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„hart aber fair“: Einfach mal öfters nach einer Gehaltserhöhung fragen

„hart aber fair“: Einfach mal öfters nach einer Gehaltserhöhung fragen

„hart aber fair“: Einfach mal öfters nach einer Gehaltserhöhung fragen

hart aber fair
hart aber fair
Sendung zum Equal Pay Day bei Hart aber fair am 18. März Foto: Screenshot WDR/Hart aber Fair
„hart aber fair“
 

Einfach mal öfters nach einer Gehaltserhöhung fragen

Erfreulich rational und unaufgeregt verlief größtenteils die Sendung „hart aber fair“ über den angeblichen Gender Pay Gap. Zumindest über weite Strecken. Dem üblichen Kotau vor der herrschenden Ideologie konnte sich WDR-Mann Frank Plasberg am Ende aber doch nicht entziehen. <>Eine TV-Kritik von Boris T. Kaiser.<>
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Anläßlich des „Equal-Pay-Day“ lud die „hart aber fair“-Redaktion gestern zu einer für öffentlich rechtliche Verhältnisse überraschend ausgewogen besetzten und über weite Strecken erfreulich unaufgeregt geführten Diskussion zum Thema Gleichberechtigung im Beruf. Direkt zum Einstieg gab es Ausschnitte aus einer Straßenumfrage, die deutlich machte, daß Frauen auch deshalb seltener eine Gehaltserhöhung bekommen, weil sie seltener danach fragen.

Diese Tatsache, die durch zahlreiche Studien belegt ist, bestreitet Henrike von Platen. Die Hochschulrätin und Mit-Initiatorin des „Equal Pay Day“ in Deutschland kennt Studien, die das Gegenteil behaupten. Sie will Unternehmensleitungen besser schulen, damit sie bei Gehaltsverhandlungen und Einstellungsgesprächen weniger „geschlechterstereotype“ Entscheidungen treffen.

Ulmen-Fernandes beklagt unfaire Rollenverteilung

Die Wirtschaftsinformatikerin findet es generell falsch, daß Berufe unterschiedlich bezahlt werden. Ziel sollte es ihrer Meinung nach nicht in erster Linie sein, mehr Frauen in besser bezahlte Jobs in Wirtschaft und Wissenschaft zu bekommen, sondern klassische Frauenberufe zum Beispiel in der Pflege finanziell mehr wertzuschätzen. Was auf den ersten Blick wie ein guter Ansatz klingen mag, würde bei genauerer Betrachtung natürlich in die völlige Mißwirtschaft führen. Oft ist es eben nur ein schmaler Grad zwischen Feminismus und Sozialismus.

Frank Plasberg gibt sich zumindest zu Beginn der Sendung deutlich pragmatischer. Die These, daß viele Frauen eher die Kinder und die Familie im Blick haben als die Karriere, stellt er zumindest schon mal unaufgeregt in den Raum. Mit Kristina Schröder hat er eine Frau zu Gast, die genau das bestätigt und selbst gelebt hat. Die ehemalige CDU-Familienministerin hat sich 2013 ganz bewußt gegen eine größere Politkarriere und für ihre Rolle als Mutter entschieden.

Auch das TV-Sternchen Collien Ulmen-Fernandes ist Mutter. Sie sagt, sie habe nicht den Eindruck gehabt, daß die Rollenverteilung bei ihr zuhause nach ihrer Schwangerschaft so richtig freiwillig gewesen sei. Sie mußte sich bei Jobanfragen nach dem Drehplan ihres sehr viel talentierteren und deutlich erfolgreicheren Ehemanns richten. Das empfindet sie bis heute als unfair.

Verschiedenfarbige Scheren zum Durchschneiden der Nabelschnur

Sie glaubt, daß dahinter veraltete Rollenbilder stecken, die schon jedem kleinen Mädchen und jedem kleinen Jungen von frühester Kindheit an eingetrichtert würden. Sie selbst ist mit der „Mädchenrolle“ eigentlich immer gut gefahren. Ihre Karriere begann sie als Model für Versandhauskataloge und Background-Tänzerin für Enrique Iglesias und Shaggy (Mr. Boombastic). Später war sie eine der für die Zeit typischen Girly-Moderatorinnen bei VIVA und „Bravo TV“. Im Frühjahr 2010 wurde sie von den Lesern der deutschen Ausgabe des FHM-Magazins zur „Sexiest Woman in the World“ gewählt. Dann hat sie Christian Ulmen geheiratet.

Heute prangert sie „Gendermarketing“ und Kinderbücher speziell für Jungs und Mädchen an. Zwei davon hat sie mitgebracht. Nur in dem Jungs-Buch wird erklärt, wie man mit seinen Eltern richtig um mehr Taschengeld feilscht. Kein Wunder, daß Jungs hier im Schnitt finanziell im Vorteil sind. Das hat zumindest die „hart aber fair“-Redaktion rausgefunden. Der Frage, ob Mädchen dafür vielleicht einfach mehr von ihren Eltern geschenkt bekommen, so wie „unterbezahlte“ Frauen später auch weniger für Getränke am Abend, Miete und unzählige andere Dinge des Alltags berappen müssen, wurde nicht nachgegangen.

Dafür präsentierte Moderator Frank Plasberg eine andere „Ungeheuerlichkeit“. Verschiedenfarbige Scheren zum Durchschneiden der Nabelschnur. So etwas ist nicht etwa nur ein etwas kitschiges Eltern-Gimmick für das ganz besonders süße Foto aus dem Kreissaal. Es sind vielmehr Werkzeuge für den Scherenschnitt mit dem schon Babys ungefragt ein geschlechterspezifisches Verhaltensmuster aufgezwungen wird. Zumindest in der Welt von Fernandes, Plasberg und Co.

Unterschiedliches Verhandlungsverhalten

Der Psychologe Stephan Grünewald warnt dagegen davor, das Geschlecht schon im Kindesalter von Außen allzu sehr zu egalisieren. Auch ohne diese künstliche Gleichmacherei gibt es laut seinen Beobachtungen schon extreme Schwankungen in der Entwicklungen der gesellschaftlichen Geschlechterrollen. So würden junge Männer heute nach einer langen Phase der betonten politischen Korrektheit und des Frauenversehens wieder verstärkt Sympathien für starke Männer und Despoten hegen.

Das unterschiedliche Lohn-Niveau von Männern und Frauen erklärt der Autor des Buches „Wie tickt Deutschland“, ähnlich wie Schröder damit, daß Frauen eben andere, oder wie er sagt, „keine Priorisierungen“ vornehmen. Ihnen sei die Karriere genauso wichtig wie die Familie, ein attraktives Äußeres, der Lebenspartner und der Spaß mit den Freundinnen. Weil sie so in keinem Bereich so viel geben können wie sie gerne würden, leide ihr Selbstbewußtsein und das wirke sich auch auf ihr Auftreten in Sachen Gehaltsverhandlungen aus.

Der Wirtschaftsjournalist Rainer Hank sieht unter anderem im unterschiedlichen Verhandlungsverhalten von Frauen und Männern einen der Gründe für die Lohnunterschiede. Im Gegensatz zu von Platen ist er außerdem der Meinung, daß Frauen, wenn sie mehr verdienen wollen, einfach in besser bezahlte „Männerberufe“ gehen sollten.

Digitaler Shitstorm

Die häufig genannte Lohnunterschiedsquote von 21 Prozent hält der ehemalige Leiter der Wirtschafts- und Finanzredaktion der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung für unsinnig. Hier würden Äpfel mit Birnen verglichen. Bereinige man die Statistik von allen Gründen, die auf persönliche Lebensentscheidungen der Frauen zurückgehen, betrage der Gehaltsunterschied nur noch maximal sechs Prozent. Und selbst dieser Wert sei noch umstritten.

Auch wenn diese Ausgabe von hart aber fair“ mit Abstand die journalistisch beste seit langem war, so ganz und gar ideologiefrei und „reaktionär“ rational wollte Plasberg den „Equal-Pay-Day“ dann doch nicht begehen. Deshalb präsentierte er dem Zuschauer gegen Ende der Sendung noch das Ehepaar der Zukunft, wie man es sich beim WDR vorstellt. Die Astronautin, Insa Thiele-Eich soll 2020 als erste deutsche Frau zur Internationalen Raumstation ISS fliegen.

Ihr Gatte ist in Elternzeit und wurde dafür zum „Spitzenvater des Jahres“ gekürt. Selbst diesen Titel gönnten die Feministinnen im Netz dem Mann nicht. Die Verleihung des mit 5.000 Euro dotierten Preises und die Berichterstattung des WDR darüber, lösten einen digitalen Shitstorm aus. Eine Frau würde schließlich auch nicht in dieser Weise geehrt werden, wenn sie zuhause bleibt, um auf ihre Kinder aufzupassen.

Leistung macht den Unterschied

Plasberg verglich die Astronautin gar mit Ulmen-Fernandes. Die fand den Vergleich sehr treffend. Also Fernandes, nicht die Astronautin. Wem Fernandes und Michelle Müntefering noch nicht Beweis genug waren, der dürfte sich spätestens von der deutschen Frau im All überzeugen lassen. Der Schlüssel zum Erfolg ist geschlechtsneutral und er heißt: Leistung, Leistung, Leistung!

Sendung zum Equal Pay Day bei Hart aber fair am 18. März Foto: Screenshot WDR/Hart aber Fair
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