Ein strahlender Sieg sieht anders aus. Acht Mandate hat die Partei von Premierminister Mark Rutte (VVD) verloren. Dennoch gibt es keinen Zweifel, daß er auch künftig Regierungschef bleiben und trotz der zersplitterten Parteienlandschaft eine Mehr-Parteien-Koalition formen kann. Islam- und EU-Kritiker Geert Wilders konnte sein Ergebnis gegenüber der vergangenen Wahl zwar steigern, blieb aber hinter seinem Resultat von 2010 zurück (24 Mandate). Die bisherige Regierungskoalition aus VVD und Sozialdemokraten (PvdA), die 2012 noch 51,3 Prozent der Stimmen erhielt, kommt jetzt noch auf rund 27 Prozent.
Aber selbst wenn Wilders stärkste Kraft geworden wäre, hätte es an seiner Position nichts geändert: Auch in diesem Fall wäre er nur Oppositionsführer geworden. Alle anderen großen Parteien, darunter Ruttes VVD, hatten zuvor ausgeschlossen, mit ihm zu koalieren. Dennoch wird Wilders auch künftig die Regierung vor sich hertreiben. Schon im Wahlkampf hatte er die entscheidenden Themen gesetzt.
Die Demoskopen hatten recht
Für all jene, die nach den unerwarteten Resultaten der Präsidentschaftswahlen in den USA und des Brexit im vergangenen Jahr Wahlforschern die Existenzberechtigung absprechen wollten, muß das Ergebnis eine Ernüchterung sein: Wilders 20 Mandate decken sich mit den meisten Erhebungen der vergangenen Tage. Kein Institut prognostizierte zuletzt einen Sieg für ihn.
Rutte konnte durch die Türkei-Krise besser abschneiden als vorhergesagt. Sein bester Wahlkampfhelfer saß in Ankara. Erdogans Nazi-Vorwürfe gegen das Land erzeugten ganz offenbar einen Solidarisierungseffekt mit dem staatsmännisch agierenden Ministerpräsidenten. Diejenigen, die entgegen aller Umfragewerte im Mai bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich einen Sieg von Marine Le Pen erwarten, sollte das Ergebnis auf den Boden der demoskopischen Tatsachen zurückholen.
Aber nicht nur Anhänger europäischer Rechtsparteien, auch deutsche Medien, die Rutte als den großen Wahlsieger feiern und Wilders zum Verlierer ausrufen, sollten sich eine kurze Verschnaufpause für ein Date mit der Realität gönnen. Ruttes VVD hat verloren, Wilders PVV konnte zulegen.
Sozialdemokraten kämpfen um politische Existenz
Fast schon tragikomisch sind die Jubelarien, die deutsche Sozialdemokraten wie Justizminister Heiko Maas auf das Ergebnis im Nachbarland singen. Deren Schwesterpartei PvdA kommt nach dem Verlust von 29 Mandaten nur noch auf neun Sitze und muß, ähnlich wie Griechenlands Sozialdemokraten, künftig einen Kampf um ihre nackte politische Existenz führen.
Die Wahl zeigt aber auch: Trotz guter Voraussetzungen durch das niederländische Wahlrecht ist es Wilders abermals nicht gelungen, weite Teile des Bürgertums anzusprechen. Poltern, pöbeln und ganze Volksgruppen zu diffamieren paßt nicht ins liberale Holland. Und auch für andere europäische Rechtsparteien ist der Wahlausgang eine Mahnung.
Dauerhaft auf hohem Niveau etablieren können sich Rechtsparteien nur, wenn ihnen mehr einfällt als Polemik und Populismus, sie durchdachte politische Konzepte präsentieren und sich thematisch breiter aufstellen, als nur reflexhaft den Kampf gegen die EU und illegale Einwanderung zu besetzen. Eine Partei, die das geschafft hat, ist die SVP in der Schweiz. Von ihr sollten Europas Rechte lernen, nicht von der pauschalen Anti-Islam-Rhetorik eines Geert Wilders.