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Anschwellende Tragödie: Eine stille Aggression

Anschwellende Tragödie: Eine stille Aggression

Anschwellende Tragödie: Eine stille Aggression

Botho
Botho
Anschwellende Tragödie
 

Eine stille Aggression

Vor 20 Jahren veröffentlichte Botho Strauß seinen Aufsatz „Anschwellender Bocksgesang“. Was bleibt vom damaligen Medienspektakel um den Essay? „Der Rechte – in der Richte“. Der machtlos das eigene Recht und die historischen Maßstäbe wahrt. Bis – vielleicht – Besseres kommt. Ein Kommentar von Thorsten Hinz.
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Botho Strauß Bild: Sezession.de

Vor 20 Jahren veröffentlichte der Spiegel den Aufsatz „Anschwellender Bocksgesang“ von Botho Strauß. Eine entscheidende Stelle lautet: „Es ziehen aber Konflikte herauf, die sich nicht mehr ökonomisch befrieden lassen (…) Da die Geschichte nicht aufgehört hat, ihre tragischen Dispositionen zu treffen, kann niemand voraussehen, ob unsere Gewaltlosigkeit den Krieg nicht bloß auf unsere Kinder verschleppt.“

Kritiker verweisen auf den ausgebliebenen Bürgerkrieg. Drei Antworten sind möglich: Erstens verrät dies eine auf Deutschland beschränkte Perspektive. Zweitens ist noch nicht aller Tage Abend. Drittens können Bürgerkriege durch subtilere als militärische Mittel geführt werden. Zum Beispiel durch Gehirnwäsche und Pressekampagnen.

Indem der Staat seine Schutzfunktion gegenüber unliebsamen Bürgern zurückzieht, sie vogelfrei für Gewalttäter macht und damit Furcht und Anpassungsdruck erzeugt. Landnahmen – physische wie symbolische – können sich auch durch Gesetze, Verwaltungsakte, Personalentscheidungen, durch Sprachpolitik, durch gewöhnliche Kriminalität vollziehen.

Der Rechte ist aus dem politischen Raum vollständig eliminiert

Oder durch forcierte Umverteilung. Den einen wird immer mehr genommen, um es den anderen zu geben. Was nach außen wie Frieden aussieht, ist nach innen eine stille Aggression.

Die indirekte Mahnung von Strauß, zur Konfliktbewältigung die Politik wiederzuentdecken, verband sich mit der Figur des „Rechten“. Eines Rechten, der nicht reaktionär, aber skeptisch ist, der nicht den Fortschritt bedingungslos für gut hält, sondern nach Nutzen, Notwendigkeit und Folgekosten fragt. Der bis auf weiteres von Deutschland als politischer Substanz ausgeht und den Hauptzweck der Politik darin sieht, deutsche Lebensinteressen zu definieren, zu sichern und zu verteidigen.

Der Rechte ist aus dem politischen Raum heute vollständig eliminiert. Die Parteien im Bundestag beziehen sich auf die „Menschheit“ und auf „Europa“. Beides sind Abstraktionen. Sehr konkret sind dagegen die Forderungen, die andere Länder und ethnische Problemgruppen an uns stellen. Sie ergeben sich aus deren nationalen Interessen beziehungsweise kulturellen und religiösen Prägungen. Ein deutsches Eigeninteresse – erst recht das am Selbsterhalt – dagegenzustellen, aber wird zu einem politischen Verbrechen skandalisiert.

„Der Rechte – in der Richte“

Das ist kein Zufall und gilt inzwischen für alle europäischen Staaten. Das Prinzip des europäischen Nationalstaates lag 1945 zerschmettert am Boden. Der Kalte Krieg und die Teilung des Kontinents konservierten ein paar Reste. Seit 1989 werden sie planmäßig abgeräumt.

Was bleibt also vom Medienspektakel um den „Bocksgesang“? „Der Rechte – in der Richte“. Der machtlos das eigene Recht und die historischen Maßstäbe wahrt. Bis – vielleicht – Besseres kommt.

JF 7/13

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