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Meinung: Partnerschaft statt Konfrontation

Meinung: Partnerschaft statt Konfrontation

Meinung: Partnerschaft statt Konfrontation

Polnischer Nato-Soldat
Polnischer Nato-Soldat
Polnischer Nato-Soldat: Die Gefahr droht von anderen Foto: dpa
Meinung
 

Partnerschaft statt Konfrontation

An diesem Freitag beginnt in Warschau das erste Nato-Gipfeltreffen seit fast zwei Jahren. Polen und die baltischen Staaten werden, unterstützt von starken Kräften innerhalb der US-Politik, darauf drängen, Rußland als zentrale Bedrohung festzuschreiben. Für Deutschland wäre das fatal. Ein Kommentar von Thomas Fasbender.
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An diesem Freitag beginnt in Warschau das erste Nato-Gipfeltreffen seit fast zwei Jahren. Es steht im Lichte erheblicher weltpolitischer Veränderungen. Der Konflikt mit Rußland hat sich vertieft und verfestigt. Auch die jahrhundertealte Konfliktlinie zwischen Rußland und dem Nato-Mitglied Türkei ist wieder aufgebrochen. Die Konfrontation ist derzeit zwar nicht mehr akut, die Rivalität der Ex-Imperien aber ein Fakt, mit dem zu rechnen sein wird.

Rußland ist als Regionalmacht in den Mittleren Osten zurückgekehrt. Noch weiter östlich entstehen neue, eurasische Strukturen. Vor kurzem sind Indien und Pakistan der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) beigetreten; die Organisation repräsentiert damit ein Drittel der Weltbevölkerung. Noch ist der Zusammenschluß weitgehend amorph, weniger als ein Bündnis und mehr als ein Debattierclub, aber er zeigt, welche Anziehungskraft die Achse Peking-Moskau in Asien zu entfalten vermag.

Die Destabilisierung schreitet voran

Im Kampf gegen den islamischen Terrorismus wurden keinerlei Fortschritte erzielt; Nato-Staaten sind das Hauptziel der selbstmörderischen Fanatiker. Der „Islamische Staat“ (IS) breitet sich bis tief nach Nordafrika aus. Die Destabilisierung der Region, anfangs noch begleitet von der westlichen „Demokratisierungspolitik“, schreitet voran. Die dadurch ausgelöste Massenzuwanderung nach Europa war 2014 noch gar nicht absehbar.

Bei der Warschauer Konferenz werden Polen und die baltischen Staaten, unterstützt von starken Kräften innerhalb der US-Politik, darauf drängen, Rußland als zentrale Bedrohung der westlichen Allianz festzuschreiben. Deutschen Stimmen, die davor warnen, den antirussischen Ressentiments der Polen die Zügel schießen zu lassen, wird Einknicken und Appeasement vorgeworfen. Bei aller Wirtschaftsmacht sind die Aussichten, Deutschland könnte die Rußlandpolitik der Allianz stärker beeinflussen, sehr begrenzt.

Widersprüche im Nato-Bündnis

Auch Frankreich wünscht sich keine außenpolitische Arbeitsteilung der Partner. Die Vorstellung, Berlin hätte als „Kurator“ der europäisch-russischen Beziehungen ein Heimspiel, während Paris sich um den nordafrikanischen Schlamassel kümmern dürfte, kann den französischen Politikern unmöglich schmecken. Hinzu kommt die Politik der Bundeskanzlerin, weder mit den USA noch mit Polen irgendeinen Dissens zu riskieren. De facto spielt Deutschland derzeit die Rolle eines Instruments der amerikanisch-polnisch-baltischen Entente.

25 Jahre nach dem Kalten Krieg bildet sich ein maßgeblicher Widerspruch innerhalb des Nato-Bündnisses heraus. Er fußt darauf, daß allein die USA am Konflikt mit Rußland ein strategisches Interesse hat. Daß der Kreml sich auch der sanftesten Form hegemonialer US-Macht verweigert, muß den Geopolitikern am Potomac sauer aufstoßen. Ihr Ziel kann daher nur die Einsetzung einer dem Westen freundlicher gesinnten Moskauer Regierung oder doch wenigstens die Schwächung und Eindämmung des Rivalen sein.

Ängste werden geschürt und aufgebauscht

Für Europa ist Rußland keine geostrategische Herausforderung, sondern nur ein etwas eigenartiger Nachbar. Kein europäisches Nato-Land hat objektiv ein Interesse an einem Konflikt mit Moskau; das gleiche gilt in umgekehrter Richtung. Die Ängste der Balten und Polen sind geschürt und aufgebauscht. In keinem einzigen europäischen Nato-Land existiert eine Bedrohungslage.

Statt den vorgeschobenen Ängsten einen ganzen Nato-Gipfel zu widmen, täten die Politiker gut daran, die gemeinsame europäisch-russische Front dem Krisenherd „Islam“ gegenüber zu thematisieren. Europa und Rußland bilden das christliche Abendland – wenn wir unter der Scharia leben, wird auch der letzte liberale Atheist begreifen, wieviel er dieser Zugehörigkeit verdankt. Terror, Masseneinwanderung und Islamismus sind Facetten ein und derselben Bedrohung. Die Auseinandersetzung mit ihr kann Europa nur partnerschaftlich bestehen – von Lissabon bis mindestens zum Ural.

Polnischer Nato-Soldat: Die Gefahr droht von anderen Foto: dpa
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