Angela Merkel steht seit letzter Woche in einer Reihe mit Mutter Teresa, dem Dalai Lama und Michail Gorbatschow. Genau wie diese Persönlichkeiten hat jetzt auch die Kanzlerin der Grenzöffnung die „Lampe des Friedens“ des Franziskaner Ordens von Assisi verliehen bekommen. Man könnte Merkel auch in eine Reihe mit dem Terroristen Jassir Arafat stellen. Denn auch dieser hat den Friedenspreis bereits erhalten. Genau wie der polnische Gewerkschaftsführer Lech Walesa und die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI.
Die Namen zeigen, wie willkürlich solche Auszeichnungen in der Regel vergeben werden. Spätestens seit dem Literaturnobelpreis für Bob Dylan und dem Friedensnobelpreis für den damals noch kaum im Amt angekommenen Barack Obama weiß man, daß selbst diese, für viele lange Zeit die höchste vorstellbare Ehrung, nicht viel mehr wert ist, als ein „Echo“ oder ein Integrationsbambi. Wer ernsthaft glaubt, ausgerechnet bei der „Lampe des Friedens“ ginge es wirklich um echte Leistungen im Sinne des Weltfriedens, der glaubt wahrscheinlich auch, beim „Unwort des Jahres“ ginge es tatsächlich um sprachliche Verfehlungen.
„Europa wird zu einem Haus und die Welt zum Dorf“
Willkürlich, aber keinesfalls zufällig, werden solche Preise vergeben. Dahinter steckt meist eine ziemlich eindeutige und durchsichtige politische Absicht. Auf der Internetseite der deutschen Franziskanerprovinz findet sich – unter der Kategorie „Friedensarbeit“ – gleich neben dem lobhudelnden Artikel über den Preis für Angela Merkel und ihre „unpopuläre Grenzöffnung“ ein Veranstaltungstip: „Franz von Assisi begegnet dem Islam“.
Dort heißt es: „Europa wird zu einem Haus und die Welt zum Dorf. Unsere zunehmend multikulturelle Gesellschaft sucht spannungsvoll Wege in eine gemeinsame Zukunft. Religiös experimentierfreudige versuchen die über so viele Jahrhunderte gewachsenen Erfahrungen verschiedener Glaubenswelten in ihr Konzept von Religion zu integrieren und probieren Elemente der fremden Praxis aus. Andere neigen zu Abgrenzung, und nicht wenige entwickeln fundamentalistische Züge.“
Die Veranstalter verweisen auf Franziskus’ „pionierhafte Begegnung“ mit Sultan Muhammad al-Kâmil in Ägypten. Der Dialog der beiden Gläubigen treibt religiösen Multikulti-Romantikern seit jeher die Tränen der Rührung in die Augen.
Partys im Elfenbeinturm der „Menschlichkeit“
Die Bundeskanzlerin, die sich selbst in einer Dankesrede für einen Friedenspreis Seitenhiebe gegen Rußland und die USA nicht verkneifen konnte, stieß in die gleiche Kerbe wie die interreligiösen Dialog-Apologeten. Als Voraussetzung für die Lösung von Konflikten mahnte sie zur Akzeptanz von Vielfalt und forderte die Menschen auf, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.
Daß das Hinausschauen über den Tellerrand schon mal zu neuen Konflikten führen kann, wenn die Speisen auf dem Teller des Gegenüber nicht „halal“ genug sind, scheint der unpopulären Grenzöffnerin zumindest im Ansatz bewußt zu sein. Verständnisvoll führt Merkel aus: Die Flüchtlinge müßten vieles lernen und seien „in den allermeisten Fällen dazu bereit“.
Die Menschen in den Zielländern müßten sich jedoch auch in die Lage von Flüchtlingen versetzen. Für viele von ihnen stelle sich Deutschland gewiß als „sehr komisches Land“ dar, solange niemand ihnen erkläre, warum Dinge dort auf eine bestimmte Weise getan würden. Bis alle es „gelernt“ und unsere Lebensweise verstanden haben, werden wohl noch einige Partys im Elfenbeinturm der „Menschlichkeit“ steigen. Ob Deutschland und die Welt durch offene Grenzen und ungehinderte Völkerwanderungen jemals friedlicher werden, darf weiterhin bezweifelt werden.