Die Schockwellen, die der Wahlsieg von Donald Trump auslöste, dauern an. Der Sieg des Außenseiters ist ein Desaster für die politisch-mediale Klasse nicht nur in den USA, sondern auch in Europa. Bei abgedrehtem Ton hätte man beim Blick in die Gesichter deutscher Fernsehmoderatoren denken können, es habe sich ein Terroranschlag oder zweites Fukushima ereignet. Manche beschreiben den 9. November 2016 zugespitzt als zweiten Mauerfall, als den Zusammenbruch der Mauer der Political Correctness.
Offensichtlich sind immer mehr Menschen es leid, sich die Wahrnehmung der Wirklichkeit durch arrogante Gouvernanten der Öffentlichen Meinung, durch eine von linken Intellektuellen diktierte Sprache vorschreiben zu lassen. Mit Trump kippt eine politische Agenda, die uns bis zum Ende des Jahrhunderts vermeintlich ins Licht führen sollte: endgültiges Schleifen der Nationalstaaten, offene Grenzen für jeden, Relativierung und Auflösung des Religiösen, Abschaffung von Geschlechtern und traditionellen Familienbildern unter dem Diktat der Genderideologie, Energiewende und Klimarettung als alles überwölbendes eschatologisches Endziel.
Geschichte kennt Korrekturen und Kurswechsel
Nun erleben wir etwas für Demokratien eigentlich Banales: einen Eliten-, einen Führungswechsel. Wir sehen, daß das Volk – für einige völlig überraschend – das Recht hat, sich auch gegen ungebremste Globalisierung, die Auflösung der Staaten in multiethnischen und supranationalen Großstrukturen zu entscheiden. Dieser Weg ist nicht vorgezeichnet und die Geschichte kennt Korrekturen und Kurswechsel.
Das ist Grund genug für den jüngsten Spiegel-Titel, stellvertretend für das linke Medienestablishment Trumps Sieg als „Das Ende der Welt“ zu deuten. Das Ende der Welt? Wohl kaum für die Bürger, eher für eine mediale Blase, die in einer lang andauernden Autosuggestion glaubte, auf Dauer bestimmen zu können, wohin die Reise politisch gehen soll.
Horrortrip für postnationale Kräfte
Ein Horrortrip für die postnationalen Happy Few der EU, der mit dem von Ukip-Chef und Trump-Freund Nigel Farage am 23. Juni erfochtenen Brexit begonnen hatte und weitergeht, wenn am 4. Dezember in Österreich Norbert Hofer (FPÖ) zum Bundespräsidenten und am 23. April 2017 Marine Le Pen vom Front National zur französischen Präsidentin gewählt werden sollte. Der demokratische Super-GAU.
Laut ist das Gejammer, die sozialen Netzwerke, vorneweg Facebook, seien schuld am schrecklichen „Siegeszug der Populisten“. Gemeine Facebook-Algorithmen arbeiteten den Verführern in die Hände. Gab es nicht ähnliche Klagen bei der Erfindung der Druckerpresse, des Flugblatts? Und überhaupt: Hatte nicht Obama einst mit Twitter gewonnen?
Es ist schon bitter, wenn Lenkern der Öffentlichen Meinung die Steuerruder entgleiten und sich Demokratie gelegentlich wieder stärker als freieres Spiel der Kräfte bewährt.
JF 47/16