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Kommentar: Von Dänen lernen

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Kommentar
 

Von Dänen lernen

Die Hysterie um dieKontrolle an der deutsch-dänischen Grenze ist enorm.Dabei steht das stichprobenartige Vorgehen im Einklang mit dem Schengen-Abkommen. Doch der Kern des Streits hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun, sondern mit Ideologie; in diesem Fall die Ideologie des „grenzenlosen Europa“. Ein Kommentar von Morten Messerschmidt, Mitglied der Dänischen Volkspartei und Abgeordneter im Europäischen Parlament.
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Deutsch-dänischer Grenzübergang bei Krusau: Kein Bruch mit dem Schengen-Abkommen Foto: Wikipedia/Arne List

Wie es bloß zu dieser Hysterie gekommen ist, frage ich mich in diesen Tagen oft. Was haben wir Dänen getan, um solche Reaktionen im Ausland hervorzurufen? Haben wir gegen die Menschenrechte verstoßen? Haben wir eine neue Berliner Mauer errichtet – komplett mit Überwachungstürmen, Minenfeldern und Stacheldrahtzaun? Nichts von alledem – aber freilich sollte man es glauben.

Was wir eingerichtet haben, ist eine Kontrolle an der Grenze, die sich auf Stichproben bezieht. 98 Zöllner sind im Einsatz – in Schweden kommen übrigens 20 Zöllner auf jeden dänischen Zöllner. Diese Zöllner sind keine Polizisten. Sie haben nur das Recht, Fahrzeuge und Personen zu kontrollieren. Bei Verdachtsfällen müssen sie die Polizei rufen. Aber der eigentliche Kern des Streits ist das kleine Wort „permanent“. Das hat in Brüssel und Berlin für Empörung gesorgt.

Kein Verstoß gegen das Schengen-Abkommen

Laut dem Schengen-Abkommen darf immer noch an den Grenzen kontrolliert werden. Mit anderen Worten: Unsere Maßnahmen stellen keinen Verstoß gegen das Schengen-Abkommen dar. Nur dürfen die Kontrollen offensichtlich nicht permanent sein. Und das sind sie auch gar nicht. Ich habe selbst am „großen Tag der Grenzkontrolle“, also am Dienstag der vergangenen Woche, die deutsch-dänische Grenze überquert, und es waren keine Zöllner da – nur einige übereifrige Journalisten haben den Verkehr behindert.

Der Kern des Streits hat nichts mit der Wirklichkeit zu tun, sondern mit Ideologie; in diesem Fall die Ideologie des „grenzenlosen Europa“. Die Europäer haben sich zwar an Überwachung gewöhnt – überall im öffentlichen Raum gibt es Kameras: in den Fußgängerzonen, öffentlichen Verkehrsmitteln und Gebäuden. Nur die Grenzen sind offenbar tabu –  hier darf nicht kontrolliert werden, denn dies wäre ein Verstoß gegen diese Utopie eines Europas ohne Grenzen. Integraler Bestandteil des Schengen-Abkommens hätten ursprünglich sowohl die Sicherung der Außengrenzen der Europäischen Union (EU) als auch Kontrollen im Hinterland sein sollen. Das hatte man damals den EU-Bürgern versprochen – ihre Sicherheit sollte also gewährleistet sein.

In Dänemark haben wir davon nichts bemerkt. Im Gegenteil hat sich von 2002 bis heute die Anzahl der von Ausländern begangenen Straftaten mehr als verdoppelt. Und es handelt sich dabei längst nicht nur um Taschendiebstähle, sondern um schwere Raubüberfälle, Körperverletzungen, um Waffen- und Menschenschmuggel sowie organisierte Bandenkriminalität. Ist es nicht das Recht eines jeden Landes, sich gegen solche Vorfälle zu verteidigen? Und ist es eigentlich nicht die Pflicht eines jeden verantwortlichen Politikers, die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten? Das meinen zumindest wir von der Dänischen Volkspartei (DF), und diese Meinung teilen wir mit der dänischen Regierung.

Ich hätte mich totlachen können, als eine niederländische Frau am Dienstag morgen versucht hat, die Grenze zu überqueren. Sie wurde nicht von den Zöllnern angehalten, denn diese sah man kaum. Nein, sie wurde von Journalisten überfallen und wußte gar nicht, was sie dazu meinen sollte. Dies zeigt die Hysterie und die Heuchelei der – vor allem – deutschen Medien und Politiker; wobei eine Mehrheit in der deutschen Bevölkerung, so ist es nachzulesen in zahlreichen Umfragen, die Grenzkontrollen unterstützt.

Es gibt keine ernstzunehmende EU-skeptische Partei in Deutschland

Das offizielle Deutschland befindet sich eindeutig auf der Seite der EU. Es gibt in Deutschland immer noch keine ernstzunehmende EU-skeptische Partei. Wenn es sie gäbe, könnte sie laut Umfragen für bis zu 20 Prozent der deutschen Wähler attraktiv sein. Aber in Deutschland werden notwendige Diskussionen von der Öffentlichkeit ausgeblendet. Das extremste Beispiel der Hetze gegen Dänemark ging vom hessischen Europaminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) aus. Er forderte dazu auf, Reisen nach Dänemark zu boykottieren. Ist das denn etwa im Sinne der EU?

In der deutschen Öffentlichkeit schweigt man sich aber darüber aus, daß Grenzkontrollen in Deutschland seit langem eine Realität sind. Bei Saarbrücken wird eine Anlage am Grenzübergang zu Frankreich errichtet, und in internationalen Zügen sind Polizei- und Zollkontrollen Routine. Die Deutschen wissen sich also sehr wohl zu schützen – und das ist auch gut so. Aber wenn ein kleines Land wie Dänemark dieselben Maßnahmen einführen will, gibt es plötzlich Ärger.

Die deutschen Touristen können ruhig nach Dänemark fahren – sie werden keine Beeinträchtigungen an der Grenze erleben – leider nur die allzu hohen Preise, mit denen wir es zu schaffen haben. Die Anzahl der Buchungen für Hotels und Ferienhäuser zeigt mittlerweile auch mit aller Deutlichkeit, daß die Nachfrage bezüglich der Dänemark-Urlaube nicht nachgelassen hat – zum Glück! Über die dänischen Grenzkontrollen ist zuviel Wind gemacht worden. Daß die Machthaber in der Europäischen Union sich bedroht fühlen und daß das ganze EU-Projekt bröckelt, ist nicht unser Problem. Unser Anliegen ist die Sicherheit der dänischen Bevölkerung – und die Deutschen sind herzlich eingeladen, unsere Maßnahmen zu kopieren.

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Morten Messerschmidt, geboren 1980, ist Jurist und sitzt für die Dänische Volkspartei seit 2009 im Europäischen Parlament.

(JF 29/11)

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