Kleine Unterhaltung auf den Fluren eines öffentlich-rechtlichen Senders: Der Kollege wird gefragt, ob es stimme, daß er für die Junge Freiheit schreibe. „Ja, warum nicht?“ – „Die sind doch ganz rechts.“ – „Und stehen voll unter dem Verfassungsbogen, so wie wir.“ – „Trotzdem, die lassen doch nur eine Meinung zu, so rechtsaußen.“ – „Da gibt es keine Zensur, die lassen mich schreiben, wie ich denke. Muß natürlich Fakten und Argumente bringen.“ – „Ja, aber der gute Name unseres Senders …“ – „Ich schreibe unter meinem Namen, und habe die Nebentätigkeit hier angemeldet.“
So geht es fünf Minuten lang, dann fragt der JF-Autor den kritischen Kollegen: „Hast du schon mal die Zeitung in der Hand gehabt?“ – „Nö.“ Die Szene ist symptomatisch für viele Redakteure öffentlich-rechtlicher Sender: Schwache Ahnung, aber starke Meinung. Und Hauptsache mitten im Mainstream treiben lassen, dann kommt man sicher bis zur Rente, und das lohnt sich – noch.
Es ist sicher nicht so, daß alle öffentlich-rechtlichen Journalisten links stehen. Aber der – zumeist rotgrüne – Meinungsdruck in vielen Redaktionen ist erheblich. Von Ausgewogenheit kann schon lange keine Rede mehr sein. Der Druck wird verstärkt durch die Aussicht auf sichere und überdurchschnittliche Renten, da lohnt das Mitschwimmen. Daß die Rentenproblematik für ARD, ZDF und Deutschlandfunk eine Systemfrage, mithin eine Existenzfrage ist, auch davon haben die meisten vermutlich nur eine leise Ahnung. Die Intendanten dafür um so mehr. Sie müssen die Bugwelle der Pensionen mit ihren Dickschiffen verdrängen, und wenn die Bugwelle wächst, kann es schnell sehr naß werden an Deck und in den warmen Kabinen.
Intendanten leben vom Gebühren- und Steuerzahler
Es ist einfach und wohlfeil, den Intendanten ihre Gehälter und Pensionen zum Vorwurf zu machen. Im Vergleich zu den Managergehältern in vergleichbaren Unternehmen der Wirtschaft sind sie fast bescheiden. Es sei ihnen gegönnt, sofern sie den kleinen Unterschied beachten: Die Intendanten leben vom Gebühren- und Steuerzahler, die Manager von freiwilligen Konsumenten. Die Zwangszahler des Gebührensystems müssen immer zahlen, auch wenn sie nicht konsumieren. Daraus erwächst für die Intendanten wie für Politiker die Verantwortung, mit dem Geld der Zwangszahler sparsam umzugehen und dabei mehr Phantasie zu entwickeln. Auch dafür werden sie bezahlt.
Bei den Renten haben sie über die Jahre schon viele Abstriche gemacht. Junge Redakteure haben heute sehr viel weniger Ansprüche als ihre Kollegen vor zwanzig Jahren, die Ausgaben heute sind damit freilich nicht gesunken. Auch ist, statistisch gesehen, die Lebenserwartung der jungen Redakteursgeneration deutlich höher. Man wird weniger, aber dafür länger zahlen. Dennoch ist hier, wie in der staatlichen Rente, eine Stellschraube zu bewegen.
Wer weder Beiträge erhöhen noch Leistungen kürzen will, der muß die Arbeitszeit verlängern. Wie wäre es, wenn man bei Neuanstellungen und auch beim Heer der freien Mitarbeiter die Verträge so gestaltet, daß man nur mit Abschlägen früher als mit 69 oder 70 Jahren in Rente gehen kann? Es wäre eine Pioniertat, denn im staatlichen Rentensystem wird es in den nächsten Jahren so weit kommen.
Wähler haben wenig Verständnis für das Gebaren
Intendanten schreien bei solchen Vorschlägen laut auf, denn viel lieber machen sie leise Druck auf die Politik, damit die Zwangsgebühren erhöht werden. Aber die Politik schaut auf die Wähler, und die haben wenig Verständnis für das Gebaren der öffentlich-rechtlichen Sender. Auch die Drohung mit Einschnitten ins Programm zieht eigentlich nicht mehr. Diese Programme bieten viele Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Sendern. Es muß nicht sein, daß jeder Sender mehrere Sendungen zu Bienen, Schlafstörungen, bestimmten Volkskrankheiten produziert.
Vieles kann man austauschen. Es reicht, die Programme zu vergleichen. Das verlangt aber, über den Tellerrand der Kleinredaktionen hinaus zu schauen – mühsam. Auch sind Wiederholungen nicht verboten, bei manchen Produktionen lohnt es sich wahrhaftig, finanziell und inhaltlich. Auch kann man stärker auf pensionierte Kollegen zurückgreifen, sie bekommen entsprechend der ARD-Regel nur halbes Honorar und kosten keine Sozialabgaben. Man könnte auch das Urlaubsgeld halbieren und beim Stellenplan kürzen oder, mehr als bisher, mit Zeitverträgen arbeiten und bei Einstellungen in unteren Gehaltsgruppen anfangen.
Das verringert die Gesamtansprüche und fordert zu mehr Leistung der einzelnen Redakteure heraus. Natürlich erfolgt bei solchen Maßnahmen der Aufschrei aus den Redaktionen und Betriebsräten, aber das ist bei Intendanten und Programmdirektoren als Schmerzensgeld im Gehalt verbucht. Schließlich strapazieren die Redaktionen nicht nur die Konten, sondern auch oft die Nerven der Zwangskonsumenten.
Die Politik könnte die Sender zum Sparen zwingen
Es führt kein Weg am Sparen vorbei. Schlankere Strukturen in den öffentlich-rechtlichen Anstalten sind eine Überlebensfrage. Das gilt für Verwaltung und Redaktionen. Oder man geht fett unter. Das Bundesverfassungsgericht wird im Zweifelsfall in seiner jetzigen Zusammenstellung zwar lieber den öffentlich-rechtlichen Rundfunk retten als Ehe und Familie. Aber das ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit der anderen Gewalten, sprich der Politik. Sie könnte die Sender, ähnlich wie bei den staatlichen Renten, per Gesetz mit Obergrenzen versehen und so zum Sparen zwingen.
Aber dafür braucht man Ahnung von demographischen Prozessen und nicht nur eine starke Meinung.
JF 06/19