Politisches Sommertheater kann unterhaltsam sein. Jüngstes Beispiel: Die CDU will den 1953 verstorbenen Bürgermeister von Berlin, Ernst Reuter (SPD), ein Symbol des antikommunistischen Kampfes der Stadt, zum Ehrenbürger Berlins befördern. Warum ist ihr das nicht eingefallen, als sie noch zusammen mit der SPD die Stadt regierte? Weil damals unstrittig war, daß Ehrenbürger nur verdiente und noch lebende Personen werden sollten. Und – so muß man hinzufügen – weil sie nicht einen Koalitionspartner vorführen wollte, dem eine Ehrung dieses Urgesteins seiner Partei peinlich geworden sein könnte. Jetzt ist das anders. In Berlin regiert eine rot-rote Koalition, in der die Nachfolgepartei der von Reuter bekämpften SED eine große Rolle spielt. Es wäre doch schön, mag man sich in der CDU sagen, wenn wir diesen Senat etwas in Verlegenheit bringen könnten. Die SPD möchte Ernst Reuter nicht mit 50 Jahren Verspätung zum Ehrenbürger machen. Sein Nachfolger Klaus Wowereit, der sonst durch eher bizarre Aussagen auffällt, sagt zutreffend, Reuter sei in Berlin nicht vergessen. Das gilt jedenfalls für die, denen die Nachkriegsgeschichte noch etwas bedeutet. Statt sich mit diesem Streit lächerlich zu machen, sollte die CDU darauf achten, wie die Bildungspolitik des Senats mit der historischen Leistung Reuters anläßlich seines im September bevorstehenden 50.Todestages umgeht. Dafür muß eine Opposition mehr Engagement aufbringen als für einen bescheidenen PR-Gag.