Anzeige
Anzeige

Streiflicht: Die langen Badehosen

Streiflicht: Die langen Badehosen

Streiflicht: Die langen Badehosen

Wer_springt_als_erster-
Wer_springt_als_erster-
Streiflicht
 

Die langen Badehosen

Was läuft falsch in unserem Staat? Während einerseits die Gängelei des Bürgers ausgeweitet wird, wachsen andernorts Zonen der Anarchie. Von Dieter Stein
Anzeige

Wer_springt_als_erster-
Beckenrand: Souveränität notfalls mit unerbittlicher Härte durchsetzen Foto: Pixelio/Rainer Sturm

Wolfram Weimer, Gründer der Zeitschrift Cicero, steht jetzt am Ruder des Nachrichtenmagazins Focus. Diese Woche erschien das erste komplett von Weimer verantwortete Heft. Die neue Handschrift ist spürbar: Wie beim alten Cicero – der derzeit von Ex-Zeit-Herausgeber Michael Naumann mit Langeweile gegen die Wand gefahren wird – setzt Weimer auf personenzentrierte Geschichten über Macher und Typen.

Offenbar will Weimer auch vermehrt gesellschaftliche Debatten anstoßen, die durchaus konservativ gefärbt sind. Der Focus soll künftig wieder als Tendenzblatt gegen einen immer noch „im Zweifel linken“ (Augstein) Spiegel in Stellung gebracht werden.

So reitet der neue Chefredakteur in einem Aufsatz des aktuellen Hefts einen Parforceritt gegen den sozialdemokratisierten „Supernanny-Staat“: Die staatliche Gängelei des Bürgers werde ununterbrochen ausgeweitet. Glühbirnenverbot, Helmpflicht, Gender Mainstreaming – das Land werde von einem politisch-korrekten „Kontrolldschungel“ überwuchert, einem alles terrorisierenden Staat, der auf den sanften Pfoten der „Fürsorge“ daherkommt.

„Bunte Republik Deutschland“

Und da ist Weimer beizupflichten. Geht die Entwicklung so weiter, werden Politiker am Ende Zwangsjackenpflicht einführen und die Gummizelle als den einzigen Ort preisen, wo Menschen gleichberechtigt glücklich werden können. Wir werden dazu Fahrradhelme tragen und Bio-Nahrung per Infusion aufnehmen.

Trotzdem wachsen in diesem immer totaler werdenden Staat merkwürdigerweise Zonen der Anarchie, verrotten die öffentlichen Räume. So berichten Lokalzeitungen der Hauptstadt beispielsweise, wie Freibäder im Chaos versinken. In den Brennpunkten der vom neuen Bundespräsidenten besungenen „bunten Republik Deutschland“ wollen sich junge „Südländer“ partout nicht an die Hausordnung halten.

Gerade erst mußte ein Neuköllner Freibad nach einer Massenschlägerei zwischen „konkurrierenden Familienclans“ geräumt werden. Die Anarchie fällt aber nicht vom Himmel. So beklagt der Sprecher der Berliner Bäderbetriebe, „eigentlich verbotene“ knielange „Bade“-Hosen verursachten einen erhöhten Wasserverlust von täglich 10.000 Euro Mehrkosten. Die bei „Migranten“ beliebten „Beutelhosen“ faßten drei Liter – „normale“ und zudem hygienische Badehosen nur 300 Milliliter. Lächerliches Beispiel? Im kleinen fängt es an.

Paradies der Freiheit

Der „Supernanny-Staat“ gängelt eben nicht alle. Während Ordnungshüter in ethnisch ruhigen Stadtteilen Knöllchen verteilen, zieht sich der Staat aus anderen Zonen feige zurück. Deshalb ist Weimer zu widersprechen, wenn er „angelsächsisches Freigeben“ preist und „Bismarck-Deutschland“ als Hort der Unfreiheit anprangert.

Preußen-Deutschland war verglichen mit dem Tugendwächterstaat von heute ein wahres Paradies der Freiheit. Ideal: Ein möglichst abwesender Staat – dort aber, wo staatliche Autorität auftritt (öffentliche Einrichtungen, innere Sicherheit), setzt sie  sich mit stiller Souveränität, notfalls mit unerbittlicher Härte durch. Und sei es bei der Frage, welche Kleidung im Freibad zu tragen ist.    

JF 29/10

Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag

ähnliche Themen
Hierfür wurden keine ähnlichen Themen gefunden.