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Der Welterklärer

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Für sein Publikum ist Peter Scholl-Latour der letzte Welterklärer. Er hat – nach seiner Ost-Timor- Reise im letzten Jahr – nun alle 193 Länder der Erde besucht und ist der erfolgreichste Sachbuchautor deutscher Zunge. Seinen Zuschauern und Lesern gilt er als die journalistische Instanz schlechthin. Wie kein zweiter verbindet er persönliche Erfahrung und tief gegründetes historisch-kulturelles Wissen mit einer eindringlichen Erzählkraft. In Fernsehfilmen und politischen Bestsellern beleuchtet er aktuelle Schauplätze der Weltpolitik, erklärt Hintergründe, zeigt Zusammenhänge auf. Wer ihn heute – zwanzig Jahre nach Eintritt ins Rentenalter – anruft, dem kann es passieren, gebeten zu werden, sich „in zwei Wochen“ nochmals zu melden, weil er gerade „sehr im Streß“ sei. Noch immer reist er – wenn ihn nicht das Zeitraster einer Fernsehproduktion oder eines neuen Verlagswerks zur Seßhaftigkeit zwingt – gerne auf seinem fliegenden Teppich durch die Welt.

Am kommenden Montag, dem 9. März, wird dieser Unruhegeist nun 85 Jahre alt. Seine Leser und Anhänger seien auf die 45 Minuten-Dokumentation „Die besten im Westen: Peter Scholl-Latour“ zwei Tage zuvor im Programm von Phoenix hingewiesen.

Der Sproß einer lothringisch-saarländischen Arztfamilie wurde 1924 in Bochum geboren. An Ruhr und Saar sowie in Metz wuchs er auf. Als Schüler eines schweizerischen Jesuitenkollegs genoß er eine katholisch grundierte Erziehung im Geiste einer über das rein Nationale hinausgehenden europäischen Kultur. Obwohl sein Vater Mitglied des deutschnationalen Stahlhelm war, entzog sich Scholl-Latour der Wehrmacht, trat aber nach 1945 aus Abenteuer- und Reiselust in das französische Expeditionskorps für Indochina ein – und nicht in die Fremdenlegion, wie häufig behauptet.

Desillusioniert kehrte er aus diesem Krieg zurück, studierte in Deutschland, Paris und Beirut Philologie und Orientkunde. Nach einem Intermezzo 1954/55 als Regierungssprecher an der Saar wurde er ARD-Korrespondent in Afrika und Südostasien, Studioleiter in Paris, für einige Jahre Fernsehdirektor des WDR und Herausgeber des Stern.

Obwohl nicht sein erstes Buch, begründete sein Vietnam-Bestseller „Der Tod im Reisfeld“ 1979 seine Karriere als Erfolgsautor und schließlich seinen legendären Ruf. Längst ist Scholl-Latour fast schon ein Mythos, einer der ganz wenigen mit einem Gespür für das deutsche, französische, europäische Schicksal. Die sich abzeichnende Ermüdung des „weißen Mannes“, der drohende Verlust der angestammten Identität und der ethnischen und kulturellen Substanz der europäischen Völker – das treibt ihn mehr um als das Klein-Klein des täglichen Nachrichtengeschäfts. Je älter er wird, desto deutlicher zeigt er jenseits seiner journalistischen Perfektion eine geistesgeschichtliche Signatur, die eine eigene politische Wirkung zu entfalten beginnt. Es wäre gut für uns, wenn ihm dies noch viele weitere Jahre gelänge.

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