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Blackouts: Erwarten Sie keine Hilfe

Blackouts: Erwarten Sie keine Hilfe

Blackouts: Erwarten Sie keine Hilfe

Blackout
Blackout
Blackout (Archivbild): Man muß kein Prepper sein, um sich vorzubereiten Foto: picture alliance/Kyodo
Blackouts
 

Erwarten Sie keine Hilfe

Das drohende Problem von Blackouts wird in Deutschland nicht ernstgenommen. Dabei ist ein tagelanger Stromausfall schlimmer als der wildeste Albtraum und hat tödliche Folgen. Die Politik hält mit der Angelegenheit hinterm Berg, um den Ruf der Energiewende nicht zu gefährden. Ein Kommentar von Manfred Haferburg.
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Das Licht verlischt und aus der Steckdose kommt kein Strom mehr – meist nur ein harmloser Stromausfall. Blackouts sind extrem selten. Doch wenn sie da sind, dann geht von einem Moment auf den anderen nichts mehr. Die Aufzüge, Rolltreppen, Straßenbahnen und Züge bleiben plötzlich dort stehen, wo sie gerade sind. Elektrische Türen öffnen sich nicht, Ladenkassen funktionieren nicht, Tanksäulen hören auf zu pumpen, Verkehrsampeln fallen aus, Bankautomaten streiken und Heizungen funktionieren auch nicht mehr.

Am Anfang wissen die Menschen noch nicht, daß es sich um einen Blackout handelt. Sie werden es merken, wenn die Kommunikationsmittel nach und nach ausfallen – Handy, Internet, Radio- und Fernsehsender. Bald fließt kein Leitungswasser mehr. Abends ist es erschreckend dunkel, keine Straßenbeleuchtung und keine hellen Fenster, nur ein paar Autoscheinwerfer beleuchten das gespenstische Szenario.

Ein Blackout dauert mehrere Tage. Am Anfang ist das vielleicht noch ganz lustig – Kuscheln bei Kerzenlicht. Doch es wird schnell ungemütlich, die Wohnung kalt, kein warmes Essen, keine Toilettenspülung, kein Telefon, kein Fernsehen, kein Internet, kein Einkaufen. Abwasser dringt zurück in die Keller. Auf den Straßen herrscht Chaos. Die Hilfsorganisationen versuchen, eingeschlossene Menschen aus Fahrstühlen, Tunneln, Zügen zu retten.

Der letzte ernsthafte Blackout kostete Menschenleben

Später wird es lebensgefährlich. Trinkwasser und Nahrungsmittel werden knapp, Medikamente fehlen. Es kommt zu Plünderungen, Gewalt und Kriminalität. Hilfe kann nicht gerufen werden und könnte auch kaum kommen. In den Altenheimen und Krankenhäusern kämpft das Personal um das Leben der Hilfsbedürftigsten.

Zu einem Blackout kommt es, wenn das Gleichgewicht zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch im Netz gestört wird. Es muß in jedem Augenblick genau die Strommenge erzeugt werden, die verbraucht wird, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Blackout bedeutet, daß große Teile eines Landesnetzes in einer Kettenreaktion mitsamt den darauf speisenden Kraftwerken ausfallen.

Das Problem: Von der Gesellschaft wird das Thema nicht ernst genommen, da Deutschland stets ein stabiles Stromnetz hatte und keine Erfahrungen vorliegen. Den letzten ernsthaften Blackout gab es im Schneewinter 1978/79 in der DDR. Der kostete viele Menschenleben.

„Beinahe-Blackouts“ sind ein untrügliches Zeichen

Politik und Medien halten mit der Angelegenheit hinterm Berg, um den Ruf der Energiewende nicht zu gefährden. Warnende Techniker werden nicht erhört. Regierung und Verwaltung tun mit sträflichem Leichtsinn viel zu wenig. Wenigstens eine öffentliche Debatte darüber sollte geführt werden. Mit jedem Windrad und Solarpanel und mit jedem stillgelegten Kraftwerk wird die Balance im Netz unvorhersehbarer. Wenn eines bösen Tages ungünstige Umstände zufällig zusammentreffen, kommt es zur Katastrophe.

Niemand weiß, wann dieser Fall eintritt. Es gab in den vergangenen Jahren mehrere Situationen, in denen das Netz knapp an Blackouts vorbeischlitterte. „Beinahe-Blackouts“ sind ein untrügliches Zeichen, daß die Eintrittswahrscheinlichkeit steigt. Was kann man persönlich tun, um sich darauf vorzubereiten?

Es wird bestenfalls eine Woche dauern, bis der Strom wieder fließt. Man muß kein Prepper sein, um sich wenigstens notdürftig vorzubereiten. Setzen Sie nicht auf Hilfe vom Staat, der ist hoffnungslos überlastet. Und um so besser, wenn dann doch Hilfe kommt. Vorsorge ist ein sehr individuelles Thema. Sie müssen Kleinkinder, Haustiere, die Lage Ihrer Wohnung, Allergien und Krankheiten und vieles mehr erwägen. Es lohnt sich, den Fall einmal im Geiste durchzuspielen.

Schlimmer als ein Albtraum

Sie sollten für eine Woche pro Tag und Person zwei Liter Trinkwasser vorhalten. Sie sollten auch einen Zehnliterkanister besitzen, mit dem Sie von der später anlaufenden Notversorgung Wasser holen können. Wichtig: Sobald Sie meinen, daß es sich um einen Blackout handelt, lassen Sie Ihre Badewanne oder Gefäße voll kaltes Leitungswasser laufen, solange es noch fließt. Erwachsene Menschen können notfalls zwei Wochen ohne Nahrung auskommen, Kleinkinder nicht. Legen Sie dafür einen Vorrat an Dosen- oder Pulvernahrung an. Wasser und Nahrungsmittel müssen regelmäßig umgewälzt werden, damit nichts verdirbt.

Sie werden Plastikmüllsäcke und Klebeband brauchen, womit sich vieles improvisieren läßt – auch eine Nottoilette. Sie benötigen einen Vorrat an Kerzen und Streichhölzern, ein Batterieradio, Taschen- und Stirnlampe, Batterien, einen Campingkocher und Brennstoff, Erste-Hilfe-Ausstattung, einen Vorrat wichtiger Medikamente, Hygieneartikel und möglichst einen vollen Tank ihres Fahrzeuges.

Notwendig wird zudem allerhand Bargeld in kleinen Scheinen, da bargeldloses Zahlen nicht funktioniert. Im Fall der Fälle ist Unauffälligkeit angesagt, bleiben sie möglichst zu Hause und dunkeln Sie abends ihre Fenster ab. Vermeiden Sie Autofahrten. Haben Sie Verwandte in einem Altenheim, sollten Sie erwägen, sie zu sich zu holen. Machen Sie auf keinen Fall offenes Feuer in Ihrer Wohnung.

Ich hoffe inständig, daß ich mich bezüglich der steigenden Blackout-Gefahr irre. Doch falls er eintritt, wird es schlimmer sein als in den wildesten Albträumen. Trotzdem wird es auch das geben: wunderbare Menschen, die anderen selbstlos helfen und das Letzte mit ihnen teilen.

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Manfred Haferburg ist Kernenergetiker, lebt in Paris und berät Risikoindustrien in Sicherheitsfragen. Er ist Autor des Romans „Wohn-Haft“ mit einem Vorwort von Wolf Biermann.

JF 48/19

Blackout (Archivbild): Man muß kein Prepper sein, um sich vorzubereiten Foto: picture alliance/Kyodo
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