Morgen ist Welttag der Muttersprache. Wer weiß, warum er die deutsche Sprache mag, dies aber noch nicht bekundet hat, sollte dies bei der Aktion „1.000 Gründe für die deutsche Sprache“ nachholen. Daß es tatsächlich gute Gründe gibt, die deutsche Sprache zu bewahren und weiterzuentwickeln, scheint sich weiter herumzusprechen, sogar bis hinauf zum Vorstand der Deutschen Bahn (DB).
Deren Vorstandsvorsitzender Rüdiger Grube hatte am 13. Januar einen Brief an den Bundestagsabgeordneten Ernst Hinsken (CSU) geschrieben. Das Schreiben wurde im Laufe dieser Woche öffentlich.
Hinsken hatte sich für eine Kurzparkzone am Straubinger Bahnhof eingesetzt. Das Straubinger Tagblatt titelte daraufhin „Hinsken für Kiss & Ride“. Diese Schlagzeile verleitete viele Straubinger zu anzüglichen Gedankenspielen. Als sich die Proteste auf dem Schreibtisch Hinskens häuften, griff dieser selbst zur Feder und fragte Bahnchef Grube, ob es denn nicht möglich sei, Schilder auf deutsch aufzustellen.
Sinneswandel bei der Bahn
Zur Überraschung vieler Beobachter antwortete Grube, daß der Bahn „die Verwendung der deutschen Sprache im Interesse der allgemeinen Verständlichkeit … sehr am Herzen“ liege. Die DB habe „den Handlungsbedarf erkannt und kommt der Selbstverpflichtung zu allgemeinverständlicher Kommunikation mehr als bisher nach“.
Die „Nomenklatur“ der DB empfehle ausdrücklich den Verzicht auf Anglizismen. Das führe zum Beispiel dazu, daß die Bezeichnungen „Flyer“, „Highlights“, „Counter“ oder „Hotlines“ nicht mehr verwendet würden. Ausgeschlossen von diesem Rückdeutschungsprozeß seien allerdings Markenbezeichnungen wie „Bahn-Card“ (Bahnkarte) oder „Intercity“ (Schnellzug, D-Zug).
Jahrelange Vorarbeit
Wird die Deutsche Bahn also vom Sprachpanscher zum Sprachschützer? Warten wir es ab. Woher kommt aber der Sinneswandel? Sicherlich hat der Weggang von Hartmut Mehdorn (Sprachpanscher des Jahres 2007) am 30. April 2009 die Neuausrichtung erleichtert.
Der Führungswechsel ermöglichte es, die jahrelangen Proteste der Sprachschützer endlich zu berücksichtigen. Was in der öffentlichen Wahrnehmung jedoch derzeit unbeachtet bleibt, ist die Tatsache, daß seit einigen Jahren eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten der Union die Änderungen vorbereitete. Grube hebt in seinem Brief selbst diese Arbeitsgruppe hervor.
Die Initiative Sprachlicher Verbraucherschutz gründete sich im März 2007. Ihr gehören die Abgeordneten Julia Klöckner, Erika Steinbach, Gitta Connemann, Peter Bleser und Laurenz Meyer an. Connemann kritisierte damals: „Die Deutsche Bahn AG verwirrt ihre Kunden mit vielen Anglizismen. Damit werden Menschen ohne Englischkenntnisse ausgegrenzt.“
Bereits im Juni 2007 kam es zu Gesprächen mit der Deutschen Bahn. Diese versprach, die Erarbeitung verständlicherer Informations- und Hinweismöglichkeiten zu prüfen. Die Initiative wurde von der Sprachwelt zum „Sprachwahrer des Jahres“ 2007 ausgezeichnet. Das verschaffte ihr weiteren Rückenwind. Doch erst der Abgang Mehdorns hat offenbar den Weg für weitgehende Änderungen freigemacht. Wir sehen also: Der Einsatz für die deutsche Sprache lohnt sich, auch wenn sich der Erfolg erst nach Jahren einstellt.