Mehrfach in den vergangenen Tagen wurde uns empfindlich vor Augen geführt, wie schwach unser Staat politisch und militärisch dasteht. Trotz widriger Realitäten wohnt der deutschen politischen Klasse jedoch eigenartigerweise eine weltweit verblüffende Überheblichkeit inne. Diese speist sich dialektisch aus stolz zelebrierter historischer Dauerzerknirschung und gleichzeitig ungetrübt um so größerem moralischem Größenwahn.
Die von russischen Nachrichtendiensten abgehörte und in Moskaus Propagandakanälen punktgenau publizierte Unterredung hochrangiger deutscher Luftwaffenoffiziere zur Frage des Marschflugkörpers Taurus stößt uns mit der Nase darauf: Wir haben nicht nur sicherheitsrelevante Kommunikation nicht im Griff, nehmen die militärische Abwehr nicht ernst, unterschätzen unsere Gegner – unsere politische Führung ist vor allem durch diese peinliche Enthüllung erkennbar leicht unter Druck zu setzen. Der glücklosen Ampel-Regierung, ohnehin demoskopisch im freien Fall, schwindet der Rückhalt für die Unterstützung der Ukraine. Putin muß nur noch den Finger in die offene Wunde legen.
Taurus-Leak offenbart Schwäche Deutschlands
Wenige Tage zuvor demonstrierten Bundeskanzler Scholz und der französische Präsident Macron, wie führungslos die Europäische Union ist und welche gefährliche Unwucht die Achse Paris-Berlin hat. Während Scholz glaubt, Pluspunkte zu sammeln, indem er den Franzosen kleinkariert öffentlich vorrechnet, Deutschland überweise mehr Geld und Rüstungsgüter an die Ukraine als Frankreich, revanchierte sich Macron aus ähnlichem innenpolitischen Kalkül damit, die ängstlichen Deutschen mit Gedankenspielen über den Einsatz von Truppen in der Ukraine zu piesacken. Eine blamable Bloßstellung europäischer Uneinigkeit – den interessierte Dritte ebenfalls auszunutzen und zu verstärken wissen.
Auch bei diesem Disput tritt in alarmierender Weise Unvermögen und Unwillen der deutschen Politik zutage, Führung in Europa gemeinsam zu organisieren. Jenseits der Frage, wie weit die militärische Unterstützung der Ukraine reichen und wann eine diplomatische Lösung einsetzen soll: Im Zentrum Europas liegt anstelle eines souveränen Stabilitätsankers ein politisch-militärisches Vakuum: ein Staat, dessen Eliten glauben, sich unverändert weigern zu können, eine Nation zu sein, nationale Interessen zu formulieren und vor allem ernstzunehmende militärische Macht zu organisieren – Deutschland.
Solange deutsche Politik nicht mit der ernsten Anstrengung untersetzt ist, militärisch wieder Gewicht in die Waagschale zu bringen, breite Wehrbereitschaft zu aktivieren – und übrigens auch robust Grenzen zu schützen, bleiben wir erpreßbar. Durch jeden, der uns seinen Willen aufzwingen will.