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Innere Sicherheit: Polizeinotstand zerstört Vertrauen

Innere Sicherheit: Polizeinotstand zerstört Vertrauen

Innere Sicherheit: Polizeinotstand zerstört Vertrauen

Angehende Polizisten heben die Hand bei ihrer Vereidigung.
Angehende Polizisten heben die Hand bei ihrer Vereidigung.
Angehende Polizisten bei ihrer Vereidigung: Es müßten mehr sein Foto: picture alliance/dpa | Paul Zinken
Innere Sicherheit
 

Polizeinotstand zerstört Vertrauen

Wo bleibt der Polizeinachwuchs? Viele Bewerber erfüllen schlicht nicht mehr die Anforderungen für den Beruf. Auch schrecken das medial befeuerte schlechte Image und die Belastung ab. Das kann fatale Folgen haben. Ein Kommentar von Laila Mirzo.
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Stellen Sie sich vor, sie wählen den Notruf der Polizei, aber niemand hebt ab. Dies kann passieren, wenn es ein hohes Anruferaufkommen gibt oder die Telefonzentrale wegen Personalmangels unterbesetzt ist. Oder Sie müssen in einer Notsituation eine Stunde auf die Einsatzkräfte warten, weil die Beamten noch woanders eingebunden sind und keine freie Streife verfügbar ist.

Eine gut ausgebildete und ausgestattete Polizei ist das Rückgrat der inneren Sicherheit, doch der Personalmangel verschärft sich immer mehr. Dabei ist jede Minute, in der man auf Hilfe wartet, für die Betroffenen die Hölle und für die Täter ein Geschenk.

Gerade in Berlin ist die Lage sehr angespannt. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) klagt über akute Nachwuchsprobleme. 1.200 neue Auszubildende braucht die Hauptstadt jedes Jahr, um den Stand von knapp 19.000 Polizisten zu halten, denn jährlich gehen rund 750 bis 800 Beamte in Pension. Dabei scheitert die Rekrutierung von neuen Einsatzkräften nicht am Mangel an Bewerbern, sondern an deren Eignung und Qualifikation. Ein Großteil der Interessenten ist schlichtweg zu unsportlich für den Polizeidienst oder fällt wegen unzureichender Deutschkenntnisse bei den Prüfungen durch. Dazu kommt, daß etwa jeder sechste Polizeianwärter im Laufe der Ausbildung hinschmeißt.

Berlin will Polizisten mit Migrationshintergrund

Was besonders aufhorchen läßt, sind die mangelhaften Deutschkenntnisse. Berlin ist für seinen hohen Migrationsanteil bekannt, Sprachdefizite in diesen Teilen der Bevölkerung sind daher wenig verwunderlich. Bisher dachte ich, wer sich für den Polizeidienst bewirbt, muß die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen… falsch gedacht! Die Staatsbürgerschaft ist kein Ausschlußkriterium, sogar Menschen aus Nicht-EU-Länder können sich unter bestimmten Voraussetzungen bewerben. Wer im Besitz einer gültigen Niederlassungserlaubnis ist und mindestens fünf Jahre in Deutschland lebt, seine – wohlgemerkt – eigene Muttersprache beherrscht, hat Chancen auf eine deutsche Beamtenlaufbahn.

Im Zeichen der gelebten Vielfalt legt die Berliner Polizei großen Wert auf Polizisten mit Migrationshintergrund. Gegenwärtig haben etwa 38 Prozent der Mitarbeiter eine „migrantische Familiengeschichte“. Natürlich ist es in Berlin von großem Vorteil, arabische oder türkische Sprachkenntnisse zu haben. In Konfliktsituationen kann die Ansprache in der jeweiligen Muttersprache deeskalierend und vertrauensschaffend wirken. Wenn der Beamte nach dem Einsatz aber nicht in der Lage ist, den Bericht in korrektem Deutsch zu verfassen, ist dies eher suboptimal.

Polizeiberuf leidet unter schlechtem Image

Das Problem mit dem Nachwuchs hat allerdings nicht nur die Berliner Polizei. Bundesweit fällt es immer schwerer, geeignete Anwärter zu rekrutieren. Gründe dafür sind unter anderem der Trend zur ausgewogenen „Work-Life-Balance“, eine gesunkene Bereitschaft, vollen Einsatz zu erbringen und Verantwortung zu übernehmen, so ein befreundeter Polizei-Fortbilder aus Bayern.

Nicht unerheblich ist auch die Reputation des Berufs. Linke Politiker und Journalisten pflegen förmlich das Bild einer übergriffigen und gewaltbereiten Polizei. Viele projizieren ihre Enttäuschung und ihren Frust über die aktuelle Regierungspolitik ebenfalls auf die Polizei. Das macht diesen mitunter gefährlichen Beruf nicht gerade attraktiv.

Personalmangel gefährdet Leben

Jedenfalls ist das Problem der Personalknappheit lange bekannt, der Berliner Senat konnte oder wollte die Situation bis jetzt nicht entschärfen. Vor zehn Jahren äußerte bereits der damalige GdP-Landesbezirksvorsitzende Michael Purper seinen Unmut: „Das ist das Resultat der völlig absurden Personalpolitik des Senats, die da lautet: Einsparen, bis es im wahrsten Sinne des Wortes brennt“.

Wenn es brennt, schwingen die Politiker große Reden und machen große Versprechungen – es ist am Wähler, eine kluge Entscheidung zu treffen. Denn eine dünne Personaldecke bei der Polizei kann Leben kosten, auf jeden Fall das Vertrauen in den Staat.

Angehende Polizisten bei ihrer Vereidigung: Es müßten mehr sein Foto: picture alliance/dpa | Paul Zinken
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