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JF-Interview: NatCon-Verbotsversuch in Brüssel: „Für die Freiheit kämpfen“

JF-Interview: NatCon-Verbotsversuch in Brüssel: „Für die Freiheit kämpfen“

JF-Interview: NatCon-Verbotsversuch in Brüssel: „Für die Freiheit kämpfen“

Auf dem Foto befindet sich ein Polizeieinsatz bei der NatCon-Konferenz in Brüssel. (Themenbild)
Auf dem Foto befindet sich ein Polizeieinsatz bei der NatCon-Konferenz in Brüssel. (Themenbild)
Polizeieinsatz bei der NatCon-Konferenz in Brüssel: „Europhobe“ wie Nigel Farage erklärte ein Bürgermeister für unerwünscht. Foto: picture alliance/dpa/Belga | James Arthur Gekiere
JF-Interview
 

NatCon-Verbotsversuch in Brüssel: „Für die Freiheit kämpfen“

Hunderte Polizisten gegen Dutzende konservative Politiker und Denker: Das Verbot der NatCon-Konferenz in Brüssel sorgte weltweit für Empörung. Die JF spricht mit den Veranstaltern.
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Sehr geehrter Herr O’Brian, die NatCon, eine der renommiertesten Versammlungen von Nationalkonservativen, sollte am 16. und 17. April am Veranstaltungsort Concert Noble in Brüssel stattfinden. Das Mathias Corvinus Collegium (MCC) Brüssel, dem sie angehören, war Veranstalter der Versammlung. Diese wurde verhindert. Vom wem und warum?

John O’Brian: Angesichts der antidemokratischen Beschwerden der Antifa über die Konferenz übte der Bürgermeister der Sozialistischen Partei Brüssels, Philippe Close, Druck auf den ersten Veranstaltungsort Concert Noble aus, und dieser zog seine Bereitschaft zurück, die Konferenz auszurichten.

Es soll noch ein anderes Verbot gegeben haben?

O’Brian: Ja, unerschrocken sicherten wir uns einen zweiten Veranstaltungsort im Hotel Sofitel. Am späten Montagabend sagte auch das Sofitel ab, nachdem ein zweiter Brüsseler Bürgermeister, Vincent De Wolf, Druck auf das Hotel ausgeübt hatte, womit er in der Brussles Times prahlte.

Am vergangenen Dienstagmorgen dann versammelten sich 500 Delegierte und Journalisten in der Claridge Event Hall, um unter anderem Reden des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán, des französischen Präsidentschaftskandidaten Eric Zemmour, des deutschen Kardinals Gerhard Müller, des weltweit bekannten ehemaligen Europaabgeordneten Nigel Farage und der ehemaligen britischen Innenministerin Suella Braverman zu hören. Was geschah dann?

O’Brian: Wir fanden einen anderen Veranstaltungsort und öffneten ihn wie geplant am Dienstag morgen, als der Bürgermeister der Sozialistischen Partei Brüssels, Emir Kir, anordnete, die Konferenz abzusagen. Die Gäste waren gekommen, um interessante Ansichten zu einer Reihe von Themen zu hören, von der Landwirtschaft über die Netto-Null-Einwanderung bis hin zur Bedeutung des Nationalstaates, während die Polizei an der Eingangstür den Befehl erteilte, die Veranstaltung zu schließen.

„Es war nicht gerade die Rote Armee gewesen“

Der sozialistische Bürgermeister der Brüsseler Gemeinde Saint-Josse-ten-Noode, Emir Kir, hatte laut Medienberichten erklärt, daß die Gemeinde der Veranstaltung überhaupt nicht zugestimmt habe. Er sei überrumpelt worden und habe erst am frühen Montag  abend davon erfahren. „Aus Sicherheitsgründen“ habe er dann ein Verbot der Veranstaltung erlassen. Hatte er noch andere Rechtsgründe genannt?

O’Brian: Er begründete dies nicht nur mit „Sicherheitsbedenken“, sondern auch damit, daß die Vision der NatCon nicht nur ethisch konservativ sei (zum Beispiel die Ablehnung der Legalisierung von Abtreibung, gleichgeschlechtlichen Partnerschaften), sondern sich auch auf die Verteidigung der „nationalen Souveränität“ konzentriert, was unter anderem eine „euroskeptische“ Haltung impliziert.


Wir setzten die Konferenz fort, während wir Rechtsmittel einlegten – doch die Polizei verhinderte danach, daß jemand in die Versammlung kam, verweigerte den Zutritt zum Essen und blockierte die Eingangstür mit einer Mauer aus Beamten. Zudem wurde zwei französischen Politikern, Éric Zemmour (Reconquête) und Patricia Chagnon (Rassemblement National), die sprechen sollten, der Zutritt verweigert.

Inwiefern war die Sicherheit beeinträchtigt?

O’Brian: Wir hatten Sicherheitsvorkehrungen, aber das Versäumnis der Bürgermeister, für Polizeischutz zu sorgen, war eine Möglichkeit, die Versammlungsorte in Panik zu versetzen. Am Ende waren es 30 Antifa-Leute mit Transparenten, die auftauchten, nicht gerade die Rote Armee, und nichts, was Anlaß zur Sorge gab.

Wer war aus Sicht des Bürgermeisters gefährdet?

O’Brian: Frank Furedi, Exekutivdirektor des MCC Brüssel, bezeichnete die Sicherheitsbedenken des Bürgermeisters gegenüber dem Guardian als „Bullshit“. Ich denke, das ist eine sehr gute Beschreibung der Sicherheitsbedrohung.

Wieviel Polizeikräfte waren vor Ort?

O’Brian: Ich habe gehört, es seien fünf Polizeitransporter gewesen, aber ich kann das nicht bestätigen.

„Die Menschen fühlten sich wie in einem Orwellschen Albtraum“

Emir Kir hat nach Angaben des Onlinedienstes 7sur7 auch darauf hingewiesen, daß er „faschistisch motivierte Veranstaltungen in seiner Gemeinde kategorisch“ ablehne. Also doch ein Politikum?

O’Brian: Zweifellos waren die Versuche, die Konferenz zu schließen, ausschließlich politisch motiviert. In der von Kir erlassenen Verfügung sind die von den Teilnehmern vertretenen Ansichten ausdrücklich erwähnt worden.

Hat der Bürgermeister nicht eher seine gesetzliche Pflicht, die freie Meinungsäußerung und das Versammlungsrecht zuzulassen, verletzt, indem er dem Veranstaltungsort nicht den notwendigen Schutz gewährte?

O’Brian: Unserer Meinung nach hat der Bürgermeister seine Pflichten zum Schutz und zur Wahrung der Rechte aller Bürger nicht erfüllt. Der belgische Premierminister erklärte in Tweets, die Maßnahmen seien verfassungswidrig.

Die Organisatoren der Konferenz haben gegen die Entscheidung der Behörden vor dem Conseil d’État, dem höchsten belgischen Gericht für Fragen der öffentlichen Verwaltung, geklagt. Wie hat es entschieden?

O’Brian: Das Gericht hat am Mittwoch morgen um zwei Uhr entschieden, daß wir das Recht haben, die Konferenz durchzuführen.

War die Einmischung des Bürgermeisters und die Gerichtsentscheidung dann auch Thema am zweiten Tag bei der Veranstaltung? Was war das Echo?

O’Brian: Die Konferenzteilnehmer waren schockiert, daß ihr Versammlungsrecht mit solch einem Extremismus unterbunden werden sollte. Die Menschen fühlten sich wie in einem Orwellschen Albtraum, hatten aber auch ein starkes Gefühl dafür, daß für die Freiheiten gekämpft werden muß.

„Die Causa NatCon ist ein Warnschuß“

Das Mathias Corvinus Collegium (MCC) Brüssel veranstaltet seit Oktober 2022 Veranstaltungen und Debatten. Wird es schwieriger für Sie, in Brüssel Orte für Veranstaltungen zu finden?

O’Brian: Nein, aber deshalb mußten wir kämpfen. Es wäre ein Präzedenzfall für das Verbot aller Arten von Veranstaltungen gewesen, die den Eliten nicht gefallen. Wir haben für alle Ansichten und das Recht auf freie Meinungsäußerung gekämpft und gewonnen, von links bis rechts und aus der Mitte.

Wie steht es um die Meinungsfreiheit in Brüssel wenige Wochen vor der EU-Wahl?

O’Brian: Ein Gerichtsbeschluß in letzter Minute um zwei Uhr morgens hat den Bürgermeister daran gehindert, unsere Versammlung zu schließen. Daß die freie Meinungsäußerung und das Recht, sich zu versammeln, eine Woche vor den Europawahlen, bei denen die Linke voraussichtlich stark verlieren wird, an einem seidenen Faden hängen, ist ein Warnschuß für alle, denen die freie Meinungsäußerung am Herzen liegt, daß in Brüssel, dem Herzen der Europäischen Union, etwas faul ist.

Trotz wiederholter Versuche, unser Treffen abzusagen, hatten wir eine großartige Zusammenkunft, bei dem wesentliche Ideen darüber, wie wir Europa besser machen können, diskutiert, erörtert und ausgetauscht wurden. Wir haben es geschafft, aber wir wurden daran erinnert, daß die Freiheit erkämpft und verteidigt werden muß. Wir können unsere hart erkämpften Rechte nicht als selbstverständlich ansehen.

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John O’Brian
ist Leiter der Abteilung Kommunikation bei der ungarischen Denkfabrik Mathias Corvinus Collegium (MCC) in Brüssel.

JF 18/24

Polizeieinsatz bei der NatCon-Konferenz in Brüssel: „Europhobe“ wie Nigel Farage erklärte ein Bürgermeister für unerwünscht. Foto: picture alliance/dpa/Belga | James Arthur Gekiere
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