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Bologna als Bildungskatastrophe

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Bologna als Bildungskatastrophe

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Vor 45 Jahren ließ der Pädagoge Georg Picht im Rheinischen Merkur seinen Alarmruf über die „deutsche Bildungskatastrophe“ erschallen, die nur verhindert werden könne durch eine Verzehnfachung der Zahl der Abiturienten und Studenten. Dies war der Anstoß zu jahrzehntelangen Bildungsreformdebatten.

Deren Ergebnis wurde die eigentliche Bildungskatastrophe, die deutsche Massenuniversität mit ihren hohen Abbrecherquoten und Prozentsätzen nicht studierfähiger Studenten, zumal in den Geisteswissenschaften, wie man als Hochschullehrer in den siebziger und achtziger Jahren hautnah feststellen konnte.

Der europäische Bolognaprozeß, vor zehn Jahren beschlossen, ist ein weiterer Akt der europäischen Bildungskatastrophe. An seinem Beginn standen richtige Einsichten. Man wollte Schluß machen mit der oft abenteuerlich langen Studiendauer, den hohen Abbrecher- und Studienwechselquoten mit ihren Milliardenkosten an Steuergeldern. Die Studien sollten gestrafft, der Misere überfüllter Vorlesungen und Seminare sollte gesteuert werden. So weit, so gut.

Doch entstanden ist ein Ungetüm: überreglementierte Studiengänge, die Ausrichtung der Geisteswissenschaften und der Studierweise der technischen und naturwissenschaftlichen Fächer, generell die Verschulung der Universitäten nach dem Muster von Fachhochschulden, ein Exzeß technokratischen Denkens, der in der Struktur und Sprache des Bolognaprozesses zum Ausdruck kommt. So etwa in der Bezeichnung der Studieneinheiten- und Abschnitte als „Module“.

Die Universität erscheint als genau das, was sie nach der Vorstellung des englischen Universitätsreformers Henry Newman („The Idea of a University“) nicht sein soll und darf: als Basar, Werkstatt, Fabrik oder Tretmühle.

Hinzu kommt der weitgehende Rückzug des Staates aus der Verantwortung für die Hohen Schulen mit der Begründung, ihnen mehr Freiheit und Autonomie geben zu wollen. Tatsächlich aber mit dem Ergebnis, daß man ein Vakuum entstehen läßt, in das ökonomisches Profit- und technokratisches Effizienzdenken einströmt. Der Ungeist eines tristen Utilitarismus und Materialismus, der Wissenschaft vernichtet, weil sie sich den Bedürfnissen der Menge anpaßt, Bildung zur Wissensvermittlung werden läßt, die ihre eigene Oberflächlichkeit nicht mehr erkennt (Martin Reiser).

Prof. Dr. Klaus Hornung lehrte Politikwissenschaft an der Universität Hohenheim.

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