Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine islamische Predigt auf deutsch in unseren Moscheen und Gebetsräumen. Das Problem stellt sich für uns lediglich praktisch. Die erste Generation der türkischen Muslime in Deutschland versteht zwar größtenteils Deutsch, für sie ist Deutsch aber eine Fremdsprache. Verständnisschwierigkeiten wären die Folge. Auf der anderen Seite liegt es bis jetzt auch an den mangelnden Deutschkenntnissen der Imame. Diese werden zwar in Zusammenarbeit mit dem deutschen Goethe-Institut auf ihre Tätigkeit in Deutschland in Sprachkursen vorbereitet, für einen moslemischen Gottesdienst auf deutsch reichen die Sprachkenntnisse jedoch in den seltensten Fällen. Ein Teil der Gottesdienste wird übrigens schon jetzt auf deutsch gehalten, das ist von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Es wird sich in Zukunft verstärken, bedarf aber staatlicher Hilfen. Ein großer Fortschritt war die Gründung eines islamisch-theologischen Lehrstuhls an der Universität Frankfurt am Main. Islamische Imame und Religionslehrer können nun auch hier ausgebildet werden. Wir türkischen Muslime sind dann nicht mehr auf die Entsendung türkischer Imame angewiesen. Bis eine solche Entwicklung wirksam wird, werden noch Jahre vergehen, denn Religion ist ein ernstes und langes Studium. Vielleicht bewirkt ein zusätzliches Angebot an Gottesdiensten eine bessere Integration junger Türken in Deutschland in der Zukunft. Ich glaube auch, daß sich so mit der Zeit der christlich-islamische Dialog verbessern kann, denn das Verständnis für den Islam wächst auch bei den Deutschen mit dem Überwinden der Sprachbarriere. Langfristig ist es auch vernünftig, islamischen Religionsunterricht durch deutschsprachige, gut ausgebildete islamische Religionslehrer zu erteilen. Diese Pläne sind sogar älter, aber auch hier scheitert diese Variante an den Realitäten, nämlich allzu oft am Geld. Mehmet Yildirim ist Generalsekretär der Türkisch Islamischen Union e.V. in Köln. Der Gottesdienst am Freitag, Juma genannt, ist jede Woche das wichtigste religiöse Ereignis im Leben eines Muslim. Männer und Frauen versammeln sich in der Moschee, und die Predigt des Imams sollte ihnen für die kommenden Tage moralische Leitung und spirituellen Ansporn geben. Was nützt aber eine Predigt, wenn sie in einer Sprache verkündet wird, die von den Gläubigen nicht verstanden wird? Darauf zu setzen, daß durch ein riesiges Programm alle hier lebenden Angehörigen des Islam sehr schnell Deutsch lernen, ist Illusion. Andererseits gilt es zu überlegen, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um zu verhindern, daß Haßprediger ihr Gift verspritzen und unwissende Muslime für ihre widerwärtigen Ziele einspannen. Indes, selbst wenn sie genötigt würden, auf Deutsch ihre Predigt zu halten, wäre dies nicht das Ende ihres unheilvollen Tuns. Sie würden öffentlich heucheln und in Privatgesprächen weiterhin bemüht sein, ihre üble Saat auszustreuen. Es wäre also falsch, per Gesetz anordnen zu wollen, daß das Juma auf deutsch stattzufinden hat – ganz abgesehen davon, daß Teile davon, eine Art Liturgie, nach islamischem Ritus auf arabisch vorgetragen werden müssen. Eine Zwangsmaßnahme, ausschließlich auf deutsch zu predigen, wäre unsinnig, absurd und überdies in der Praxis leicht zu umgehen. Dann dürfte auch in Kirchen kein Latein gesprochen werden – von den Bedürfnissen der russischsprachigen Rußlanddeutschen, der Italiener, die Deutsch nur radebrechen, und all der anderen, die ohne des Deutschen kundig zu sein, in unserem Land ein Gotteshaus besuchen, ganz abgesehen. Setzen wir lieber auf Freiwilligkeit, je nach Zusammensetzung der Gemeinde, die Sprache des Gottesdienstes an die Gläubigen anzupassen, wie dies bei meiner Gemeinde der Fall ist. Hadayatullah Hübsch ist Schriftsteller und Imam der Nuur-Moschee in Frankfurt am Main.