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Authentische Auskünfte von jungen Menschen jenseits des Schulalters zu erhalten, ist schwierig. Meredith Haaf, 26jährige Elevin der Süddeutschen Zeitung und Co-Autorin des Buchs „Wir Alphamädchen“, ist genau das endlich zu verdanken – des Inhalts, daß diese, also genau ihre Generation, eben keine substantiellen Auskünfte geben kann, da sie innerhalb der leeren Verschwatztheiten von Facebook, Twitter und zahlloser Blogs eigentlich fatal sprachlos erscheint.

Meredith Haaf schreibt in der Ich-Form, was typisch ist für ihre Altersgruppe, sie polemisiert tendenziell feministisch und fürchtet „rhetorisch gut geschulte Rechtsradikale“. Aber was sie diagnostiziert, das erscheint treffend und genau: Hinter leerer Geschwätzigkeit fehle die Substanz, Kritik sei in der Bussi-Gesellschaft und der ihr eigenen faden Champagner-Fröhlichkeit unerwünscht, echte Gegenentwürfe zum Mainstream existierten ebenso wenig wie der Mumm zur Konfrontation; stattdessen bestimmten ein neurotischer Narzißmus und latente Unentschiedenheit das Empfinden, angefressen von einer in aller hippen Gutlaunigkeit dauerpräsenten Angst, den eigenen Platz in der Welt nicht ausmachen zu können – nicht zuletzt deswegen, weil politisches Denken nahezu vollständig abhanden kam.

Ohne eigenen Standpunkt

Die junge Autorin hat recht! Erstaunlich, daß in einer Generation, in der Bachelor-Studiengänge zu Kommunikationswissenschaften und Medientheorie sehr angesagt sind, kaum mehr jemand Sätze von Belang zu bilden versteht. Und es erscheint als symptomatisch, daß Abiturienten, die von sogenannter politischer Bildung zugedröhnt und zu einschlägigen Wettbewerben wie Projekten genötigt werden, ihren politischen Ort kaum zu bestimmen wissen. Sie werden von mittfünfziger Studienräten zwar zu ehemaligen Konzentrationslagern und Stasi-Gedenkstätten gekutscht, können jedoch einen eigenen Standpunkt nicht kritisch herausbilden, weil schon die Generation ihrer Eltern und Lehrer keinen mehr vertritt, über den eine Auseinandersetzung, zumal eine offene und streitbare, möglich oder auch nur erwünscht wäre.

Die fürsorgliche alte Tante Bundesrepublik krankt an politischer Sklerose. Ihr Selbstverständnis gründete in einem demokratischen Pluralismus, der sich vor der Kulisse des Kalten Krieges noch als Gegenentwurf zum Poststalinismus zu vitalisieren verstand, dem aber als Konsens nur mehr Besitzstandswahrung und Konsumismus übrig blieben.

Ohne echte Herausforderungen

Die Tapeten im „Cafe Wohlstand“ sind mittlerweile etwas vergilbt, und die Neffen und Nichten der alten Tante bringen keinen Schwung in den Laden, weil sie ihre Kraft nie an echten Herausforderungen, an Bewährung und Verantwortung entwickeln konnten. Sie wurden groß mit Morgenkreis und Zirkusprojekt, erspielten sich in freien Unterrichtsformen eine Pseudokreativität, die an Bastelstraßen, aber kaum im Leben funktioniert, und mußten über alles Böse in der Welt nur artig erschrecken, weil es sich dummerweise nicht verbieten läßt wie Kneipenrauch, Feinstaub und alte Glühlampen.

Meredith Haaf resümiert: „Im Grunde wissen wir gar nicht, wie man politische oder ökonomische Ordnungen kritisiert oder verteidigt, denn wir haben das Mantra, daß es keine Alternativen zur Marktwirtschaft gebe, zu stark verinnerlicht.“

D’accord. Und außerhalb dieses Mantras wird kein Bundestagswahlkampf geführt. Ach ja, von Kampf sollte lieber nicht die Rede sein. Wo der aber fehlt, stirbt die Politik.

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Marc Jongen, ESN Fraktion
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