Der Untergang des traditionsreichen Rheinischen Merkur wirft ein Schlaglicht auf die Lage der Wochenpresse. Eigenartig, daß die Nachricht zur Einstellung des Blattes kurz vor dem 20. Jahrestag der Wiedervereinigung öffentlich wurde. Mit dem Rheinischen Merkur tritt damit auch symbolisch die Bonner Republik ab, die das Blatt in Namen und Standort repräsentierte.
Der Vorgang unterstreicht, daß sich Mentalität und politisch-mediale Landschaft seit dem 3. Oktober 1990 in einem tiefgreifenden Wandel befinden – obwohl vom „Beitritt“ anfänglich nur die neuen Länder erfaßt schienen. Der Wegfall der Blockkonfrontation hat die Polarisierung zwischen Links und Rechts zunächst obsolet werden lassen.
Die Linke schien mit dem Bankrott des Sozialismus gescheitert. Indessen hat sich das politische Spektrum auf der Linken ausdifferenziert. Der SED-Nachfolgepartei gelang es sogar, auf Kosten alter SPD-Milieus im Westen, bundesweit als Linkspartei zu reüssieren.
Hysterie und Orientierungslosigkeit
Die bürgerlichen Parteien Union und FDP befinden sich hingegen in einem weltanschaulichen Auszehrungsprozeß. Ihnen fehlten Wille und Idee, einen Gegenentwurf zur von Rot-Grün propagierten „Bunten Republik Deutschland“ zu wagen. Es ist symptomatisch, daß der Reformimpuls des Jahres von einem alten Sozialdemokraten, Thilo Sarrazin, formuliert wurde. Er diktierte der Republik in einer Brandrede, welchen Hauptherausforderungen wir begegnen müssen, wenn unsere Nation nicht untergehen soll.
Die Hysterie und Orientierungslosigkeit, mit der die politische Klasse auf Sarrazins Agenda reagierte, signalisierte, in welcher Not sich der Apparat befindet. Die aus der schwarz-gelben Ratlosigkeit in der Integrationsfrage folgende Debatte über das konservative Vakuum war folgerichtig. Diese Zeitung mahnt seit ihrem Entstehen das Schließen einer großen Repräsentationslücke im Parteiensystem an.
Der Bundestag bildet das Meinungsspektrum der Bevölkerung nicht ab. Die bürgerlichen Parteien sind nicht in der Lage, den Willen der Bürger, die keine linke Politik wollen, adäquad zu artikulieren.
Medienlandschaft fast ausschließlich links- bis linksliberal ausgerichtet
Es ist somit Zeit für Klartext, dies hat Sarrazin gezeigt. Die Deutschen wollen ein Ende der Lügen, des politischen Selbstbetrugs. Sie wollen ehrliche Debatten, in denen alle Richtungen gehört werden. Sie wollen eine direkte Mitwirkung an Entscheidungen, die das Schicksal der Nation existentiell betreffen. Sie wollen klare politische Alternativen.
Auch im Mediensektor. Der Überdruß an einer fast ausschließlich links- bis linksliberal ausgerichteten Medienlandschaft wächst. Die JUNGE FREIHEIT ist die Antwort darauf. Ihr Wachstum, das sich auch in der aktuellen Erweiterung des redaktionellen Angebotes ausdrückt, gibt uns recht. Wir beweisen: Wochenpresse und Meinungsvielfalt leben!
JF 40/10