Es ist kein einfacher Besuch für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Moskau bei Rußlands Präsident Wladimir Putin. Ungeachtet der dramatischen Ereignisse in Afghanistan, die aktuell die Aufmerksamkeit der Weltpolitik auf sich ziehen, haben Deutschland und Rußland genug heikle Themen, die die bilateralen Beziehungen belasten. Der Umgang des Kremls mit dem Regierungskritiker Alexej Nawalny, der Ukraine-Konflikt und der endlose Streit um die Ostsee-Erdgaspipeline Nord Stream 2 sind einige Beispiele.
Neben Gesprächen beinhalten solche Reisen für Regierungschefs auch Termine, die man als Respektsbekundungen oder politische Gesten bezeichnen kann. Dazu gehören für deutsche Bundeskanzler in Ländern der früheren Kriegsgegner beider Weltkriege auch Besuche an Gedenkorten. So legte Merkel an diesem Freitag am Grabmal des unbekannten Soldaten im Alexandergarten am Kreml einen Kranz nieder. Dort erinnert Rußland an die gefallenen Sowjetsoldaten des Zweiten Weltkriegs.
Physische Präsenz ist eine Ressource
Solche Akte sind seit Jahrzehnten Bestandteil der diplomatischen Abläufe bei Besuchen in entsprechenden Staaten. Sie haben jedoch immer einen schalen Beigeschmack, wenn zugleich die Gelegenheit ausgelassen wird, die Gräber deutscher Soldaten zu besuchen und den eigenen Toten zu gedenken.
In diesem Fall böte sich ein Besuch des deutschen Kriegsgefangenenfriedhofes im Moskauer Stadtteil Ljublino an. Dort liegen die sterblichen Überreste von knapp 500 Soldaten der Wehrmacht. Die Anlage ist vom Kreml rund zehn Kilometer Luftlinie entfernt.
Wenn es ein Anliegen der Bundesregierung wäre, auch den eigenen Opfern von Krieg und Gefangenschaft zu gedenken, hätte sich ein Besuch inklusive Kranzniederlegung sicherlich arrangieren lassen. Doch physische Präsenz ist eine Ressource, mit deren Verwendung auch Botschaften vermittelt werden.