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Absurde Maßnahmen, Edeka und Kirche mit Haltung: Kaisers royaler Wochenrückblick

Absurde Maßnahmen, Edeka und Kirche mit Haltung: Kaisers royaler Wochenrückblick

Absurde Maßnahmen, Edeka und Kirche mit Haltung: Kaisers royaler Wochenrückblick

Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick.
Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick.
Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick Foto: picture alliance/imageBROKER / JF-Montage
Absurde Maßnahmen, Edeka und Kirche mit Haltung
 

Kaisers royaler Wochenrückblick

Herbert Reul will nach dem Terroranschlag von Solingen mehr Messerverbotszonen, Edeka hat das Internet nicht verstanden, und die Katholische Amtskirche spricht Wahlempfehlungen aus. Boris T. Kaiser blickt zurück.
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Es war die Woche der fragwürdigen Ideen und unsinnigen Argumente. Der nordrhein-westfälische Innenminister, Herbert Reul, hat der Öffentlichkeit in dieser Woche seine Vorstellungen davon unterbreitet, wie der Staat der dramatisch gestiegenen Anzahl der Messerangriffe in Deutschland entgegentreten könnte. Nachdem die Politik uns in der Vergangenheit bereits mit so praxisfernen Vorschlägen wie den „allgemeinen Waffenverbotszonen“ beglückt hat, schlug der CDU-Mann aus Langenfeld nun vor, daß man den Tätern doch einfach „auf dem kleinen Dienstweg“ den Führerschein entziehen könne.

Das dürfte großen Eindruck machen auf all die „jungen Männer“, die in vielen Fällen nicht einmal in Besitz eines gültigen Reisepasses sind – und die im Internet bereits gelernt haben, daß man, um einen LKW in einen Weihnachtsmarkt hineinzusteuern, zwar in jedem Fall Sprit, aber nicht unbedingt eine Fahrerlaubnis benötigt.

Laut Reul habe der Drang, sich mit einem Messer zu bewaffnen, auch etwas mit Männlichkeitsgehabe zu tun. „Mit dem Messer mag sich mancher stärker und unbesiegbarer in der dunklen Nacht fühlen. Dieses mittelalterliche Bild von Männlichkeit tut unserer Gesellschaft nicht gut,“ sagt der Politiker von der Partei, die wesentlich für die Mittelalter-Atmosphäre in den deutschen Städten verantwortlich ist. Immerhin gab der Innenminister von Nordrhein-Westfalen bei der Vorstellung des Lagebildes „Gewalt im öffentlichen Raum – Tatmittel Messer in Nordrhein-Westfalen 2019 bis 2023“ zu, daß Ausländer, gemessen an ihrem Anteil in der Bevölkerung, überproportional häufig vertreten sind.

Edeka blamiert sich

Neben dem „kleinen Dienstweg“ für den Führerscheinentzug schlug Reul deshalb, als geeignetes Mittel gegen die neuen rauhen Sitten auf unseren Straßen, auch Präventionsarbeit in Flüchtlingsunterkünften vor. Vielleicht muß man den Neuankömmlingen es ja nur noch einmal etwas genauer erklären, daß man in Deutschland, auch wenn man noch so wütend und frustriert ist, nicht einfach wild mit dem Messer um sich stechen darf. Außerdem schlug er mobile Videoüberwachung und eine strategische Fahndung vor. Bisher fahnden die Polizeibeamten offenbar eher intuitiv, wenn die festinstallierten Videokameras etwas Auffälliges eingefangen haben, das sie in irgendeine Richtung triggert.

Als deutscher „Konservativer“ kommt natürlich auch der CDU-Minister nicht darum herum, weiter Waffenverbotszonen zu fordern, in denen rechtstreue Bürger den bewaffneten Kriminellen dann völlig wehrlos ausgeliefert sind. So naiv wäre im ersten europäischen Mittelalter wohl tatsächlich noch kaum jemand gewesen.

Den Vogel – oder in diesem Fall eher den Apfel – in Sachen Dummheit haben in dieser Woche aber die Werbestrategen der Supermarktkette Edeka abgeschossen. In großflächigen Anzeigen, in mehreren deutschen Zeitungen und vor allem in den sozialen Netzwerken, warnte das Unternehmen seine (Noch-)Kunden „indirekt“ davor, die AfD zu wählen. Das Ganze mit einer Begründung aus der Obstabteilung, die die Vermutung nahelegt, daß die Entwickler der Kampagne ganz gerne einmal von den vergorenen Früchten des Lebensmittelhändlers naschen.

Aber was ist mit der Farbe Rot?

„Die Evolution“ habe uns gelehrt: „Blau ist keine gute Wahl“, heißt es in der Anzeige, in der uns die „bunte Vielfalt“ in der Obst- und Gemüseabteilung von Edeka anhand von zahlreichen Fotos von Tomaten, Gurken, Bananen, Kirschen, Erdbeeren, Paprikas – und vielem, was sonst noch irgendwie in den Farben der derzeit herrschenden Regierungskoalition daher blüht – vor Augen geführt wird. Auch einige lilafarbene Gewächse sind dabei.

„Warum bei Edeka Blau nicht zur Wahl steht“, erklärt uns der Großkonzern, der Lebensmittel und Corona-Impfungen liebt, damit, daß blaue Lebensmittel „Warnhinweise der Natur“ seien, die uns sagen sollten: „Achtung! Ich könnte unverträglich sein!“ Daß ähnliches durchaus auch für die Farbe Rot gelten kann, hatten die Fliegenpilz-Freunde aus der Marketingabteilung der ehemaligen Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler im Halleschen Torbezirk zu Berlin, beim Verpacken ihrer in ihren Augen wohl brillanten Werbeidee, offenbar nicht mehr auf dem Schirm. Dafür aber, daß „die Blauen“ in Deutschland „schon heute die größte Bedrohung einer vielfältigen Gesellschaft“ sind, wie sie in der Anzeige schreiben.

Wirres Geschreibsel statt einer Entschuldigung

Damit auch wirklich jeder versteht, worum es bei dem aufgeladenen evolutionspolitischen Geschreibsel des Supermarktriesen geht, werden die Verfasser des Textes am Ende noch ein bißchen präziser: „Laßt uns also zu den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September die Warnhinweise richtig lesen – und für ein verträgliches Miteinander sorgen. Denn: Wir lieben Vielfalt“, heißt es in dem farbentraurigen Nichtwahlaufruf der Handelskette, mit dem sie ihre (Noch-) Kundschaft vor der blauen Gefahr zu warnen versucht – und an dessen Ende das fette blaue Edeka-E prangt.

Die Anzeige liest sich wie ein Social-Media-Post von jemandem, der schon sehr lange wach ist – und sich in etwas hineingesteigert hat, von dem er in diesem Moment glaubt, daß er es der Welt dringend einmal mitteilen müsse. Eines dieser rauschhaft niedergeschriebenen Statements, das seinem Urheber, in ausgeschlafenem Zustand, wenn er die unzähligen Kommentare der Leute liest, die sich in seiner Schlafenszeit angesammelt haben – und die ihn (wie er eigentlich längst weiß, zurecht) darauf hinweisen, daß das, was er da so fabriziert hat, bei nüchterner Betrachtung wenig Sinn ergibt, zwar selber peinlich ist, das er aber dennoch weiter verteidigt, weil er einfach nicht zugeben will, daß er zu dem Zeitpunkt, zu dem er das Posting rausgehauen hat, in keinem allzu guten Zustand war.

Bätzing schwört das Wahlvolk ein

Auch der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hatte kurz vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen übrigens noch einmal die „brillante“ Idee, die Menschen davor zu warnen, die AfD zu wählen. In welchem Zustand der Geistliche dabei war, vermag ich nicht zu beurteilen; seine Aussagen zeugen aber zumindest nicht gerade von der christlichen Gelassenheit, die man von einem katholischen Würdenträger eigentlich erwarten sollte.

Eher schon haben sie etwas von der hysterischen Aufgeregtheit eines Predigers irgendeiner Weltuntergangssekte, der seiner Gefolgschaft einschärft, daß sie das Ende allen menschlichen Lebens auf der Erde, so wie sie es kennen, nur verhindern könnten, indem sie genau das machen, was er ihnen sagt. „Diese Partei will unser demokratisches, freiheitliches System umstürzen. Davor muß ich Christinnen und Christen warnen“, verkündete der Limburger Bätzing-Bub in einem Interview mit dem Tagesspiegel. Die klare Botschaft des Bischofs an die Wahl-Schafe: „Rechtsextremistische Parteien wie die AfD in Thüringen sind für Christinnen und Christen nicht wählbar.“ Man darf gespannt sein, ob da mal nicht einer am Sonntag sein blaues Wunder erlebt …

Vorhang auf für Boris T. Kaisers Wochenrückblick Foto: picture alliance/imageBROKER / JF-Montage
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