Ein künstlerisches Meisterstück ist in vielen Kirchen auch die Kanzel, jener Ort, der früher zur Predigt benutzt wurde. Heute ist er oft ein rein historisches Denkmal ohne praktischen Wert. Es ist unmodern geworden, die Gottesdienstbesucher von oben herab „abzukanzeln“. Der Prediger steht heute mit seinen Zuhörern auf einer Ebene. Er spricht vom Ambo aus, der in der Regel mit einem Mikrofon ausgestattet ist.
All dies war früher überflüssig. Die Architekten älterer Gotteshäuser waren auch echte Meister der Akustik. Die ins Kirchenschiff hineinverlagerte Kanzel war mit einem Schalldeckel versehen, der dafür sorgte, daß die Stimme des Predigers im gesamten Kirchenraum zu hören war.
Darf man heute noch zum Predigen auf die Kanzel gehen? Ich wurde nachdenklich, als ich vor einigen Jahren bei einem Krippenspiel erlebte, wie der Verkündigungsengel auf die Kanzel stieg und von dort aus seinen Part sang. Ich dachte mir: Wenn ein zwölfjähriges Mädchen dort hinaufsteigen darf, kann dies einem geweihten Priester nicht verboten sein, zumal wenn er dort das tut, wofür dieser Ort ursprünglich gedacht ist, nämlich das Wort Gottes auslegen.
Wir brauchen wieder andere Predigten!
Und doch scheint es mir auch nicht verwunderlich, wenn mancher Prediger es grundsätzlich ablehnt, von der Kanzel aus zu predigen. Der Ort muß schließlich auch dem Inhalt angemessen sein. Wo der Priester nur noch zum Miteinander animiert und einen Jesus verkündet, der „auch nur ein Mensch“ war, wo schließlich die Kirche in der Welt aufgehen möchte, ist die Kanzel denkbar ungeeignet.
Wo der Prediger sich allerdings noch als geistlicher Lehrer begreift, der eine Botschaft vermitteln will, die über diese Welt hinausragt, ist die Kanzel der geeignete Ort dafür, zumal sie schon rein körperlich die Aufmerksamkeit der Menschen nach oben lenkt. Das wäre das aktuelle Desiderat: Wir brauchen wieder andere Predigten!
Am vergangenen Wochenende wurde in Fulda auf dem Kongress „Freude am Glauben“, bei dem erstmals auch die JUNGE FREIHEIT vertreten war, vom Forum Deutscher Katholiken, das als Organisator fungierte, eine Resolution verabschiedet, in der die Christen aufgerufen werden: „Geht nicht konform mit dem Geist der Zeit! Leistet Widerstand gegen alle Versuche, die Kirche aus dem öffentlichen Leben zu verdrängen und unseren Glauben zu diskreditieren!“ Wir brauchen eben keine eingeebnete Verkündigung, sondern eine Botschaft von oben!