HAMBURG. Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff hat die Medien für seinen politischen Abstieg verantwortlich gemacht. Er sei als Bundespräsident eine „Provokation“ gewesen, sagte Wulff dem Spiegel. „Ich war einigen mächtigen Medienschaffenden zu unbequem geworden. Den einen war meine Einlassung – auf dem Höhepunkt der Sarrazin-Debatte –, daß der Islam inzwischen zu Deutschland gehört, ein Ärgernis“, beklagte sich der frühere CDU-Spitzenpolitiker.
Andere hätten ihm seine Kritik an den Banken verübelt oder sich über seine Kritik an der katholischen Kirche empört. „Da kam eins zum anderen, und an einem bestimmten Punkt entstand der Eindruck, Wulff ist von Springer zum Abschuß freigegeben. Da wollten viele nicht abseits stehen.“
Daß er in der Affäre um die Finanzierung seines Hauses und private Urlaube bei wohlhabenden Freunden Fehler gemacht habe, indem er immer nur das zugab, was gerade bekanntgeworden war, wollte Wulff so nicht sehen. Es hätte keinen Zweck gehabt, von Anfang an reinen Tisch zu machen, da die Presse gegen ihn gewesen sei.
Wulff hält sich für guten Bundespräsidenten
„Bestimmte Medien hätten mich trotzdem abgeschossen, auch der Spiegel“, zeigte sich der Ex-Bundespräsident gewiß. „Einige Leitmedien hatten bereits während meiner Kandidatur und dann in den ersten hundert Tagen meiner Amtsführung eine Schablone für mich entworfen, in die alles hineingepackt wurde, was man finden konnte.“
Er sei nach wie vor der Überzeugung, daß er das Amt des Bundespräsidenten gut ausgeübt habe, sagte Wulff. Er habe Zukunftsthemen gesetzt, wie den Zusammenhalt der Gesellschaft unter der besonderen Berücksichtigung von Einwanderern. Und es sei gut gewesen, daß man das Amt einem Vertreter der mittleren Generation zugetraut habe. Daß er für seinen Satz, der Islam gehöre zu Deutschland von Bild und FAZ kritisiert wurde, habe er erwartet. Enttäuscht zeigte er sich aber, daß der Spiegel darüber kein positives Wort verloren habe.
Wulff war im Februar 2012 nach einer Reihe von Korruptionsvorwürfen als Bundespräsident zurückgetreten, nachdem die Staatsanwaltschaft Hannover die Aufhebung seiner Immunität beantragt hatte. Im anschließenden Prozeß war er jedoch im Februar dieses Jahres vom Vorwurf der Vorteilsnahme freigesprochen worden. (krk)