Sehr geehrter Herr Craig, seit Juni 2024 ist in Südafrika die Regierung der Nationalen Einheit (GNU) im Amt. Damit waren große Hoffnungen verbunden. Die Allmacht des ANC war gebrochen, und mit der Demokratischen Allianz (DA) und der Freiheitsfront Plus (FF plus) sind nun Parteien in der Regierung, die sich für die Belange der Buren einsetzen. Sind im Land bereits Veränderungen spürbar?
Phil Craig: Im Gegenteil, der ANC agiert weiterhin, als hätte er eine absolute Mehrheit, und die DA und FF Plus haben bisher in jeder Frage Kompromisse gemacht. Das Problem ist, daß sie vor der Wahl stehen, entweder eine vom ANC geführte Koalition (GNU) oder eine extremistische ANC/MK/EFF-Regierung zu wählen. Nachdem sie Ramaphosa zum Präsidenten gewählt hatten, nutzte er seine Exekutivgewalt, um das Kabinett zu erweitern und sicherzustellen, daß der ANC das Machtgefüge aufrechterhält – und um eine Reihe von Gesetzen zu unterzeichnen, die der ANC im letzten Parlament verabschiedet hatte. Am bemerkenswertesten ist dabei das Enteignungsgesetz.
Ist die Koalition aus zehn Parteien überhaupt arbeitsfähig?
Craig: Sie funktioniert derzeit, aber nur auf der Grundlage der Unterordnung unter den ANC. Die wichtigsten politischen Parteien müssen noch erkennen, daß ideologische und kulturelle Minderheiten in einem einheitlichen südafrikanischen Staat niemals nach ihrem demokratischen Willen regiert werden können. Sie sind permanente Minderheiten. Ihre einzige realistische Zukunft liegt in der Selbstbestimmung und Selbstverwaltung.
Die Vorstellung, daß die Wahl zwischen einer schlechten Regierung (GNU) und einer noch schlechteren Regierung (ANC/MK/EFF) besteht, ist eine falsche Dichotomie, aber eine, der sich die DA und FF Plus noch nicht stellen wollen. Dies ist besonders merkwürdig im Fall der FF Plus, die gegründet wurde, um die Selbstbestimmung der Buren zu erreichen.
„2025 gab es schon sieben Bauernmorde in Südafrika“
Stichwort Landreform: Am 21. Januar unterzeichnete Cyril Ramaphosa ein neues Enteignungsgesetz. Dies erzürnte US-Präsident Donald Trump und er erklärte Anfang der Woche: „Es ist eine schlimme Situation, die die radikal linken Medien nicht einmal erwähnen wollen. Eine massive Menschenrechtsverletzung, um es milde auszudrücken, ist für alle sichtbar. Die Vereinigten Staaten werden das nicht hinnehmen, wir werden handeln. Außerdem werde ich alle zukünftigen Finanzmittel für Südafrika streichen, bis eine vollständige Untersuchung dieser Situation abgeschlossen ist!“ Was beinhaltet das Gesetz?
Craig: Es erlaubt dem Staat, Eigentum im öffentlichen Interesse zu enteignen, und es erlaubt dem Staat dann, den Wert einer gerechten und angemessenen Entschädigung zu bestimmen, nachdem er den Eigentümer angehört hat, wobei eine gerechte Entschädigung unter bestimmten Umständen, wie zum Beispiel bei nicht genutztem Land, gleich null sein kann.
Am besorgniserregendsten ist, daß der Staat, wenn keine Einigung zwischen dem Eigentümer und dem Staat erzielt werden kann, einseitig nach seinen eigenen Bedingungen vorgehen und das Eigentum sofort in Besitz nehmen kann. Der Eigentümer kann sich dann an ein Gericht wenden, wenn er über die Mittel für die Prozeßkosten verfügt, aber zu diesem Zeitpunkt ist er bereits seines Vermögens beraubt. Wenn er vor Gericht verliert, kann er dazu verpflichtet werden, sowohl die Kosten des Staates als auch seine eigenen zu tragen. Es handelt sich um ein schreckliches Gesetz, das mit böswilliger Absicht entworfen wurde.
South Africa is confiscating land, and treating certain classes of people VERY BADLY. It is a bad situation that the Radical Left Media doesn’t want to so much as mention. A massive Human Rights VIOLATION, at a minimum, is happening for all to see. The United States won’t stand…
— Donald J. Trump Posts From His Truth Social (@TrumpDailyPosts) February 2, 2025
Außerdem wurde jetzt ein Gesetzentwurf zur Abschaffung aller rassistischen Maßnahmen und Gesetze in Südafrika eingebracht.
Craig: Ich habe ihn geschrieben, also bin ich sehr dafür! Wir haben ihn noch nicht im Parlament eingereicht, sondern werben derzeit für den Gesetzentwurf, um öffentliche Unterstützung zu gewinnen. Wir rechnen damit, ihn im nächsten Monat einzureichen. Es ist ein entscheidender Gesetzentwurf. Wir haben jetzt mehr Rassengesetze als zu irgendeinem Zeitpunkt während der Apartheid, was völlig unvereinbar mit einer verfassungsmäßigen Ordnung ist, die angeblich auf dem Prinzip der Rassengleichheit beruht.
Wir rechnen nicht damit, daß der Gesetzentwurf Erfolg haben wird, aber es ist wichtig, den Rassismus des Staates aufzudecken. Wir hoffen, daß dies die größeren Oppositionsparteien wie die DA dazu anspornt, sich noch stärker für die Beendigung der rassistischen Politik in Südafrika einzusetzen.
Hat sich die schwierige Lage der Farmer (Stichwort: Farmüberfälle) positiv verändert?
Craig: Nein, Farmüberfälle sind nach wie vor ein großes Problem, sodaß die Landwirtschaft einer der gefährlichsten Berufe in Südafrika ist. Allein in den ersten beiden Wochen des Jahres 2025 gab es sieben Morde auf Farmen. Es gibt keinen politischen Willen, das Problem der Morde auf Farmen anzugehen. Viele schwarze Südafrikaner feiern sie offen, und die politische Rhetorik, die sie motiviert (wie die Schlachtrufe „Kill the Boer“), wird trotz aller gegenteiligen Beweise als unschuldiger kultureller Ausdruck der Feier der Kampfgeschichte abgetan.
„Positive Diskriminierung hat die Polizei zerstört“
Wie geht es der Wirtschaft? Gehören die Stromausfälle der Vergangenheit an?
Craig: Das Wirtschaftswachstum liegt weiterhin bei etwa einem Prozent und wird wahrscheinlich nicht über maximal zwei Prozent hinauswachsen. Die Regierung ist nicht bereit, die für das Wirtschaftswachstum erforderlichen Schritte zu unternehmen, weil sie ihr vorrangiges Ziel der „Transformation“ gefährden. Wir hatten seit vielen Monaten keinen Stromausfall mehr, aber ironischerweise ist er heute zum ersten Mal wieder aufgetreten. Es bleibt abzuwarten, ob es sich dabei um einen Einzelfall oder um etwas Größeres handelt. Im Moment neige ich dazu zu glauben, daß das Schlimmste des Stromausfalls hinter uns liegt. Der Privatsektor hat seine Kapazitäten erheblich erweitert und Unternehmen und Hausbesitzer versuchen, sich staatsunabhängiger zu machen.
Insbesondere die Polizei hatte in der Vergangenheit mit vielen Problemen zu kämpfen. Was sind das für Probleme und werden sie jetzt gelöst?
Craig: Es wurden einige begrenzte Fortschritte erzielt. Politische Ernennungen und positive Diskriminierung haben den Polizeidienst zerstört. Sechs von sieben Polizeichefs in Folge wurden wegen Korruption und Unehrlichkeit entlassen. Einer von ihnen, Bheki Cele, wurde dann Polizeiminister des ANC (vor kurzem abgelöst). Es scheint nun eine Tendenz zu geben, Polizeifachleute anstelle von Politikern zu ernennen, um den Dienst zu leiten. Dies hat zu einigen leichten Verbesserungen geführt.
Der Polizeidienst ist jedoch nach wie vor weitgehend dysfunktional mit erschreckend niedrigen Verurteilungsraten. Die meisten Bürger sorgen selbst für ihre Sicherheit, indem sie sich entweder selbst bewaffnen, eine Sicherheitsfirma beauftragen oder in ärmeren Gemeinden Selbstjustiz üben. Die Zahl der privaten Sicherheitskräfte übersteigt die der Polizeibeamten inzwischen um das Vierfache. In der Provinz Westkap beträgt das Verhältnis sogar zehn zu eins.
Stichwort Außenpolitik: Welche Rolle spielt Südafrika im Kongo-Ruanda-Konflikt? Und wie schätzen Sie diese ein?
Craig: Südafrika ist im Rahmen einer Friedensmission der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) in der Demokratischen Republik Kongo. Das ist an sich nicht unangemessen, aber das südafrikanische Militär wird so schlecht geführt, daß es südafrikanische Soldaten in Gefahr bringt. Sie sind unterbewaffnet, unzureichend ausgebildet und erhalten keine angemessene Unterstützung. Vergangenes Jahr sollen südafrikanische Truppen ihren eigenen (weißen) Major ermordet haben, weil er zu sehr auf Disziplin achtete. Inzwischen ist der Großteil der wichtigsten militärischen Ausrüstung außer Betrieb, weil sie nicht gewartet wurde (Schiffe, U-Boote, Flugzeuge, Hubschrauber).
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Phil Craig ist Mitbegründer der Westkap-Unabhängigkeitsbewegung und Gründer der Referendums-Partei.