80 Jahre danach: So profan wird das Auschwitz-Gedenken mißbraucht

Das Vernichtungslager Auschwitz auf einem Transparent bei einer Anti-AfD-Demo in Koblenz: Für Linke ist der 27. Januar eine Gelegenheit, gegen Rechts zu demonstrieren. Fotos: picture alliance/dpa | Thomas Frey /// privat JF-Montage

80 Jahre danach

So profan wird das Auschwitz-Gedenken mißbraucht

Kommentar

27. Januar 2025

Autor: Thorsten Hinz

10 Kommentare

Eigentlich soll der Jahrestag der Auschwitz-Befreiung ein Tag des stillen Gedenkens sein. Doch die Politik betreibt mit dem Symbol des Holocausts ein plumpes Tagesgeschäft – weil sie zu nichts anderem fähig ist. Ein Kommentar von Thorsten Hinz.

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Kommentare

Gottfried Hermann Spieth sagt:

28. Januar 2025 um 0:43 Uhr

Interessant die Begleitumstände des Gailinger Schüler-Theaters heute zum 27. Januar: Das rednerische Rahmenprogramm, dargeboten von örtlichen Honoratioren, war geschichtlich lehrreich, beinhaltete aber auch die aufgesetzt wirkende Formel von der „Singularität“ des „im deutschen Namen vollbrachten“ Holocaust. Vielleicht geht es derzeit (noch) nicht ohne diese pflichtschuldigen Worte? Sie wirken wegen Übergebrauchs fast schon floskelhaft, als wären es auswendig gelernte, nicht verinnerlichte Begriffe. Jedenfalls die Stimmung während der Vorführung war offen, lebendig, erwartungsfroh – und gerade nicht bußfertig. Von religiöser Reue und Ergriffenheit keine Spur. Hernach wurde intensiv Beifall gespendet und die jugendlichen Schauspieler standen prächtig im Foto- und Selfie-Gewitter. Das traurige Geschehen der 1930er war zwar omnipräsent, stand aber emotional nicht so prägnant im Mittelpunkt, wie Volkspädagogen es erwarteten. Es dominierte nicht der historische Jammmer, sondern die aktuelle Freude über die schauspielerischen Leistungen. Ist das der von Hinz beschriebene Paradigmenwechsel, durch die derzeitige Antikolonialismus-Debatte verursacht, der den Übereifer der 1990er reduziert?
Gottfried Hermann Spieth sagt:

28. Januar 2025 um 0:05 Uhr

Heute aus Anlass des 27. Januar im Nachbarort Gailingen – einem ehemals stark jüdisch geprägten badischen Dorf am Hochrhein – zur Theateraufführung gewesen, dargeboten von der Theater-AG des Singener Hegau-Gymnasiums. Thema: Die Jugend-Tagebücher von Heinz Heilbronn (1920-1972), die er von 1932 bis zu seiner Emigration 1938 verfasste. Interessant die Zwischentöne, die die jugendlichen Schauspieler eins zu eins herüberbrachten, obwohl nicht ganz politisch korrekt: So schreibt Heinz Heilbronn mit Hochachtung von seinen deutschnationalen Lehrern an der Singener Oberrealschule, die ihn, den jüdischen Jungen, vor der ganzen Klasse in Schutz nahmen – wobei sich der Lehrer auf ein beschwichtigendes Dekret aus dem Berliner oder Karlsruher Kultusmininsterium berufen habe, das einen primitiven Antisemitismus in Schulhof und Klassenzimmer untersagt habe. Heilbronn beschreibt den damaligen Gailinger Bürgermeister als offen für gewisse Kooperation mit der jüdischen Seite, aber dann doch den Sachzwängen der damaligen Großwetterlage erlegen. Interessant auch die Darstellung der vielen lebensweltlichen Bezüge zwischen dem katholischen und jüdischen Teil Gailingens noch bis 1938. Viele Grautöne.
Epouvantail du Neckar sagt:

27. Januar 2025 um 14:48 Uhr

Die türkischstämmige Landtagspräsidentin Muhterem Aras hat heute im baden-württembergische Landtag dieses Thema gekapert um damit subtilen Wahlkampf gegegen die AfD zu inszenieren ohne den Parteinamen dezidiert auszusprechen.
K. Twiel sagt:

27. Januar 2025 um 14:39 Uhr

Den „Sündenbock“ vertreiben bei den Juden, das Bad zur Abwaschung von Schuld im Ganges der Inder, die Beichte der Christen – gemeint ist immer die eigene, die personale Schuld.
Die Beichte der Schuld anderer wird zumindest in christlichen Kirchen nicht akzeptiert.
Wie ist es in der Politik? Als ein polnischer Staatschef nach Moskau reiste, ging er über Katyn. Bereits im Sandkasten wird das Spielzeug besetzt und „du bist schuld“ gerufen. Das geschieht eher selten uneigennützig.
Wir wissen nicht, um was wir in rechter Gesinnung beten sollten, sagt der Apostel Paulus. Bei Schuld liegt der Fall klarer. Aber da hätte ich noch eine Frage: In welcher Statistik werden die Juden genannt, die von Stalin gezielt zwischen 1948 und 1953 ermordet wurden? Montefiore sprach in seinem Buch „Stalin“ von 400 000 bis 800 000.
Widerstandsgewächs sagt:

27. Januar 2025 um 13:29 Uhr

Im Moment läuft im Fernsehen ZDF Info Menschenjagd, die Wahrheit über den Holocaust, dort sind Standbilder dabei, die eindeutig die Zuarbeit bewaffneter Ukrainer zum Massenmord zeigen! Ist das aufgearbeitet? Aber es ist wichtig, diesen Typen, die bis vor kurzem eins der korruptesten Systeme Europas darstellten, die die Russen in der Osrukraine verfolgten, die Spaltung der ukrainischen Nation auf Grund von Neonationalismus und Gier voran trieben, die unsere Infrastruktur sprengten erneut mit Waffen zu versorgen! Warum dürfen Ukrainer zu Lasten der Deutschen eine brutale und menschenfeindliche Idenditätspolitik betreiben? Wer das unterstützt, macht sich mitschuldig!
Widerstandsgewächs sagt:

27. Januar 2025 um 13:18 Uhr

Selbstverständlich muss ewig an die Verbrechen, Auschwitz und die Judenverfolgung erinnert werden. Aber warum wird nicht im gleichen Maße an die Verbrechendes Kommunismus erinnert? Weil die Paralellen mit Heute erschreckend sind! Zudem möchte ich daran erinnern, dass wir den Nachfahren deren die uns die Juden von Kiew zutrieben, heute schon Waffen und Support liefern! Mir ist keine Aufarbeitung der Mitveranwortung der Ukrainer am Holocoust bekannt!
Leo Naphta sagt:

27. Januar 2025 um 12:28 Uhr

In der Thüringischer Allgemeinen am 25.1.2025 Seite 1: KZ Überlebende warnen Landtag . Gemeint war die Wahl eines Vizepräsidenten aus der AfD, hier:
https://www.thueringer-allgemeine.de/politik/article408152394/thueringer-landtag-kz-ueberlebende-gegen-afd-vize.html
Holocaust Verharmloser als Landtags-Vize. Von Prof. Wagner von der Gedenkstätte Buchenwald, hier:
https://www.pressreader.com/germany/thuringische-landeszeitung-weimar/20250124/281552296531443?srsltid=AfmBOor5uvcbJe4KT9TZuItBDCIYfdMBuORkuqXscipUHUeIvIXOoyTN
Dann noch ein Kommentar in der heutigen Thüring. Landeszeitung auf Seite 1 zum Gedenken: „Die Mahnung“ von Elena Rauch, der beginnt: „Sieben Tonnen Menschenhaar. Zehntausende Paar Schuhe.“ Noch Fragen, Kienzle hieß es in der Sendung von U Kienzle und Bodo Hauser, wo es Diskussionen gab…
Hellerberger sagt:

27. Januar 2025 um 11:21 Uhr

Zum Schluß verliert Thorsten Hinz ein bißchen den Faden. Von Anfang an hatte der stete Bezug auf die NS-Zeit, der über den Deutschen schwebt, nie das Ziel oder die Ernsthaftigkeit, ein erneutes „Auschwitz“ zu verhindern. Die Shoa war nur eingebettet in ihrer Zeit möglich, wozu der bis heute streng tabuisierte oder umgedeutete Ausgang des 1. Weltkrieges zählt, der, nach der sog. „Fischer-Debatte“, in Deutschland ebenfalls mit einem strikten Tugend-Regime überzogen wurde. Somit blieb nichts anderes, als in Auschwitz die unmittelbare Selbstverwirklichung der Deutschen und des Deutschtums zu sehen. Das aber schuf erst die Grundlage zur Schuldkultur in BRD, DDR und Berliner Republik, die aber nie ein neues Auschwitz verhindern sollte, sondern die Deutschen in ihrer postnationalen Zwangsjacke einzusperren – wo sie alle Europäer liebend gerne sahen und sehen. Freigegeben zur Ausplünderung als stete Buße. Mit dem unvermeidlichen Exitus der Zeitgenossen wird die Befassung mit der NS-Zeit verrauchen, sie tut es bereits, durch die zunehmende demographische Orientalierung Deutschlands. Mit jedem Jahr wird daher das Gedenken gespenstischer.
1. Gottfried Hermann Spieth sagt:
  
  27. Januar 2025 um 23:22 Uhr
  
  Danke, lieber Hellerberger, für Ihren luziden Kommentar zum Hinz-Kommentar. Sie sprechen WK I an: spielten für dessen Ausgang das Sykes-Picot-Abkommen von 1916 und vor allem die Balfour-Declaration von 1917 eine größere Rolle, als gemeinhin angenommen? Anders gefagt: Was war die Gegenleistung der zionistischen Weltgemeinschaft für die von Angelsachsen und Franzosen in Aussicht gestellte Teilung Palästinas? Ist etwas Wahres dran an der These, einflussreiche internationale Wirtschaftskreise seien mit der vollen Kraft des Weltkapitalismus erst seit 1917 endgültig zu Bundesgenossen der Entente geworden, nachdem sie vorher auf beiden Seiten gleichmäßig viel Wasser getragen hätten? Wenn dem so gewesen wäre, hätte die Dolchstoßlegende einen rationalen Kern – aber anders, als man es sich gemeinhin vorstellt. Der gegen das Reich gereichtete Dolchstoß wäre dann von der oekonomischen Welt-Elite gekommen, die bis 1916 und 1917 dem deutschen und österreichischen Kaisserreich noch durchaus gewogen gewesen sei.
Otto Normal sagt:

27. Januar 2025 um 11:12 Uhr

Ich finde, das Gedenken an den Holocaust sollte allen eine Mahnung sein, endlich von der unseligen Identitätspolitik abzulassen, ob wie einst braun oder wie heute linksgrün.

Das stete Schüren von Ressentiments gegen Juden mündete in den Holocaust, das stete Schüren von Ressentiments gegen Weisse (Männer) in unregulierter Massenzuwanderung kulturfremder junger Männer in die deutschen Sozialsysteme mit all den Kollateralschäden, von denen wir alle paar Wochen die Spitze des Eisbergs sehen, zu deren Breitenwirkung die Kriminalstatistiken Auskunft geben und deren mittelfristige Folgen in Schweden, Frankreich und Belgien zu besichtigen sind.

Nicht biologische Merkmale sind relevant, sondern gemeinsame Grundwerte, gegenseitier Respekt und die die Bereitschaft zum fairen Geben und Nehmen in einer Gesellschaft.

P.S.: Erinnert sei in diesem Kontext auch an Martin Walsers Rede in der Paulsirche 1998.
https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Walser#Paulskirchenrede_1998