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Karl Lagerfeld: Eine Wahrheit zuviel

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Karl Lagerfeld: Der Modeschöpfer hat Merkels Flüchtlingspolitik scharf kritisiert Foto: picture alliance/AP/Invision
Karl Lagerfeld
 

Eine Wahrheit zuviel

Karl Lagerfeld ist unter den Modeschöpfern das, was Harald Schmidt lange Zeit unter den TV-Entertainern war. Einer der letzten Dinosaurier der absolut freien Rede. Selbst größte Gemeinheiten katapultierten ihn nicht ins gesellschaftliche Aus. Mit seiner Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik könnte der Provokateur aber eine Wahrheit zuviel ausgesprochen haben.
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Unwort, Umfrage, Alternativ

Karl Lagerfeld ist unter den Modeschöpfern das, was Harald Schmidt lange Zeit unter den TV-Entertainern war. Einer der letzten Dinosaurier der absolut freien Rede. Dank seines Charmes und seiner besonderen Fähigkeit, selbst die größten Gemeinheiten und unangenehmsten Wahrheiten augenzwinkernd und punktgenau bissig zu formulieren, hat ihm die heute sonst so leicht zu empörende Öffentlichkeit vieles durchgehen lassen, für das jeder andere mit Shitstorm, Boykottaufrufen und „Berufsverbot“ bestraft worden wäre.

Zwar hat ihm sein leidenschaftliches „Fat Shaming“ („Dicke Muttis finden dünne Models häßlich“) schon mal eine Anzeige feministischer Aktivistinnen eingebracht, im realen Mainstream der Mehrheitsgesellschaft galt er aber stets als scharfzüngiger Meister der Pointe, den man dafür schätzte, daß er sagt, was er denkt, und denkt, was er sagt.

Meinung der Massen interessiert ihn nicht

Viele seiner Zitate sind Kult. Auch oder gerade weil aus ihnen die Ignoranz und die Dekadenz eines erfolgsverwöhnten Modemachers, der sich um die Meinung der Massen nicht mehr zu scheren braucht, herausströmt wie der edle Duft aus einem seiner Parfümflakons.

Mit seiner Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik, diese habe zu viele Moslems ins Land geholt, um ihr Image als Rabenmutter aufzupolieren, dürfte der Spitzen-Provokateur aber eine Wahrheit zuviel ausgesprochen haben. Gutmenschen können einem offen homosexuell lebenden Mann viel verzeihen. Aber nicht, daß er sie mit der Realität konfrontiert und damit ihr Gutsein in Frage stellt.

Denn dem gemeinen Gutmenschen geht es eben vor allem darum, sich gut zu fühlen. Ob er dabei wirklich gut ist, oder ob das „Gute“ vielleicht sogar böse Konsequenzen für andere hat, spielt dabei keine Rolle. Warum sollte man als Linksliberaler denn nicht seinem Bauchgefühl folgend eine schwulenfeindliche, frauenverachtende, rückständige Kultur importieren, wenn es einem doch das gute Gefühl gibt, die ganze Welt zu retten?

Hoffen, daß Lagerfeld Blut geleckt hat

Warum sollte man ein paar Jahrzehnte nach dem Massenmord an den Juden nicht Millionen ihrer schlimmsten Feinde ins Land holen? Man kann ja hinterher sagen, man hätte von nichts gewußt. Dies wird allerdings schwierig, wenn ein internationaler Topstar wie Karl Lagerfeld einen öffentlich mit der Wahrheit konfrontiert.

Bahnhofsklatscher und mediale Merkel-Propagandisten dürften sich daher wünschen, daß Lagerfeld sich bald wieder weniger heißen Eisen zuwendet. Jene, die ihr Gewissen noch nicht komplett ihrer Selbstgerechtigkeit geopfert haben, dürften dagegen hoffen, daß er jetzt erst so richtig Blut geleckt hat und aus tiefstem Herzen hauchen: „In Karl we trust.“

Karl Lagerfeld: Der Modeschöpfer hat Merkels Flüchtlingspolitik scharf kritisiert Foto: picture alliance/AP/Invision
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