach Freiheit in sich. So autoritär und blutrünstig Religionen auch sein können, wie uns die Repressions- und Terrornachrichten aus dem Iran oder die Brutalität der Geschichte des Christentums in Europa vor Augen geführt haben: Auch in muslimischen Gesellschaften werden Menschen irgendwann einmal von ihren Emanzipations- und Freiheitswünschen überrollt. Und dadurch verändern sich diese Gesellschaften gewaltig.“

Die Stoßrichtung ist klar: Daß sich „der gesamte Mittelmeerraum zu einem demokratischen Gebilde entwickeln“ kann, liegt laut Cohn-Bendit vor allem in der Verantwortung der Europäer. Die „Facebook-Revolution“ sollen dabei – so oder so – nur als Etappe auf dem Weg zur egalitären Weltgesellschaft dienen. Entweder in Libyen oder durch die Forcierung einer hiesigen Vielvölkergesellschaft kommt man schließlich dem Ziel einer langfristig einheitlichen und von (rückwärtsgewandten) Traditionen „emanzipierten“ Menschheit näher. Am Ende hören vielleicht alle Lady Gaga und kaufen bei Ikea weiße Bücherregale. Dann wird alles endlich gut – zumindest irgendwie. So ähnlich denkt man wohl in einigen Frankfurter Altbauwohnungen.

Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag

aktuelles