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Marc Jongen, ESN Fraktion

‚S ist leider Krieg…

‚S ist leider Krieg…

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‚S ist leider Krieg…

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Unwort, Umfrage, Alternativ

…und die Bundesregierung begehrt zwar nicht gerade, wie weiland Matthias Claudius, „nicht schuld daran zu sein“, aber doch wenigstens die Lage in Afghanistan nicht beim Namen nennen zu müssen.

Die Gefallenen endlich als Gefallene zu ehren war schon das äußerste, wozu der bisherige Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sich herbeilassen wollte. Nachfolger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) geht immerhin einen Trippelschritt weiter: Er spricht von „kriegsähnlichen Zuständen“ und hat Verständnis für „jeden Soldaten, der sagt: ‘In Afghanistan ist Krieg.’“ Nur selber sagen will er’s immer noch nicht.

Warum eigentlich? Bei Jung hieß es noch, Krieg sei erst dann, wenn es ungefähr so zugehe wie im Zweiten Weltkrieg, für alles darunter sei der Begriff nicht angemessen. Ein durch historische Traumata bedingter Tabubegriff also? Oder steckt versicherungsrechtliches Kalkül dahinter: Bei Tod durch Kriegseinwirkung zahlen die privaten Lebensversicherungen der Soldaten nicht, folglich fährt der Staat bei der Hinterbliebenenversorgung günstiger, wenn der Krieg nicht Krieg heißt? – Nein, soviel buchhalterische Kleinkariertheit wollen wir denn doch nicht unterstellen, wenn es um Leben und Gesundheit deutscher Soldaten geht.

Weigerung Symptom der autistischen Fixierung

Was immer die Gründe im Detail sein mögen, die hartnäckige Weigerung, den Krieg in Afghanistan Krieg zu nennen, ist ein Symptom der autistischen Fixierung deutscher politischer Entscheidungsträger auf Sonderbefindlichkeiten des innenpolitischen Diskurses. Weil man es hier nicht für opportun hält, das Wort „Krieg“ in den Mund zu nehmen, stößt man dort die Soldaten vor den Kopf, die man in entfernte Winkel der Welt entsandt hat, um dort Kopf und Kragen zu riskieren. Sie sehen sich nicht als Brunnenbohrer und Sozialarbeiter in Uniform, sondern als Soldaten, die im Kampf stehen.

Auch weil diese Realität von der politischen Führung verweigert wird, sitzt ihnen bei jeder Entscheidung der Staatsanwalt im Nacken. Mit dem zivilen Instrumentarium eines Potsdamer Staatsanwalts kommt man bei der Bewertung einer kämpfenden Truppe nicht weit. Statt den leidigen Angriff auf zwei von Taliban geklaute Tanklaster wieder aufzurollen, täte der neue Hausherr im Verteidigungsministerium also besser daran, den Aufbau einer Militärgerichtsbarkeit mit kurzen Entscheidungswegen auf die Prioritätenliste zu setzen, damit Soldaten, die auftragsgemäß kämpfen, dafür nicht auch noch monatelang vor möglicher Strafverfolgung in der Heimat zittern müssen.

Das alberne Versteckspiel um Worte und Begriffe muß über kurz oder lang dazu führen, daß Jahr für Jahr mehr junge Männer von Kriegseinsätzen in Afghanistan und anderswo nach Hause kommen, die von Politsprech und Phrasendrescherei ein für allemal die Nase voll haben. Die plötzlich merken, daß bundesrepublikanische Politiker, Medien und Diskursbetriebsnudeln in einem Paralleluniversum leben, das mit ihrer eigenen, soldatischen Erfahrungswelt nicht viel zu tun hat. Entstünde auf diese Weise ein neuer militärischer Korpsgeist in der Bundeswehr, wäre das allerdings nicht die schlechteste Folge des sonst in seiner Bilanz doch reichlich unbestimmten Afghanistan-Krieges.

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