Es paßte scheinbar alles so gut ins BIld. Ein treuselig, traurig dreinblickender Indianer. Und eine Schulklasse überheblich grinsender weißer Jugendlicher mit „Make America Great Again“-Mützen aus dem Mittleren Westen. Der Stoff, aus dem die CNN-Geschichten von „White Privilege“ und Rassismus sind. Ein Zehn-Sekunden-Video mußte als Beleg ausreichen. Schuldig im Sinne der medialen Anklage!
Ob CNN, Washington Post, New York Times – all die amerikanischen Leitmedien, die den Journalismus in God’s own country groß gemacht haben, sind mit der Geschichte über die Schülergruppe aus Kentucky endgültig im Bereich der Fake-News angekommen, die ihnen Präsident Donald Trump so gerne vorwirft, am laufenden Band zu produzieren.
Alyssa Milano führte auch diesmal die Hexenjagd an
Die Schüler aus Kentucky erhielten in den Stunden nach der Berichterstattung Todesdrohungen, ihre Schule mußte vorübergehend geschlossen werden. Die Diözese, der die katholische Bildungseinrichtung gehört, distanzierte sich von ihren Schülern. Schauspielerinnen wie die notorische #metoo-Gründerin Alyssa Milano führten erneut und bereits mit einer gewissen Routine auf Twitter die Hexenjagd an. Auch das konservative Anti-Trump-Lager – namentlich die Journalisten Bill Kristol und S.E. Cupp – schlug mit der Rassismuskeule auf die Trump-Fans ein, die anläßlich des „Marsches für das Leben“ in der Hauptstadt waren.
Daß deutsche Medien nur allzu bereitwillig die Steilvorlage aufgriffen und den Vorfall als Beleg für den grassierenden Rassismus unter Trump-Anhängern nutzten, kann da fast schon nicht mehr überraschen. „Jugendliche Trump-Fans provozieren Ureinwohner“ lautete etwa die Schlagzeile bei Spiegel Online. Die Abendzeitung titelte: „Katholische Schüler verspotten amerikanischen Ureinwohner.“
Noch heute würde ganz Amerika die Jugendlichen weiterhin für Rassisten halten, wenn nicht ein längeres Video aufgetaucht wäre, das den Kontext der Begegnung zeigt. Die Jugendlichen waren nicht Täter, sondern Opfer. Mitglieder der schwarzen Rassistengruppe „Black Hebrew Israelites“ hatten sie wegen ihrer Pro-Trump-Mützen drangsaliert. Der Indianer Nathan Phillips kam dazu und provozierte seinerseits die Jungs, die am Lincoln-Memorial auf ihren Bus für die Heimreise warteten.
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Morddrohungen gegen Schüler
Vor den Kameras log er später schamlos: Erst behauptete er, er sei von den Kindern umzingelt worden, nachdem er sich schützend vor die Schwarzen gestellt habe, die von den Kindern angegriffen worden seien. Zudem hätten sie „Build the wall“ gerufen. Auf dem Video ist hingegen klar zu sehen: Die Jugendlichen wurden bedroht, nicht umgekehrt. Im Gegenteil: Die Schüler blieben ruhig, ließen sich gerade nicht provozieren. Der besonders in die Kritik geratene Schüler Nick Sandmann sagte später, er habe ein „leises Gebet gesprochen“, daß die Situation nicht eskalieren würde.
Die Washington Post legte auf die Schilderung Phillips aber noch einen drauf. Um dem Indianer zusätzliche Glaubwürdigkeit zu attestieren, machte die Zeitung ihn kurzerhand zum Vietnam-Veteranen. Auch das war gelogen. Sogar Präsident Trump schaltete sich via Twitter am Dienstag ein. „Nick Sandmann und die Schüler aus Covington sind zum Symbol von Fake News geworden und zeigen, welch furchtbare Auswirkungen das haben kann.“
Nick Sandmann and the students of Covington have become symbols of Fake News and how evil it can be. They have captivated the attention of the world, and I know they will use it for the good – maybe even to bring people together. It started off unpleasant, but can end in a dream!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) January 22, 2019
In einer Stellungnahme ließ Sandmann durchblicken, welche Auswirkungen die Medienkampagne gegen ihn hatte. „Ich wurde mit jedem Schimpfwort bezeichnet, das es gibt, auch als Rassist und ich lasse mir diese mobähnliche Zerstörung meines Charakters und des Rufs meiner Familie nicht gefallen.“ Er habe in sozialen Medien Gewalt- und Todesdrohungen erhalten. Auch seine Eltern bekamen Morddrohungen.
Keine Selbstkritik bei der Washington Post
Und am Ende war es Sandmann, der den Medien ins Stammbuch schrieb, wie verantwortungsvolle Recherche eigentlich ausgesehen hätte. Er ermutige jeden, sich das ganze Video im Internet anzuschauen. „Menschen mit einer Agenda“ hätten auf Basis eines wenige Sekunden langen Clips über ihn gerichtet.
Ein Vorfall, der den Medien Anlaß zur Selbstkritik bieten sollte. Bei vielen Publikationen und Sendern warten Leser und Zuschauer darauf allerdings immer noch vergebens. Statt sich einfach bei den Jungs aus Kentucky zu entschuldigen, veröffentlichte etwa die Washington Post in Person ihrer Redakteurin Molly Roberts, einen selbstgerechten Erguß über die Ereignisse. Alle, linke wie rechte Medien, hätten in der Situation falsch geurteilt, schrieb sie. Die Rassismusvorwürfe gegen die Jugendlichen erneuerte sie sogar. So handeln keine Journalisten, so verhalten sich Aktivisten, oder wie Sandmann sagen würde: „Menschen mit einer Agenda“.