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Wehrpflicht-Debatte: Deutschland muß wieder eine Heimat werden, die man verteidigen will

Wehrpflicht-Debatte: Deutschland muß wieder eine Heimat werden, die man verteidigen will

Wehrpflicht-Debatte: Deutschland muß wieder eine Heimat werden, die man verteidigen will

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jan Nolte plädiert für eine Wehrpflicht in Deutschland.
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jan Nolte plädiert für eine Wehrpflicht in Deutschland.
Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jan Nolte plädiert für eine Wehrpflicht. Foto: picture alliance/dpa | Andreas Arnold
Wehrpflicht-Debatte
 

Deutschland muß wieder eine Heimat werden, die man verteidigen will

Die Wehrpflicht hat in der AfD breite Unterstützung – doch es braucht auch die richtigen Rahmenbedingungen. Und vor allem: den richtigen Patriotismus in Deutschland. Ein Gastbeitrag des AfD-Verteidigungsexperten Jan Nolte.
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Die AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag hat die Einbringung ihres Antrages zur Wiedereinführung der Wehrpflicht vorerst verschoben. Die Wehrpflicht als solche hat aber breite Unterstützung in Partei und Fraktion. In einer Mitgliederbefragung zur Bundestagswahl sprachen sich 71,5 Prozent unserer Mitglieder für diese aus. Das Thema wird dementsprechend auch in unserer kommenden Fraktionsklausur im Februar wieder auf die Tagesordnung kommen.

Zu den Gründen des aktuellen Debattenstands innerhalb der AfD kann man viel sagen. Festzuhalten ist da zunächst, daß wir nun mal in der Opposition sind. Die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht hätten wir so ohnehin nicht bewirkt, da man uns grundsätzlich nicht zustimmt. Wir hätten also gar nicht den beabsichtigten Erfolg unseres Antrages erreicht, sehr wohl aber mit möglichen negativen Nebeneffekten, wie der Verunsicherung mancher Wähler, zu kämpfen gehabt. Insbesondere in Sachsen-Anhalt kommt es derzeit auf jedes Prozent an.

Um eines klarzustellen: Kein Deutscher kann gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst gezwungen werden. Nicht in Deutschland und erst recht nicht in der Ukraine oder sonst wo. Die Frage ist, ob man das jedem vermitteln hätte können. Das war dann auch die Abwägung, die zu treffen war. Wobei ich nicht verhehlen will, daß ich die Wirkung auf unsere Wähler eher positiv eingeschätzt hatte und persönlich für eine rasche Einführung der Wehrpflicht bin, um die jahrelangen Personalprobleme der Bundeswehr zu beheben.

In Deutschland läge der Sinn von Wehrpflichtigen im Aufbau der Reserve

Trotzdem ist es absolut statthaft, das anders zu sehen. Es wäre auch Unsinn, so zu tun, als sei die AfD die einzige Partei ohne Strömungen mit unterschiedlichen Haltungen zu bestimmten Themen. Wir sehen das ja in der SPD: Pistorius hätte wohl gerne eine richtige Wehrpflicht, seine Partei aber nicht (JF berichtete). Daher der Mittelweg mit der Freiwilligkeit.

Kein Argument gegen die Wehrpflicht ist es allerdings, daß sie mehrheitlich von denen befürwortet würde, die es gar nicht beträfe, da sie zu alt seien. Das ist Unsinn. Diese Generation hat 18 Monate lang gedient, und zwar unter Bedingungen, die heute zu empörten Sondersitzungen des Verteidigungsausschusses führen dürften. Auch daß der hohe Stand der Technik Wehrpflichtige überflüssig mache, ist falsch. Man schaue sich die Türkei, Rußland oder China an, die auf einem hohen technischen Niveau ausgerüstet sind und dennoch die Wehrpflicht haben.

In Deutschland läge der Sinn von Wehrpflichtigen im Aufbau der Reserve. Jeder ausscheidende Wehrpflichtige kommt automatisch für sechs Jahre in die Grundbeorderung, wird also auf einen Dienstposten eingeplant, den er im Verteidigungsfall besetzen würde. Zusätzlich würden sich einige Wehrpflichtige freiwillig weiter verpflichten und so die Bundeswehr vergrößern. Ein Wehrpflichtiger mit sechsmonatiger Dienstzeit ist im Grunde ein umfassend ausgebildeter Sicherungssoldat. Solche Leute schickt man auch aus militärischen wie innenpolitischen Erwägungen an keine Front. Wenn doch, dann stünde ohnehin der Fortbestand der Nation auf dem Spiel.

Vorräte können wir kaum anlegen

Was sind nun die nächsten Schritte? Ich finde, daß wir ein schlüssiges, verteidigungspolitisches Konzept brauchen, das sich nicht bloß an irgendeiner Nato-Prozentzahl ausrichtet. Warum 3,5 Prozent? Und wenn man sich dagegen wehrt, warum dann an zwei Prozent festhalten? Das ist doch irrational.

Am Ende geht es um Fähigkeiten. Wenn 260.000 Soldaten oder bestimmte Nato-Fähigkeitsziele ausgegeben werden, steht dahinter das „Capability Development Planning“ von Nato und EU. Das sind aber ziemliche Blackboxes. Als Opposition kann es nicht damit getan sein, die Regierung am Erreichen irgendwelcher Prozentzahlen oder an 260.000 Soldaten zu messen. Ich will die Frage beantworten können, ob diese Anzahl überhaupt richtig ist. Wie viel Politik steckt in diesen Zahlen? Was das anbelangt, versuche ich gerade in der Bundeswehr Informationen zu erhalten, die mich als Abgeordneter wenigstens ein Stück weit in die Lage versetzen, das sauber zu bewerten.

Außerdem müssen wir uns in Richtung einer strategischen Autonomie in Europa entwickeln. Viele rüstungswichtige Rohstoffe kommen aus China oder werden dort verarbeitet. Vorräte können wir kaum anlegen, da China zu wenig Exporte zuläßt. Es muß daher verstärkt daran geforscht werden, diese Rohstoffe gegebenenfalls substituieren zu können. Unsere Streitkräfte müssen interoperabel sein. Es gilt, wichtige Fähigkeiten des Rüstungsbaus in Europa zu halten. Wenn etwa der Bau des Kampfflugzeuges der sechsten Generation (FCAS) wirklich scheitert, muß überlegt werden, wie wir in Europa das Know-how, moderne Kampfflugzeuge zu bauen, behalten können.

Es braucht wieder einen gesunden Nationalstolz

Ein weiterer wichtiger Punkt, den nur die AfD lösen kann, dem allerdings nicht mit einem Gesetz beizukommen ist, ist die Verteidigungsbereitschaft der Bevölkerung. Das politisch-mediale Establishment sendet Patrioten, die naturgemäß eine hohe intrinsische Motivation hätten, ihre Heimat zu verteidigen, ja seit Jahren die Botschaft: „Dieser Staat will euch nicht! Ihr seid Abgehängte, Fremdenfeinde, Dunkeldeutsche.“ Ich sehe es als meine politische Aufgabe an, die Menschen dennoch zum Dienst in der Bundeswehr zu bestärken. Ich kann vor diesem Hintergrund aber auch nachvollziehen, woher Frust und Entfremdung kommen. An der Identifikation mit der Heimat geht sowas nicht spurlos vorbei.

Deshalb braucht es wieder einen gesunden Nationalstolz, der die deutsche Leitkultur stärkt und die Identifikation mit dem eigenen Land fördert. Derzeit wandern jedes Jahr viele tausend Deutsche freiwillig aus, was ein deutliches Warnzeichen dafür ist, daß unser Land vielen fremd geworden ist. Auch deshalb muß Deutschland wieder eine Heimat werden, in der man nicht nur gerne wohnen bleibt, sondern für die man in der Stunde der Not im Schützengraben das Leben riskieren würde. In einem solchen Land dürfte die Bundeswehr dann auch deutlich weniger Schwierigkeiten haben, freiwillige Rekruten zu finden.

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Jan Nolte ist Bundestagsabgeordneter der AfD und Oberbootsmann a.D.

Der AfD-Bundestagsabgeordnete Jan Nolte plädiert für eine Wehrpflicht. Foto: picture alliance/dpa | Andreas Arnold
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