Vor kurzem war in München Oktoberfest. Eingeleitet wurde das Theater schon Wochen vorher in allen Fernsehkanälen. Dort zeigen uns die Fernsehmacher wahlweise zwei Bevölkerungsgruppen. Zum ersten gibt es die weiblichen C-, D- und E-Promis, bekannt aus Casting-Sendungen, Affären mit Oliver Kahn und „Daily Soaps“, die ihre Oberweite in Preßwurst-Dirndl zwängen und sie zwanghaft zur Schau stellen.
Die andere Bevölkerungsgruppe kommt in den Dokumentationen von Spiegel-, Stern– und anderem TV vor. Dort läßt sich das Prekariat in seiner vollständigen Verwahrlosung filmen, bis es entweder im Arzt-Zelt landet oder von der Polizei beiseite geschafft wird.
So viel mediale Aufmerksamkeit hat ihren Preis. War noch vor einigen Jahren das Oktoberfest ein weitgehend auf München und Bayern begrenztes Phänomen, dehnt es sich inzwischen heuschreckenartig aus.
Hauptsache „zünftig“ und „krachledern“
Es ist einfach überall. Nicht nur jedes zweite Dorf in Deutschland feiert sein Oktoberfest, nein, es ist inzwischen auch über die Grenzen gesprungen. Selbst in der Schweiz hat jeder Ort, der nur etwas auf sich hält, sein typisch „bayerisches“ Oktoberfest. In Bern gibt es dort „Hendl“ und „Haxn“, für Musik sorgen die “Die original Vomper Buamn“, wobei die Preise sogar München übertreffen. Das Lieblingsattribut für die vielen Oktoberfeste scheint übrigens „zünftig“ zu sein.
Diese Ausgeburt an Einfallsreichtum wird dann nur noch durch „krachledern“ übertroffen. Beide Begriffe lassen sich auf Essen, Musik und Getränke anwenden. Den Kreativlingen, die solche Werbung ersinnen, sollte man am Besten „zünftig“ irgendwo hin treten.
Nicht nur Gastronomen, auch Bäckereien und Supermärkte springen auf den Trend auf. Nach den ersten Bissen der in Bern gekauften „Brezn“ habe ich allerdings beschlossen, lieber die Enten damit zu füttern. Aus Angst vor einer Anzeige wegen Tierquälerei, habe ich die Brezn dann aber doch noch selber gegessen.