Trump hat es versprochen, Trump hat geliefert. Im Wahlkampf nannte er das 2015 mit dem Iran geschlossene Nuklearabkommen „verrückt“ und kündigte eine Neuaushandlung an. Amerika zuerst heißt auch in Sachen Iran-Abkommen zunächst einmal wieder: Amerika alleine. Die Europäer haben angekündigt, weiter am Abkommen festzuhalten. Inwieweit sie dies angesichts möglicher US-Sanktionen gegen europäische Firmen, die weiterhin im Iran Geschäfte treiben, durchhalten können, steht auf einem anderen Blatt.
Dabei hat Trump in seiner Einschätzung des iranischen Regimes Recht. Das Land ist ein weltweiter Sponsor von Terrorismus und ist verantwortlich für den Tod amerikanischer Bürger. Auch daß der Iran aus strategischen Gründen langfristig an der nuklearen Option arbeitet, mag unbestreitbar sein.
Der Iran ist für Israel keine existentielle Bedrohung
Aber all das war auch der Vorgängerregierung von Barack Obama bekannt. Damals wurde das maßgeblich von Außenminister John Kerry ausgehandelte Abkommen auch von hochrangigen israelischen Sicherheitsexperten gelobt, darunter dem Ex-General Itzik Ben Israel und den früheren Geheimdienstschefs Ami Ayalon und Efraim Halevy.
Kein Wunder: Für Israel ist der Iran – anders als in der Propaganda von Premierminister Benjamin Netanjahu – keine existentielle, sondern eine strategische Bedrohung. Israel hat großes Interesse daran, weiterhin das einzige Land im Nahen Osten mit Atomwaffen zu sein. Ein atomarer Schlag Irans gegen Tel Aviv ist Science Fiction. Israels Zweitschlagsfähigkeit könnte den Iran dem Erdboden gleichmachen. Das wissen auch die Mullahs.
Neokonservative Hardliner wie Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton haben im Verbund mit Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hingegen von Anfang an gegen den Vertrag gegiftet. Sie argumentieren, daß die wichtigsten Einschränkungen bei Zentrifugenbestand und Urananreicherung nur für die nächsten zehn bis 15 Jahre gelten, der Iran also danach seine nuklearen Ambitionen völlig legal wieder aufnehmen könnte.
Die USA werden vertragsbrüchig
Auch kritisieren die Hardliner, daß der Vertrag keine Klausel zu Irans Raketenprogramm vorsieht, Iran somit in den nächsten Jahren weiterhin an geeigneten Trägerraketen forschen und diese bauen kann.
Anders als von Trump angedeutet hat der Iran das Nuklearabkommen nicht gebrochen. Daß Trump das Abkommen für „den schlechtesten Deal“ in der Geschichte hält, ist kein Grund, es aufzukündigen. Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten. Das Signal, das Trumps Chaos-Diplomatie auslöst, ist fatal – vor allem für die Interessen der USA. Die Reputation Amerikas als glaubwürdiger Vertragspartner nimmt Schaden, wenn Abkommen, die noch dazu mit einer Resolution des UN-Sicherheitsrates bestätigt wurden, einfach gebrochen werden.