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Fiskalunion: Peinliche Propaganda

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Fiskalunion
 

Peinliche Propaganda

Die Broschüre „Chancen und Risiken einer Fiskalunion“ vermittelt mit ihren bunten, nichtssagenden Fotos von flanierenden Menschen und vielen Europafahnen den Eindruck einer Werbebroschüre der EU-Kommission. Der Vorwurf ist durchaus nicht unberechtigt. Ein Kommentar von Bernd-Thomas Ramb
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Wallasch, Medien, Gesicht

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„Chancen und Risiken einer Fiskalunion“: Das Studienergebnis stand vorher schon fest Foto: www.hwwi.org

Die bunten, nichtssagenden Fotos von flanierenden Menschen und vielen Europafahnen vermitteln den Eindruck einer Werbebroschüre der EU-Kommission. Geworben wird für die Fiskalunion, Werber ist die Wirtschaftsprüfergesellschaft Price Waterhouse Coopers (PwC), die sich zuletzt als europäischer Insolvenzverwalter der zusammengebrochenen Investmentbank Lehman Brothers hervortat.

Verfaßt wurde die Broschüre mit dem Titel „Chancen und Risiken einer Fiskalunion“ vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut (HWWI), das als kommerzielles Unternehmen nach eigenen Angaben auch die EU-Kommission zu seinen Kunden zählt.

Nun einfach ein zweitklassiges Forschungsinstitut zu verdächtigen, eine von unbekannter dritter Seite bestellte Auftragsarbeit verfaßt zu haben, greift indes zu kurz. Die Studie schiebt zwar die Risiken einer Fiskalunion kurzerhand beiseite und versteift sich auf die Chance einer Einführung EU-weiter Steuern und Abgaben, die von Brüssel aus erfaßt, verwaltet und verausgabt werden, die Überlegung basiert jedoch auf in sich logischen Ableitungen – nachdem die entscheidenden Voraussetzungen festgenagelt wurden.

So betont PwC schon im Vorwort, daß der Euro mehr sei als „unsere gemeinsame Währung“. Das Krisenmanagement der Politik wird gelobt, es habe ein Auseinanderbrechen der Währung verhindert. Nun müsse die Eurozone noch nachhaltig stabilisiert werden.

„Europa muß den Schritt zu einer Fiskalunion ohnehin tun“

Das klingt nach Vorgabe des Forschungsergebnisses – mit guter Aussicht auf Erfolg. Bereits vor einem Jahr wurde eine Analyse in Auftrag gegeben, die zu dem Schluß kam, ein Ausweg aus der Euro-Krise könne nur über eine Vertiefung der europäischen Integration führen. Schon damals wurde eine Fiskalunion vorgeschlagen.

Nun werden dezidiert Steuer- und Abgabenmodelle entwickelt, die einen Finanzausgleich unter den Euroländern finanzieren sollen – ähnlich dem Länderfinanzausgleich in Deutschland, nun aber auf der Ebene der Euro-Währungsländer und unter Haushaltshoheit der Europäischen Union, auch wenn den beteiligten Staaten die Ausführung zugewiesen wird.

Als oberstes Argument für eine Fiskalunion setzen die Forscher eine naßforsche Tatsachenbehauptung: „Europa muß den Schritt hin zu einer Vertiefung der politischen und fiskalischen Union früher oder später ohnehin tun. Einen optimalen Zeitpunkt gibt es dafür nicht.“ Weiterhin spekulieren die Wissenschaftler: „Eine Renationalisierung würde den europäischen Einigungsprozeß um Jahre zurückwerfen.“

Obwohl sie durchaus eingestehen, daß ein freier europäischer Binnenmarkt auch ohne gemeinsame Währung garantiert ist, meinen sie, es sei nicht auszuschließen, „daß ein Zusammenbruch der Währungsunion diesbezüglich erhebliche Kollateralschäden verursachen würde“. Mit der axiomatischen Festschreibung dieser vagen Vermutungen sind die Analyseergebnisse natürlich faktisch vorgegeben.

Pläne für eine zusätzliche Einkommensteuer

Der ökonomische Sachverstand kommt dabei keinesfalls zu kurz. Die logische Kette lautet kurzerhand: Wer den Euro – koste es was es wolle – behalten, aber eine damit zwangsläufig verbundene Schuldenerhöhung verhindern will, muß einen Ausgleich über ein Euro-weites Sozialhilfesystem organisieren. Dagegen läßt sich allenfalls argumentieren, warum dies denn nur für die am Euro beteiligten Staaten, aber nicht für die gesamte EU gefordert wird. Die Erkenntnis selbst ist nicht neu. Die zwangsläufige Sozialstaatsunion wurde von den frühen Kritikern einer Gemeinschaftswährung bereits ausdrücklich prophezeit.

Konkret schlägt das Weltwirtschaftsinstitut vor, eine zusätzliche Einkommensteuer und gesonderte Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu erheben, die dann auf die Einkommensschwachen und Arbeitslosen in den kränkelnden Euro-Ländern verteilt werden. Als ob der übliche EU-Haushalt mit seinen Agrar-, Struktur- und Regional-, Sozial- und Kohäsionsfonds dafür kein Auge hätte und diese Gelder nur an Reiche und Beschäftigte vergeben würde.

Noch mehr Umverteilung beseitigt aber noch stärker den Wettbewerbsdruck und erhöht eben nicht, wie die Studie unbewiesen behauptet, die Wettbewerbsfähigkeit. Läßt durch die Transfereinkommen der Zwang, sich dem Wettbewerb zu stellen, weiter nach, sinkt im gleichen Maße die ökonomische Effizienz. Das Armutsproblem wird dadurch schärfer, statt geringer.

Ausstieg aus der Währungsunion ist politisch unerwünscht

Unfreiwillig offenbart die Studie ihre Qualitäten, indem sie den Zielkonflikt zwischen Euro, Staatsschulden und sozialen Verwerfungen offen beim Namen nennt. Leider aber stellt sie die Ausgangsprämissen nicht ernsthaft in Frage. Die Hamburger Ökonomen erkennen durchaus richtig die Ursache der Euro-Krise darin, daß „der nicht optimale Währungsraum auf externe Schocks nicht hinreichend flexibel reagieren kann und die einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlich betroffen sind“.

Die logische Konsequenz zur Beseitigung dieser Ursachen liegt dann aber schlicht in der Auflösung der Europäischen Währungsunion. Dies gibt die Studie zwar indirekt zu, postuliert aber zur fundamentalen Einschränkung ihrer Analyse: „Unsere Überlegungen gehen von der Prämisse aus, daß der politische Wille vorhanden ist, den Euro zu erhalten.“ Dann wundert es nicht, daß als „wissenschaftliches“ Ergebnis nicht mehr herauskommt als eine peinlich durchsichtige Werbebroschüre für die EU-Sozialunion.

> Die Informationsbroschüre im Netz

JF 10/13

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