Herr Ulfkotte, Ihr Buch „Der Krieg in unseren Städten. Wie radikale Islamisten Deutschland unterwandern“ darf nach einer Flut von Klagen von seiten islamischer Vereine vorerst nicht in zweiter Auflage erscheinen (JF 21/03). Welche Falschbehauptungen konnten Ihnen nachgewiesen werden, um den weiteren Vertrieb des Buches zu verhindern? Ulfkotte: Bislang haben wir alle gegen uns angestrengten Verfahren, die bereits verhandelt wurden, gewonnen. Doch verstärkt sich bei Eichborn und mir immer mehr der Eindruck, daß es gar nicht um angebliche Fehler geht, sondern darum, das Buch vom Markt zu drängen. Derzeit werden wir täglich mit vielen neuen Klagen, Anträgen auf einstweilige Verfügung oder Begehren auf Unterlassungserklärung konfrontiert. Und da selbst bei gewonnenen Verfahren Kosten entstehen, sehen wir uns voraussichtlich gezwungen, unseren Widerstand einzustellen und – wenn auch mit erhobenem Haupt – klein beizugeben. Allerdings geben Sie zu, auch Fehler gemacht zu haben. Ulfkotte: Bislang habe ich in der ersten Auflage zwei Fehler gefunden, die natürlich für die Neuauflage berichtigt worden wären. Was für Fehler? Ulfkotte: Zwei beschriebene Personen sind derzeit nicht mehr in den von mir genannten Positionen tätig. Zum Zeitpunkt Ihrer Recherche hatten sie diese Positionen aber bestimmt inne? Ulfkotte: Ja, und es gehört zur üblichen Mimikry, also zum Repertoire von Tarnung und Täuschung islamistischer Organisationen, Namen, Positionen oder Mitgliedschaften zu ändern. Ich habe darauf schon im Nachwort der ersten Auflage hingewiesen. Was werfen jene, die Sie mit Klagen überziehen, dem Buch konkret vor? Ulfkotte: Die meisten der Klagen sind geradezu absurd. Die Art und Weise vieler Anträge macht stutzig. Dazu müssen Sie wissen, daß mein Buch nicht das erste Opfer einer islamistischen Kampagne in Deutschland ist. Ähnliches ist zum Beispiel bereits den Fernsehsendern Vox und Phönix passiert, die beide schon auf die Ausstrahlung angekündigter islamkritischer Sendungen verzichtet haben, nachdem Klagen und Drohungen eingegangen waren. Oder denken Sie an den Fall der Berliner Journalistin Claudia Dantschke, die unter anderem für die taz arbeitet, und die über die Beziehungen islamischer Vereine zur vom Verfassungsschutz beobachteten islamistischen Organisation Milli Görüs berichtet hat. Die Liste vergleichbarer Fälle läßt sich fortsetzen. Nun werden vor Gericht auch Aussagen aus meinem Buch angefochten, die bereits Frau Dantschke juristisch durchgesetzt hat. Wenn aber diese Fragen schon gerichtlich entschieden worden sind, warum wird dann nun erneut geklagt? Um uns mit einer Prozeßlawine zu überschütten und das Buch auf diese Weise aus dem Verkehr zu ziehen. Es handelt sich also um eine Art Zensur – die Inhalte sollen nicht an die deutsche Öffentlichkeit gelangen. Frau Dantschke hat sogar erlebt, daß die Kläger in eidesstattlichen Versicherungen offen gelogen haben. Daß das vor Gericht schnell aufflog, kümmerte die gar nicht. Hauptsache sie hatten erstmal eine Einstweilige Verfügung erwirkt, um Frau Dantschke matt zusetzen. Daß sich hier der Rechtsstaat nicht gegen eine solche Manipulation wehrt, verstehe ich nicht. Würde es sich bei solchen Klägern um Deutsche handeln, würden sie gewiß strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Warum zögert der Rechtsstaat gegenüber den Islamisten? Ulfkotte: Ich weiß es nicht, aber er tut es. Wer konkret geht juristisch gegen Ihr Buch vor? Ulfkotte: Zum Beispiel die Islamische Föderation in Berlin e.V., weil ich in meinem Buch von deren Beziehungen zu Milli Görüs berichtet habe. Das ist natürlich unangenehm für eine Vereinigung, die in Berlin das Recht hat, islamischen Religionsunterricht zu erteilen. Andere sind zum Beispiel die Europäische Moscheebauunterstützungsgesellschaft (EMUG), die Islamische Gemeinschaft in Deutschland (IGD) und viele andere bis hin zu Einzelpersonen. Handelt es sich nach Ihren Erkenntnissen nur um islamistische Vereinigungen, oder werden auch an sich harmlose muslimische Gemeinden gegen Sie mobilisiert? Ulfkotte: Die Personen, die ich in meinem Buch kritisch vorstelle, gelten größtenteils in der deutschen Öffentlichkeit als die „Lichtgestalten“ des moslemisch-christlichen Dialogs, Personen also, die bei unseren Politikern, Kirchenführern und Meinungsmachern in hohem Ansehen stehen. Zum Beispiel? Ulfkotte: Etwa Ibrahim Al-Zayat, Chef der schon genannten Islamischen Gemeinschaft in Deutschland, der mit vielen Politikern und Kirchenvertretern im Dialog steht und gleichzeitig Europa-Repräsentant der Weltvereinigung Muslimischer Jugend (WAMY) ist, einer saudi-arabischen Organisation, deren US-Repräsentanten bis zum 11. September 2001 zwei jüngere Brüder von Osama bin Laden waren und die vom FBI als „suspected terrorist organisation“, also als „vermutliche Terrororganisation“ eingestuft wurde. Noch 2002 hat die WAMY – wie gesagt, Al-Zayat ist Europa-Repräsentant! – in Großbritannien bei einem Jugendtreffen nicht nur Koran-Rezitationen angeboten, sondern auch Lektionen im Gewehrschießen erteilt. Wie steht es mit dem Islamrat oder dem Zentralrat der Muslime in Deutschland, deren Spitzenvertretern – ebenso wie jenen von Milli Görüs – auch die junge freiheit mit Interviews bereits ein Forum geboten hat? Ulfkotte: Der Islamrat wird von Milli Görüs beherrscht, und über den Vorsitzenden des Zentralrates, Nadeem Elyas, habe ich diverses Unangenehmes in meinem Buch aufgelistet. Etwa, daß er dem deutschen Kontaktmann des Attentäters von Djerba, Christian G., ein Stipendium für eine islamische Universität in Saudi-Arabien verschafft hat, wo dieser sich heute auch aufhält. Allerdings arbeiten Sie mit Verdachtsmomenten – Stichwort „suspected terror organisations“ – und den erfahrungsgemäß leider auch politisch gefärbten Einschätzungen des Verfassungsschutzes und des FBI. Haben Sie neben Hinweisen auch Beweise? Ulfkotte: Ich bin bei meinen Recherchen auf so viele „Merkwürdigkeiten“ gestoßen, daß ich nach jedem fünften Satz in meinem Buch blauäugig ausrufen könnte: „So ein Zufall!“ Die meisten der von mir beschriebenen Personen haben sich im Sinne rechtsstaatlicher Normen nicht strafbar gemacht – sonst säßen sie längst im Gefängnis. Allerdings handelt es sich zum Beispiel um Personen, die regelmäßig Besuch von anderen Personen haben, die dann Terroranschläge verüben. Es drängt sich die Frage auf, sind diese Leute so dumm, oder drücken sie einfach beide Augen zu, wenn sie solche kriminellen Machenschaften in irgendeiner Form unterstützen? Auch Sie hat man schon des Extremismus bezichtigt. Der NDR hat Sie für Ihre Ansichten über den Islam laut Meldung der Nachrichtenagentur idea schon mit dem Attribut „rechtsradikal“ belegt. Ulfkotte: Das ist absurd! Im Gegenteil, mein Buch behandelt auch die Verbindungen von Islamisten und Rechtsradikalen. Geraten aber nicht in der Tat Muslime nur allzu schnell in Verdacht, weil sie einfach einer anderen Kultur angehören, die uns trotz unserer ständigen multikulturellen Lippenbekenntnisse in Wirklichkeit fremd und suspekt ist, weil viele Muslime etwa im Gegensatz zu den meisten Deutschen ihren religiösen Glauben noch ernst nehmen und sich damit sehr schnell dem Fundamentalismusverdacht aussetzen? Ulfkotte: Natürlich lebt die große Mehrheit der Muslime in Deutschland friedfertig und möchte mit Terror und Gewalt nichts zu tun haben. Doch wäre es naiv zu glauben, daß sie deshalb nicht auch von islamistischen Organisationen beeinflußbar wären. Deshalb wünsche ich mir vor allem auch Muslime als Leser meines Buches, da ihnen die islamistischen Machenschaften vieler ihrer Vereinsvorsitzenden gar nicht bekannt sind. Bislang haben mir gegenüber weder Polizeiermittler noch Islamwissenschaftler meiner Darstellung widersprochen, und vor Gericht habe ich noch keinen Klagestreit verloren. Aber niemand muß meinem Buch blind glauben, ich würde mich freuen, wenn es die Presse einer kritischen Betrachtung unterziehen würde. Bislang wird nicht nur Ihr Buch, sondern auch die Kampagne dagegen, von der deutschen Presse – gelinde gesagt – äußerst stiefmütterlich behandelt. Ulfkotte: Als klar wurde, daß wir uns gegen die Klageflut wohl nicht würden wehren können, ist Eichborn mit einer Presseerklärung an die Öffentlichkeit getreten. Das war ein Hilferuf, doch es gab, außer einem Artikel in der Welt, kaum Reaktion in Presse, Funk und Fernsehen. Natürlich bin ich enttäuscht, daß im Rechts- und Verfassungsstaat Deutschland dieser eindeutige und schwerwiegende Fall eines Angriffs auf die Pressefreiheit nicht zu einem Aufschrei führt. Warum passiert das nicht? Ulfkotte: Das beginnt mit der political correctness: Man schreckt in Deutschland ja schon davor zurück, den Ausländeranteil in der Kriminalitätsstatistik in der Presse zu thematisieren. Doch ich fürchte, schon dafür werden wir eines Tages die Quittung bekommen. Aber natürlich hat man in den Redaktionen auch Angst, über den Islamismus detailliert zu berichten, weil man Angriffe, wie ich sie erlebe, fürchtet. Gute Verteidiger kosten schließlich Geld – und welche Redaktion hat heute davon noch genügend zur Verfügung? Sprechen Sie von der Klagewelle oder auch von tätlicher Gewalt? Ulfkotte: Einer solchen Recherche wie der für mein Buch folgen unweigerlich Drohungen gegen Leib und Leben. Dabei spreche ich nicht von abstrakten, sondern von ganz konkreten Drohungen und „Maßnahmen“, wie zum Beispiel dem Abschrauben der Radmuttern an den Rädern Ihres Wagens oder Prügelüberfällen. Sie sind selbst schon derart tätlich angegriffen worden? Ulfkotte: Darüber möchte ich lieber nicht öffentlich sprechen, um solche Dinge nicht noch zusätzlich zu provozieren. Meiner Erfahrung nach steigert sich die Zahl solcher „Vorfälle“, wenn man über sie offen spricht. Wenn aber die Öffentlichkeit reagieren soll … Ulfkotte: Die reagiert ja nicht! Sie haben inzwischen Polizeischutz bekommen. Ulfkotte: Dazu kein weiterer Kommentar. Verstecken Sie sich? Ulfkotte: Nein, ich gehe nicht in die Öffentlichkeit und erzähle nicht herum, wo ich mich gerade aufhalte, auch haben wir die Lesereise zur Vorstellung meines Buches nach Vorfällen bei einer anderen Veranstaltung abgesagt. Aber ich verstecke mich nicht. Operieren die von Ihnen genannten Organisationen in Deutschland auf eigene Faust, oder werden sie vom Ausland, vielleicht gar von al-Qaida, gesteuert? Ulfkotte: Jeder fragt nach al-Qaida und belegt damit nur, daß wir tatsächlich gar keine Ahnung vom weltweiten islamistischen Netzwerk haben. Ob al-Qaida, die palästinensische Hamas, die algerische GIA, oder welche Gruppe auch sonst, alle basieren sie auf der Ideologie der 1928 in Ägypten gegründeten Muslimbruderschaft. Sie ist das einigende Band der Islamisten, nicht die Mitgliedschaft hier oder dort, wie das in unseren Medien meist oberflächlich dargestellt wird. Was will die Muslimbruderschaft? Ulfkotte: Ihre Strategie ist es, dem Westen mit einem freundlichen Gesicht gegenüberzutreten, tatsächlich aber dessen Vernichtung zu betreiben. Dabei ist jedes Mittel zur Unterminierung recht: vom vorgeblich freundlichen Dialog bis zum bewaffneten Kampf mit Terror und Attentaten. Es geht ihr nicht lediglich darum, den massiven Einfluß des Westens aus der islamischen Hemisphäre zurückzudrängen? Ulfkotte: Nein, es geht um die „Missionierung“ des Westens, notfalls mit Gewalt, an deren Ende eben auch ein europäisches Kalifat stehen soll. Wenn Sie glauben, es ginge den Islamisten nur um zum Beispiel Algerien oder Afghanistan, haben Sie sich geschnitten. Ist die Verwendung des Wortes „Krieg“ im Titel Ihres Buches also nicht nur journalistische Provokation, sondern eine Prognose? Ulfkotte: Leider ja, während wir in Europa noch diskutieren, ob die These Samuel Huntigtons vom „Kampf der Kulturen“ politisch korrekt ist, wird selbiger von den Islamisten -auch hier bei uns – bereits vorbereitet. Wir werden in Deutschland in Zukunft Terroranschläge erleben, wie wir sie bislang nur etwa aus Sri Lanka, Israel, Algerien oder zuletzt aus Djerba, Bali oder Saudi-Arabien kennen. Das Problem mit Warnungen dieser Art ist jedoch, daß daraufhin unsere Öffentlichkeit erwartet, daß sich solche Anschläge in den nächsten Wochen, spätestens Monaten ereignen. Geschieht nichts, wiegen wir uns bereits wieder in Sicherheit. Wir sind schnellebig. Europäer und Amerikaner denken wie im Kino, dauernd muß etwas passieren – sonst schwindet die Aufmerksamkeit. Doch die islamische Welt ist ganz anders, in dieser Kultur denkt man langfristig. Zeit spielt eine wesentlich weniger wichtige Rolle. Es ist für eine Gruppe nicht unglaubwürdig, wenn sie lange nichts von sich hören läßt, sondern statt dessen im geheimen und ganz in Ruhe das nächste Attentat plant. Und seien Sie sicher, man plant. Udo Ulfkotte ist Autor des Buches „Der Krieg in unseren Städten. Wie radikale Islamisten Deutschland unterwandern“ (Eichborn-Verlag), gegen das islamische Vereine in Deutschland seit dessen Erscheinen im März massiv vorgehen. Ulfkotte, der Jura, Politologie und Islamkunde studiert hat, ist seit 1986 Redakteur der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, zuständig für den Mittleren Osten und für Geheimdienst-fragen. Geboren wurde er 1960 in Lippstadt. Zum Thema veröffentlichte Ulfkotte bereits 2001 bei Goldmann „Propheten des Terrors. Die geheimen Netzwerke der Islamisten“. Letzte Meldung: Aufgrund der Vielzahl an Anträgen gegen „Der Krieg in unseren Städten“ ändert sich der juristische Stand der Dinge derzeit fast täglich. Bei Redaktionsschluß hat das Landgericht Berlin die Einstweilige Verfügung auf Antrag der Islamischen Föderation in Berlin e.V. teilweise wieder aufgehoben, das Buch darf vorerst wieder ausgeliefert werden. Weitere Verfahren dauern allerdings an. Die zweite Auflage soll, falls dies nicht erneut verhindert wird, Anfang Juni ausgeliefert werden, wie der Verlag auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mitteilte. weitere Interview-Partner der JF