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„Zwischen Koch und Müller paßt kein Blatt“

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Herr Dr. Lippold, die Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen am vergangenen Sonntag, die der Union zwei überragende Siege beschert haben, werden allgemein als „Denkzettelwahlen“ gewertet. Das aber heißt, daß die Wähler in erster Linie nicht für die CDU, sondern gegen die SPD gestimmt
haben. Lippold: In Niedersachsen hat das wohl in der Tat eine größere Rolle gespielt, in Hessen jedoch – das haben die Wählerbefragungen gezeigt – ist der Wahlsieg in erster Linie der Zufriedenheit mit den Leistungen der bisherigen Regierung Koch zu verdanken. Halten Sie den Erfolg Christian Wulffs mit Blick auf die nächste Landtagswahl in Niedersachsen für verläßlich? Lippold: Christian Wulff wird nun zeigen, was er kann. Und er wird überzeugen. In Niedersachsen ist die CDU traditionell verwurzelter als in Hessen, Wulffs Wahlsieg wird keine „Eintagsfliege“ sein. Die „liberalen“ Regierungschefs der Union wie Peter Müller und Ole von Beust haben mit Christian Wulff Verstärkung bekommen. So sehr Sie sich über den Wahlsieg Ihrer Partei in Niedersachsen freuen, birgt die Festigung der „liberalen“ Position in der Union aus Sicht der „konservativen“ CDU-Landesverbände in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen nicht auch kritische Gesichtspunkte? Lippold: Nein, denn die Stärke der CDU in Hessen liegt vor allem in ihrer überzeugenden Sacharbeit. Es gibt zudem eine große Anzahl von Gemeinsamkeiten, zum Beispiel zwischen Roland Koch und Peter Müller. Eine Frontstellung, wie Sie sie darstellen, sehe ich also so nicht. Wir erleben zur Zeit wieder ein hohes Maß an Geschlossenheit in der Union, und diesen Zustand sollten wir beibehalten. Ist die Geschlossenheit in Grundsatzfragen wirklich so groß? So hat zum Beispiel in der Frage der Zuwanderung Peter Müller doch grundsätzlich eine andere Haltung als Roland Koch, der 1999 gerade mit einer Kampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft die Wahlen für sich entschied. Lippold: Daß man der doppelten Staatsbürgerschaft grundsätzlich kritisch gegenübersteht, war damals Gemeingut in der Union. Daß wir uns in Hessen zu dieser Kampagne entschlossen hatten, war der damaligen Situation geschuldet. Auch wenn das nicht bei jedem in der Union Zustimmung gefunden hat, so änderte das doch nichts an der Übereinstimmung in Grundsatzfragen auch mit unseren damaligen parteiinternen Kritikern. Ich erinnere mich an einen gemeinsamen Auftritt Müllers und Kochs in den letzten Wochen hier in Hessen, da paßte kein Blatt Papier zwischen die beiden. Ole von Beust ist nur mit Hilfe der Schill-Partei Regierungschef geworden, Christian Wulff erst im dritten Anlauf durch eine enorme Anti-Schröder-Stimmung. Dagegen hat Koch nicht nur einen in mehrfacher Hinsicht spektakulären Sieg errungen, sondern auch schon 1999 gezeigt, was die Union mit einem konsequenten, akzentuierten konservativen Kurs im Wahlkampf auch ohne Schill und günstige Stimmungen erreichen kann! Lippold: Ja, aber das ist in erster Linie der persönlichen Überzeugungskraft Kochs zu verdanken, und am Sonntag war entscheidend, daß wir den Wählern sagen konnten, wir haben gehalten, was wir 1999 versprochen haben. Hessen, ein neues CDU-Stammland? Lippold: Nun, wir werden auch bei der nächsten Landtagswahl kämpfen müssen. Ihr Beharren auf der Sachpolitik der Union legt den Schluß nahe, das konservative Profil Roland Kochs hätte im Heimatland Alfred Dreggers gar nichts zum Wahlsieg beige-
tragen? Lippold: Sie verweisen zu Recht auf Alfred Dregger, unter dem die CDU in Hessen schon einmal große Erfolge erzielt hatte. Das konservative Profil der Union manifestiert sich aber in unserer konkreten Politik, der kompletten Abarbeitung unseres Sachprogramms. Zum Beispiel, daß wir den Eltern in Hessen wieder die Möglichkeit gegeben haben, ihre Kinder in einem Schulsystem lernen zu lassen, das keinen Stundenausfall mehr kennt. Oder durch unsere Erfolge in puncto Innere Sicherheit. Versprochen, gehalten! Stichwort „Innere Sicherheit“: Haben Sie die Schill-Partei als Herausforderung im Wahlkampf empfunden? Lippold: Sagen wir es so, sie war etwas störend, aber keine Herausforderung. Roland Koch hat erklärt, keine bundespolitischen Ambitionen zu haben. Dennoch stellt sich die Frage, ob er durch diesen überragenden Wahlsieg nicht so viel politisches Eigengewicht gewonnen hat, daß er zwangsläufig zu einer Herausforderung für Angela Merkel wird? Lippold: Es sind in Hessen weiterhin genug Aufgaben zu lösen, es hat also keinen Sinn, solche Fragen zu diskutieren. Im Bundestag ist die Union in der Minderheit, im Bundesrat aber demnächst in der Mehrheit. Einfluß kann die CDU/CSU in Zukunft also vor allem über die Ländervertretung ausüben. Bedeutet das nicht eine Entwertung der CDU-Bundestagsfraktion? Lippold: Im Gegenteil, durch die Rückenstärkung im Bundesrat verbessern sich die Möglichkeiten der Bundestagsfraktion. Dennoch sieht sich die Fraktion mit einer Verschiebung des „Entscheidungszentrums“ konfrontiert – weg von der Führung um Angela Merkel, hin zur Riege der CDU-Landes-
fürsten. Lippold: Frau Merkel ist nicht nur Fraktionschefin, sondern auch Parteivorsitzende. Und mit der gestärkten Mehrheit im Bundesrat steht ein neues Instrument zur Verfügung, mit dem wir auf die Bundespolitik Einfluß nehmen können. Und auch bei der Wahl des Bundespräsidenten im kommenden Jahr werden wir mitreden. Dr. Klaus Lippold ist Vorsitzender der hessischen Landesgruppe im Deutschen Bundestag und stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Der ehemalige Geschäftsführer ist zudem Mitglied im Landesvorstand der hessischen CDU. Geboren wurde er 1943 in Bochum, heute lebt er in der Nähe von Offenbach. weitere Interview-Partner der JF

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