Wir Deutsche wurden bei der Euro-Einführung über den Tisch gezogen. Nicht nur, daß das vollmundige Versprechen, der Euro werde so „hart“ sein wie die D-Mark, gelogen war. Oder daß der Vertragstext, niemand habe für die Schulden der anderen aufzukommen, nicht das Papier wert zu sein scheint, auf das er gedruckt wurde. Schon der Umtauschkurs war unfair und hat die Deutschen wahrscheinlich um ein Milliardenvermögen erleichtert.
Der Becher Joghurt, der früher 49 Pfennig gekostet hat, kostete plötzlich 39 Cent. Und so weiter. Aber die Mark war auf einmal nur noch 50 Cent wert. Es gab 2002 also eine gigantische Preissteigerung, die sich in den Folgejahren auch in der „Geiz-ist-geil“-Atmosphäre äußerte, weil die meisten Leute Schwierigkeiten hatten, sich an die neuen, höheren Preise zu gewöhnen. Jeder weiß, daß es so ist.
Trotzdem lügen uns die Politiker natürlich vor, es sei anders gewesen. Angeblich habe die Inflation nur wenige Prozentpunkte ausgemacht. Die Lebenserfahrung von Millionen Deutschen spricht dagegen.
Das fiel mir alles wieder ein, als ich kürzlich zwei interessante wirtschaftspolitische Bücher las: „Die Inflation kommt“ von Stefan Riße (lesenswert) und „Die Abwracker“ von Hans-Olaf Henkel (sehr lesenswert). Henkel mißtraut amtlichen Statistiken, was die Inflation angeht. Riße geht sogar noch weiter und warnt besonders vor amerikanischen Statistiken zur Inflation.
Geschöntes Bild der Sicherheitslage
Das ist schon bemerkenswert, daß auch im Mainstream – und nicht von nur politischen Außenseitern oder gar Verschwörungstheoretikern – massive Zweifel an amtlichen Statistiken aufkommen. Heute ist wieder so ein Tag. Da werden in Berlin die Zahlen zur Kriminalität vorgelegt. Innensenator Erhart Körting und Polizeichef Dieter Glietsch (beide SPD) werden vermutlich wie in den vergangenen Jahren wieder ein leichtes Sinken der Zahlen vermelden.
Aber stimmt das auch? Die Gewerkschaft der Polizei erhebt neuerdings schwere Vorwürfe. Die Zahlen sollen geschönt sein, um ein „gesundes Bild“ der Sicherheitslage in der Hauptstadt darzustellen, heißt es in der Berliner Morgenpost.
Ein paar Praxisbeispiele: 1. Ein Typ steckt zehn Autos an, die Polizei wertet diese Fälle von Brandstiftung aber nur als einen einzigen. 2. Beteiligen sich an einer gewalttätigen Demonstration am 1. Mai 50 Personen, dann ist dies eine Straftat (Landfriedensbruch), selbst wenn sich später mehrere Verurteilungen daraus ergeben. 3. Das gleiche gilt, wenn fünf Personen Widerstand gegen die Staatsgewalt in Form von fünf Polizisten leisten – insgesamt nur eine Straftat. 4. Leistet jemand Widerstand und verletzt dabei einen Polizisten (zusätzlich Körperverletzung), dann wird nur das Delikt mit der höheren Strafandrohung gezählt. Das andere verschwindet aus der Statistik. Schwupps – und schon ist Berlin wieder ein wenig sicherer und Straßengewalt weniger gefährlich geworden.
Vermeintliche Erfolge der Politik
Schließlich berichtet die Berliner Morgenpost davon, wie die Polizei ihre Aufklärungsquote erhöht, wenn dies gewünscht ist: Dann werden ein paar Polizisten abgestellt, die die Fahrkartenkontrolleure in Bussen und Bahnen begleiten. Jeder erwischte Schwarzfahrer ist gleichzeitig ein aufgeklärter Fall. Die Aufklärungsquote ist also immer hundert Prozent. „Fauler Budenzauber“, urteilt deswegen ein hoher Polizeibeamter über die Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik.
Die Lehre kann nur sein: Augen aufhalten und den eigenen Kopf benutzen, wenn die Mächtigen mit ihren eigenen Statistiken auf die vermeintlichen Erfolge ihrer Politik hinweisen! Solche Statistiken werden nicht selten zu dem Zweck erstellt, die Leute für dumm zu verkaufen.