Schon lange Zeit gärt es in unserem Land. Ein wachsendes Heer von Arbeitslosen kommt sich an den gesellschaftlichen Rand gedrängt und nutzlos vor. Die Politik schafft es bisher nicht, diesen Trend umzukehren. Einmal lange arbeitslos, wird es für die Betroffenen immer schwieriger, in einen neuen Job zu finden. Das Ergebnis sind Millionen Langzeitarbeitslose ohne gesellschaftliche Teilhabe. Als Lösung für dieses Problem scheint der Vorschlag von Stefan Müller MdB (CSU), eine Dienstpflicht für die Betroffenen einzuführen, überlegenswert. Ziel ist es, arbeitslosen Hilfebeziehern eine Funktion in der Gesellschaft zurückzugeben und damit auch ein Stück Anerkennung. Die aktuelle Lage stellt sich durch eine Neiddebatte auf der einen und eine Drückebergerdebatte auf der anderen Seite dar. Nicht nur daher sollte man über die Dienstpflicht als Bürgerpflicht nachdenken. Es stellen sich durch sie auch positive Nebeneffekte ein. Zunächst erhält die Tätigkeit in einer arbeitsmarktüblichen 40-Stunden-Woche Schlüsselfähigkeiten für den ersten Arbeitsmarkt wie Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Korrektheit. Denn genau deren Fehlen wird von Arbeitgebern, die Langzeitarbeitslose einstellen, oft bemängelt. Weiterhin geben die Verpflichteten der Gemeinschaft etwas für ihre Hilfezahlungen zurück. Solidarität ist richtigerweise keine Einbahnstraße. Die Dienstpflicht zieht den Menschen in seinem Können für sinnvolle Tätigkeiten heran und fördert ihn so. Abschließend wäre eine solche Dienstpflicht auch ein gutes Instrument, um Schwarzarbeit zu unterbinden. Insgesamt erscheint die Idee daher weder sozial noch ethisch angreifbar. Vielmehr ist hierin ein richtungsweisendes Eingliederungselement in den Arbeitsmarkt zu sehen, das Arbeitslosen eine gesellschaftliche Perspektive selbst dann eröffnet, wenn sich über eine lange Zeit keine Beschäftigung in der freien Wirtschaft findet. Manuel Diller ist Pressesprecher der Jungen Union (JU) Hessen Schon der in dieser Debatte häufig gebrauchte Begriff „Arbeitsdienst“ weckt Erinnerungen an Zeiten, die wir bereits seit dem Jahre 1945 für beendet hielten. In unserer demokratisch verfaßten Gesellschaft darf es auf der Basis des Grundgesetzes keine Dienstpflichten geben. Jeder Bürger hat neben den garantierten Grundrechten auch Pflichten, die er konsequent zu erfüllen hat. Dazu gehört in erster Linie die Pflicht, für seine Familie und sich selbst zu sorgen, ohne einem anderen, auch nicht dem Staat, zur Last zu fallen. In der christlichen Soziallehre gehört die Subsidiarität (Grundsatz der ergänzenden Hilfeleistungen) neben Personalität und Solidarität zu den drei Grundprinzipien. Subsidiarität im täglichen Leben bedeutet, daß die jeweils nächstgrößere Organisation demjenigen zu helfen hat, der dazu allein nicht in der Lage ist. Das sind zunächst neben der Familie die weiteren Angehörigen und Verwandten, danach haben die Kommune, das Land und am Ende der Staat unterstützend einzugreifen. Diese logische Reihenfolge wird heute zu wenig bzw. kaum noch beachtet. Statt dessen wird nur oder zuerst nach dem Staat gerufen, der alles richten soll. Es ist unbestritten, daß eine Vielzahl der heutigen Arbeitslosen nicht an Arbeit denkt bzw. aus eigenem Verschulden arbeitslos geworden ist und keine neue Arbeit finden will. Es ist ebenfalls nicht zu bestreiten, daß von vielen die Bestimmungen schamlos ausgenutzt werden. Es ist jedoch kein Skandal, wenn Bürger legal ausnutzen, was der Gesetzgeber erlaubt. Deshalb eine dem Grundgesetz widersprechende Dienstpflicht für eine einzelne Gruppe einzuführen, kann nicht der richtige Weg sein. – Vielmehr ist der Gesetzgeber aufgefordert zu prüfen, ob er alle Möglichkeiten in jeder Hinsicht bedacht hat. Nicht Dienstpflicht für Arbeitslose, sondern Prüfpflicht für Abgeordnete – das muß die Forderung sein. Günter Wiese ist Geschäftsführer der Christlichen Gewerkschaft Postservice & Telekommunikation, Regionalverband Ost.