In Meinungsumfragen sind die Sozialdemokraten nicht „auf der Höhe der Zeit“. So aber heißt ein Buch, das die SPD-Bundesminister Steinmeier und Steinbrück zusammen mit Ex-Parteichef Platzeck herausgebracht haben und das einen für Außenstehende kaum zu durchschauenden Streit in der SPD ausgelöst hat. Die Autoren betrachten sich selbst als „Reformflügel“, ihre linken Kritiker Nahles und den Juso-Vorsitzenden Böhning bezichtigen sie des „Konservatismus“, was für Sozialisten eine schwere Beleidigung ist. Der Parteivorsitzende Beck erscheint in diesem Streit als führungsschwach und allenfalls als Moderator. Diese Bezeichnung wiederum empfindet er als Beleidigung, weshalb er sich „so einen Scheiß“ nicht mehr bieten lassen wolle. Es geht in der SPD drunter und drüber. Den Hintergrund bildet die Konsolidierung der Linkspartei, die vor allem auf Kosten der Sozialdemokratie geht. Es besteht die Gefahr, daß die SED-Nachfolger sich auch in Westdeutschland dauerhaft oberhalb der Fünf-Prozent-Hürde etablieren, was bedeuten würde, daß die SPD sich in Zukunft entweder mit den Linksradikalen arrangieren oder auf lange Zeit in Großen Koalitionen mit der Rolle des Juniorpartners neben der Union begnügen muß. Möglicherweise profitiert auch die NPD, die erhebliche Anziehungskraft auf junge, national gesinnte Arbeiter ausübt, von der Schwäche der SPD. Das bundesrepublikanische Parteiensystem dürfte im kommenden Jahr einer schweren Belastungsprobe unterzogen werden.