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Ullas Dienstwagen

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Einen Monat lang hatte ich von der deutschen Politik kaum etwas mitbekommen. Das erste, was ich nach Rückkehr aus dem Urlaub vernahm, war die „Dienstwagen-Affäre“! Auch Du, Ulla?, dachte ich. Die sozialistische Einheitsmedizin hatte ich ihr zugetraut, aber persönliche Bereicherung? Doch wie enttäuschend, kleinlich und schließlich gegenstandslos erwies die angebliche Staatsaffäre sich bei näherer Betrachtung.

Hieß es nicht vor wenigen Monaten noch, die globale Finanz- und Wirtschaftskrise würde unser Tun und Denken umwälzen? Sollte die Welt aus Rendite, Spaß und Trallala, die nach dem 11. September 2001 ungerührt weiterging, jetzt nicht wirklich und endgültig am Ende sein? Waren nicht ein neuer, konzentrierter Blick auf das Wesentliche, auf die Strukturen von Wirtschaft und Politik, sowie eine neue Sprache, so nüchtern wie scharf, das Gebot der Stunde?

Hochgespielte Affäre

Besonders amüsierte mich, mit wieviel Verve der Vorsitzende des Finanzausschusses im Bundestag, ein FDP-Mann, nach Aufklärung des Schmidtschen Privilegienmißbrauchs verlangte. Ausgerechnet die FDP, die jahrelang wie eine Gebetsmühle die Deregulierung des Finanzsektors gefordert hat und zumindest moralisch mitverantwortlich ist für die Milliardenverluste, die der entfesselte Finanzsektor jetzt dem Steuerzahler in Rechnung stellt!

Die hochgespielte Dienstwagen-Affäre und ihre öffentliche Resonanz signalisieren die Rückkehr zur politischen und medialen Normalität, zum Trallala! Politiker, Journalisten und auch das Publikum haben die Finanzkrise, die sie sowieso nicht verstehen, gründlich satt. Stellvertretend halten sie sich bei einer läppischen Ministerinnen-Affäre auf, die ist leichter zu begreifen und unterhaltsamer als all die Schneeballsysteme, toxischen Papiere, Bad Banks, als Staatsverschuldung, Geldmengenausweitung usw…

Bequemlichkeit auch im Urlaub

Ich bin kein Anhänger von Frau Schmidt und ihrer Reformen. Jedesmal werde ich nervös, wenn mein hochgeschätzter Zahnarzt mir vorrechnet, welche Behandlungsart schon wegen der Schmerzfreiheit unbedingt empfehlenswert ist, die aber leider, leider nicht mehr von der Kasse getragen wird. Was dazu führt, daß ich einen wesentlichen Teil meiner Honorare sofort an ihn weiterreiche (und er mich seinerseits von Termin zu Termin höher schätzt).

Es paßt mir aber ebenfalls nicht, daß die Eignung einer Ministerin von einer 5000-Euro-Frage abhängig gemacht wird. Ich stelle mir das Amt der Gesundheitsministerin furchtbar vor und möchte es nicht geschenkt haben! Die zähe Materie, das Interessengestrüpp, die Ausschußsitzungen, die Gegenwehr der Lobbygruppen, die Fernsehauftritte – nach einem 16-Stunden-Tag muß Ulla Schmidt froh sein, wenn sie sich in die Polster ihres Dienstwagens sinken lassen kann und sich nicht noch um unfallfreies Ausparken kümmern muß. Ich kann mir sogar vorstellen, daß sie diese Bequemlichkeit auch im knapp bemessenen Urlaub nicht missen mag. Wenn sie weiter nichts verbrochen hat, dann gönnt der urlaubenden
Ulla ihren Dienstwagen!

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